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The Cub

Demagog

Dschungelkind in der Postapokalypse

Der „Parkour Platformer“ „The Cub“ verärgert trotz solidem Gameplay mit flacher Satire und zu viel Gelaber.

Von Rainer Sigl

Irgendwann war’s dann vorbei mit uns: Umweltverschmutzung und Naturkatastrophen haben die meisten Menschen auf der Erde ausgerottet, nur ein paar Superreiche haben sich in Raketen aus dem Staub gemacht und auf dem Mars ein neues Luxusleben aufgebaut. Die Reste menschlicher Zivilisation werden von der Natur überwuchert.

Als einsames, von Wölfen großgezogenes Menschenkind bin ich im Videospiel „The Cub“ in dieser postapokalyptischen Dschungelwelt unterwegs. Gefahr droht mir von wilden Tieren und mutierten Pflanzen, vor allem aber von drei Astronauten vom Mars, die mich unbedingt einfangen und studieren wollen.

Plattformer mit Altlasten

„The Cub“ will eine Hommage an die klassischen Plattformer der 90er-Jahre sein: „The Lion King“, „Aladdin“ und „The Jungle Book“ sind vielen noch nostalgisch im Gedächtnis geblieben. Die Parallelen zum Dschungelbuch sind offensichtlich: Auch hier steht die wiederauferstandene Natur als positiver Gegenentwurf zu den „Zivilisierten“ vom Mars, die das Recht auf eine Rückkehr zum wieder urwüchsigen Planeten verwirkt haben.

„The Cub“, entwickelt von Demagog Studio, vertrieben von Untold Tales, ist für Windows, PlayStation und Nintendo Switch erschienen.

Der Gameplay-Fokus liegt hier stark auf der Bewegung und weniger auf Rätseln oder erzählerischer Abwechslung, wie es sie sonst im Genre der Cinematic Platformer zu spielen gibt. Es geht von links nach rechts, in besonderen Sequenzen muss ich Verfolgern ausweichen oder wilde Fahrten auf diversen Gefährten absolvieren. Wenn ich einmal ins Leere springe, von einem Betäubungspfeil meiner Jäger getroffen oder einem wilden Tier gebissen werde, geht’s zurück zum letzten Speicherpunkt - klassisch eben, und besonders bei kniffligen Passagen ärgerlich, denn die darf ich dann oftmals wieder ganz von vorn spielen. „The Cub“ nennt sich ganz modern einen „Parkour Platformer“ und will sich damit hipper geben, als es ist. Dass das Gameplay ein wenig altbacken ist, ist aber noch nicht einmal sein größtes Problem.

The Cub

Demagog

Ärgerlicher Mix

„The Cub“ sieht in seiner handgezeichneten Grafik aus wie ein hübscher Zeichentrickfilm, doch seine Atmosphäre zwischen Wildnis und Industrieruinen wird von nur schwer nachvollziehbaren Designentscheidungen wieder und wieder konterkariert. Die meiste Zeit werde ich auf meiner Flucht durch den Dschungel nämlich von einem Mars-Radiosender aus meinem Helm zwangsbeschallt - manchmal klappt das wegen stimmiger Musikauswahl besser, allzu oft reißt es einen aber auch gründlich aus der Situation.

Die Radiomischung aus satirisch gemeinten Moderationstexten, Nachrichten und Musik ist als cleverer Kontrast zur wuchernden Postapokalypsen-Naturwüchsigkeit gedacht und dem Entwicklerstudio offenbar ein zentrales Anliegen: Dasselbe Setting und denselben schrägen Gegensatz haben die Macher von „The Cub“ immerhin auch in ihren Spielen „Golf Club Nostalgia“ und „Highwater“ gewählt.

Aus der Perspektive des Dschungelkinds erzählt, wird der Kontrast zwischen Natur und Zivilisation samt Dauerbeschallung aber zum irritierenden Ärgernis - wie überhaupt in diesem Spiel viel zu viel geredet wird. Neben dem Radio-DJ meldet sich nämlich auch meine Spielfigur immer wieder mit altklugen Kommentaren aus dem Off zu Wort und erklärt die ohnehin schon wenig subtile Apokalypsen-Satire.

Schade drum: Als solider Plattformer und ganz ohne Ambition auf oberschlauen Kommentar wäre aus „The Cub“ ein weitaus besseres Spiel geworden.

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