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Polizist und Polizistin in Auto

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Josef Haders düsterer neuer Film „Andrea lässt sich scheiden“

Abgründe tun sich auf in Josef Haders zweiter Regiearbeit. In der Hauptrolle der Tragikomödie Birgit Minichmayr als vom Schicksal gebeutelte Polizistin zwischen melancholischer Dorfdisco-Stimmung und skurriler Kreisverkehrkunst.

Von Jan Hestmann

Andrea (Birgit Minichmayr) ist Polizistin, lebt am Land und steckt mitten in der Scheidung von Andy (Thomas Stipsits). Gemeinsam mit ihrem jüngeren Arbeitskollegen Georg (Thomas Schubert) steht sie mit dem Blitzer in der Hand am Rand der verlassenen Landstraße und wartet auf den nächsten Temposünder, der bestimmt irgendwann kommen wird. Eigentlich will Andrea weg von hier, sich in die große Stadt - Sankt Pölten - versetzen lassen, um endlich Karriere zu machen. Doch dann, in der Nacht der Dreißiger-Feier von Georg, bei dem das ganze Dorf wieder einmal zusammengekommen ist, kommt es zu einem fatalen Autounfall, bei dem Andrea Fahrerflucht begeht, und der am Anfang einer Reihe derber Schicksalsschläge stehen soll.

Nach „Wilde Maus“, einer Komödie über einen grantigen Musikkritiker der alten Schule, hat everybody’s Darling Josef Hader mit „Andrea lässt sich scheiden“ seine zweite Regiearbeit abgeliefert, die dieser Tage bei der Berlinale Weltpremiere gefeiert hat und jetzt in unsere Kinos kommt. Kurz nachdem Hader also mit seinem neuen Kabarettprogramm „Hader on Ice“ fleißig getourt ist, macht er jetzt im Kino weiter. Und natürlich hat Hader einmal öfter nicht nur selbst Drehbuch geschrieben und inszeniert, sondern erscheint auch selbst in einer Rolle - in der des Alkoholikers und Religionslehrers Franz, der den von Andrea verschuldeten Autounfall irrtümlich auf seine Kappe nehmen wird.

Josef Hader und Birgit Minichmayr

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Treffen sich ein Religionslehrer und eine Polizistin in der Dorfdisco: Birgit Minichmayr und Josef Hader in „Andrea lässt sich scheiden“.

Irgendwo im Nirgendwo

Geografisch angesiedelt ist „Andrea lässt sich scheiden“ irgendwo im niederösterreichischen Weinviertel. Ein konkreter Ort wird nicht genannt, es wurde in mehreren Gemeinden gedreht. Im FM4 Film Podcast verrät Josef Hader, dass er den Film nicht zu stark lokalisieren wollte, weshalb auch keine Ortsschilder gezeigt werden. Eine niederösterreichische Gemeinde ist im Film dann aber doch klar zu identifizieren: Unterstinkenbrunn, und das verdankt sie ihrem kuriosen Kreisverkehrkunstwerk, an dem die Kamera öfter mal vorbeihuscht. Und irgendwie steht das sogenannte „Große Zwiebelchen“ auch symbolisch für diesen Film, wie es da eigentümlich und wie ein Fremdkörper aus der Provinz herausragt.

Josef Hader im FM4 Film Podcast
Am 26.2.2024 begrüßen wir Josef Hader im FM4 Film Podcast. Wir sprechen mit ihm über seinen neuen Film, über Land und Leute und über Filme, die ihn in seiner Jugend und auch später noch geprägt haben.

Nicht selten sagt Josef Hader in Interviews, dass er eigentlich ja düsteres, tragisches Kino machen will, aufgrund seines Status als Spaßmacher der Nation aber immer wieder in die Komödien-Ecke gestellt wird. Mit seinem zweiten Film „Andrea lässt sich scheiden“ zeigt er auch wie ernst er es mit diesen Aussagen meint. Natürlich hat der Film auch einige Momente zum Schmunzeln - dafür sorgen die allzu scharfen Beobachtungen zum Landleben mit all seinen Höhen und Tiefen, aber auch die ein oder andere schauspielerische Darbietung - nicht nur von Josef Hader, auch das große komödiantische Talent von Thomas Schubert, kommt hier einmal öfter zum Vorschein. Und wenn der von Thomas Stipsits gespielte bald geschiedene Andy (mit Ypsilon!) bei der Dreißiger-Party betrunken mit der Gitarre eine Nummer von STS covert - natürlich mit umgedichteten Text - dann weiß man eh schon nicht mehr genau, ob man lachen oder schon ein bisschen weinen soll.

Im Kern ist „Andrea lässt sich scheiden“ aber ein wirklich düsteres Drama, getragen von der brillanten und tragischen Darbietung Birgit Minichmayrs. Bald reihen sich soviele üble Schicksalsschläge dicht an dicht, dass man nur aufschreien mag, um dieser endlosen Abwärtsspirale etwas entgegenzusetzen. Wer nur zum Lachen ins Kino gehen mag, ist hier jedenfalls definitiv im falschen Film. Und trotzdem schafft es „Andrea lässt sich scheiden“ dann doch irgendwie fast schon optimistisch zu enden. Kein Sorge, kein Happy End im klassischen Sinn, davon ist Hader ja auch nicht der größte Fan, wie er im Gespräch öfter durscheinen lässt. Aber zumindest, trotz allem, etwas versöhnlich. So auf die Art: Es wird scho irgendwie wieda wean.

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