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Helldivers 2

Arrowhead

Glanz und Elend der Live-Service-Games

„Suicide Squad: Kill the Justice League“ scheitert, „Helldivers 2“ triumphiert beim Versuch, das Games-Publikum ans Dauermodell „Games as a Service“ zu binden. Warum eigentlich?

Von Rainer Sigl

„Helldivers 2“ ist ein Erfolg: Das Koop-Actionspiel, in dem ich ganz in der Tradition von „Starship Troopers“ als hyperpatriotisches Science-Fiction-Kanonenfutter zu viert gegen Rieseninsekten und Roboter-Aliens in einen endlosen Krieg ziehe, hat sich schon nach vier Tagen über eine Million Mal verkauft. 360.000 Spielerinnen und Spieler sind gleichzeitig auf PC und PS5 in den Feuergefechten unterwegs, ein Rekord, den auch der Entwickler Arrowhead nicht erwartet hat - kein Wunder, dass die Server ächzen und krachen.

„Suicide Squad: Kill the Justice League“ hat ein Problem: Das Koop-Actionspiel, in dem ich in einer Hochglanz-Comicwelt zu viert als Trupp von Underdogs gegen DC-Superhelden wie Batman und Superman antrete, ist nach langen Jahren problematischer Entwicklung vor kurzem erschienen und stellt sich nach und nach als Misserfolg für seinen namhaften Entwickler Rocksteady und dessen Publisher Warner Brothers heraus.

Es kursieren Gerüchte, denen zufolge der aufwendige Blockbusteranwärter in den ersten Tagen nicht mehr als 3 Millionen Dollar eingespielt habe; eine Woche nach Release wird der Vorgängertitel des Studios, das 2015 erschienene „Arkham Knight“, von mehr Menschen gespielt als der neue Titel.

Genug von Live-Service-Games - oder doch nicht?

Was beide Spiele gemeinsam haben: Sie sind die aktuellsten Vertreter einer Sorte Spiel, die in den letzten Jahren in der Gamesbranche hoch im Kurs stand. „Games as a Service“ oder „Live-Service-Games“ sind Spiele, die ihr Publikum langfristig an sich binden wollen. Die indirekten Erben des MMO-Trends der Nullerjahre versprechen ein Spiel, das nicht aufhört: Games wie „Destiny“, „Fortnite“, „Apex Legends“ oder „The Division“ verstehen sich als Plattformen, auf denen der Content quasi ewig weiter nachproduziert wird, in Form von Seasons, Battlepasses und einer endlosen Reihe von nachkaufbaren digitalen Waren.

Es sind Online-Multiplayer-Welten, die teilweise Milliarden einspielen. Kein Wunder, dass sich in den Chefetagen der fixe Gedanke festgesetzt hat, dass alles, was irgendwie geht, in Richtung dieses begehrlichen Erfolgsmodells gebogen werden soll. Egal, welche Spiele ein Entwicklerstudio zuvor auch gemacht hat, egal, was die Fans eigentlich erwarten: Bei Produktionskosten in der Höhe dutzender Millionen Dollar kann man den Chefs mit Aktionären im Genick die Jagd nach dem vermeintlich größten Markt nicht einmal vorwerfen.

Ein erfolgreiches Live-Service-Game auf die Beine zu stellen ist allerdings ein Kunststück, das auch oft danebengeht. „Anthem“, „Marvel’s Avengers“, „Babylon’s Fall“, „Redfall“ - an diese Live-Service-Millionengräber namhafter Entwickler erinnert sich zu Recht kaum jemand zurück. Den Schaden hatten deren teils legendäre Entwicklerstudios, die sich von den Misserfolgen im vom Management aufgezwungenen Trendgenre zum Teil nicht mehr erholt haben.

Suicide Squad Kill The Justice League

Rocksteady

„Suicide Squad: Kill the Justice League“: Ein Spiel, wie es die Fans nie wollten

So nicht! Aber vielleicht so?

Dass kurz nach dem missratenen Start von „Suicide Squad“ nun mit „Helldivers 2“ ein Spiel mit ähnlichem Monetisierungskonzept ein Überraschungserfolg ist, mag all jene Lügen strafen, die das Live-Service-Modell schon komplett am Kippen sahen.

Warum wird „Helldivers 2“, das sein Publikum nach dem Kauf ebenso mit „Battle Passes“, einem Ingame-Shop voll mit Cosmetics und Fantasie-Währung und auf Wochen und Monate angelegtem Kampagnen-Gameplay ein Erfolg - und „Suicide Squad: Kill the Justice League“ wohl eher nicht?

„Helldivers 2“, entwickelt von Arrwohead und vertrieben von Sony Interactive, ist für Windows und PS5 erschienen.

Eine Antwort darauf ist der Preisunterschied: „Suicide Squad“ ist immer noch ein Vollpreistitel. Eine andere vielleicht das Ausmaß der Monetisierung; immerhin versprechen die Macher von „Helldivers 2“, dass ein Bezahlen für welche Inhalte auch immer stets rein optional bleiben soll.

Eine große Rolle spielt auch die Erwartungshaltung des Publikums: Dass die Fans der legendären „Arkham“-Reihe von Rocksteady jetzt kein weiteres narrativ dichtes Single-Player-Abenteuer, sondern ein Multiplayer-Spiel nach leicht angestaubtem Megatrendrezept bekommen, hat immerhin schon während der Entwicklungsphase für Unmut gesorgt.

Helldivers 2

Arrowhead

„Helldivers 2“: Fulminanter Koop-Spaß

„Trotzdem gut“ als hohes Lob

Vielleicht bleibt es bei der Binsenweisheit: Was bei manchen Spielen, manchen Franchises und zu manchen Entwicklerstudios passt, geht bei anderen daneben - vor allem dann, wenn man den Verdacht nicht los wird, dass das Melken eines Trends wichtiger ist als die Entwicklung eines stimmigen Spiels.

„Helldivers 2“ ist ein fulminanter Koop-Spaß, der auch jene überzeugen kann, die mit Live-Service-Games sonst absolut gar nichts zu tun haben wollen. Die Tatsache, dass das als hohes Lob durchgeht, sollte einigen Entscheidern in der gebeutelten Videospielbranche zu denken geben.

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