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Wie rechte Gruppen mit Architektur-Kritik ihre Ideologie verbreiten

Früher gut, jetzt schlecht. Mit solchen „Kritiken“ machen Accounts auf Plattformen wie „X“ Stimmung gegen moderne Architektur und Gesellschaft.

Von Ali Cem Deniz

„The spiritually ugly despise beauty."Das schreibt ein Account auf X mit 1 Million Followern. Darunter sind Mitglieder der Klimaschutz-Bewegung Just Stop Oil zu sehen, die Dosensuppe auf die Mona Lisa schütten.

Es ist der Account @culture_crit, der immer wieder in meiner Timeline aufpoppt. Immer wieder sehe ich, dass Accounts, denen ich folge, den selbsternannten Kulturkritiker reposten. Oft sind das Bilder von imposanten Bauwerken oder malerischen deutschen Kleinstädten, die manchmal mit Hilfe von KI als noch märchenhafter dargestellt werden. Nicht alle, die diese Postings liken oder teilen sind rechts oder gar rechtsextrem.

Unauffällig influencen

Doch der Account postet eben nicht nur bloß westliche Architektur - es fällt übrigens auf, dass islamische oder arabische Architektur kaum auftaucht. Immer wieder werden imposante Bauwerke mit modernen Einkaufszentren oder Bürogebäuden verglichen. Die Botschaft ist klar: früher war alles nicht nur schöner, sondern auch "westlicher“, die moderne Gesellschaft ist nicht mehr in der Lage, „echte“ Kunst zu schaffen.

Beim Geheimtreffen österreichischer und deutscher Rechtsextremer, das von den Investigativjournalist:innen von Correctiv aufgedeckt wurde, wurde auch darüber beraten, wie man ein Netzwerk aus rechten Influencer:innen aufbauen könnte. Es gäbe zwei Arten von rechten Influencer:innen, sagt Rechtsextremismus-Forscherin Judith Goetz von der Uni Innsbruck. Einerseits jene, die offen Content für Gleichgesinnte oder Sympathisant:innen produzieren. Andererseits aber auch jene, die eher unauffällig operieren. Sie würden versuchen, bestimmte Inhalte politisch zu besetzen, sagt Goetz. „Auf Instagram posten sie zum Beispiel schöne Landschaftsbilder und schreiben dann, dass diese Landschaft so bedroht ist wie unser Land durch Migration.“

Auch Accounts wie @culture_crit operieren ähnlich. Sie posten selten explizite Inhalte, aber die ständigen Vergleiche von historischen Bauwerken mit vermeintlich hässlichen zeitgenössischen Bauten soll eine ablehnende Haltung gegenüber der Moderne erzeugen. Statt der Moderne propagieren solche Kanäle eine Rückkehr zur „Tradition“, die christlich, westlich und weiß ist.

Der virale Brunnen aus Wien

Im vergangenen Herbst hat ein Brunnen aus Wien international für Schlagzeilen gesorgt, und auch rechte Accounts auf „X“ haben sich darauf gestürzt.

In solchen Momenten würde klar werden, dass solche Accounts eigentlich kein echtes Interesse an Architektur haben, meint der Architekt und Journalist Maik Novotny. „Die Leute schreien gerne Bilder im Internet an und brauchen eigentlich keine weiteren Informationen dafür,“ sagt er.

Er verfolgt schon seit 2015 solche Kanäle. Damals sind sie ihm auf Facebook aufgefallen, wo es vor allem um deutsche Städte und die Nachkriegsarchitektur ging. Inzwischen gibt es große internationale Accounts mit Millionen Followern.

Die Warnzeichen

Grundsätzlich sei es kein Problem, moderne Architektur hässlich zu finden, sagt Maik Novotny. „Ich finde auch nicht alles super, was heute gebaut wird. Die Frage ist, wie wir darüber reden.“ Statt darüber zu reden, wie in der Gegenwart Gebäude gebaut werden, würden aber rechte kulturkritische Accounts alles in einem Topf werfen.

X Screenshot

X

Man müsse den Menschen klar machen, dass es bei solchen Accounts nicht um Architektur gehe. „Wenn man den Eindruck hat, dass diese Kanäle sich eigentlich nicht für Architektur interessieren, dann ist das ein gutes Warnzeichen.“

So wie eben @culture_crit, der zwischen Fotos von Prachtbauten und Kunstwerken Stimmung gegen Klima-Aktivismus macht.

FM4 Auf Laut - Angst im eigenen Land?

Anfang Jänner hat die Rechercheplattform Correctiv ein Geheimtreffen in Potsdam aufgedeckt. AfD-Politiker:innen, Neonazis und potentielle Geldgeber haben dort über die Abschiebung von Menschen mit Migrationsbiographie beraten - egal ob mit oder ohne Staatsbürgerschaft.

Erst letzten Donnerstag fand ein weiteres Vernetzungstreffen rund um den Rechtsextremen Martin Sellner in Wien statt. Nach Protesten in Deutschland gingen am Wochenende auch Zehntausende in Österreich auf die Straße. Bei den EU- und Nationalratswahlen wird allerdings ein deutlicher Rechtsruck erwartet. FM4 Auf Laut fragt bei denjenigen nach, die bei den rassistischen Plänen gemeint sind: Was sagen junge Menschen, die zugewandert sind oder deren Eltern zugewandert sind?

Diskutiert mit: Via Whatsapp unter 0664 828 44 44 oder per Telefon unter 0800 226 996. Am 30.1.2024 ab 21 Uhr auf radio FM4.

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