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Colonos

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Eine düstere Geschichte: „Colonos“

Chile hat bei den diesjährigen Auslandsoskars „Colonos“ eingereicht, das Debüt von Felipe Gálvez Haberle. Dass der Film es nicht in die Endauswahl geschafft hat, mag auch an der Brutalität liegen, mit der Felipe Gálvez Haberle die Geschichte über Ausbeutung und Erschließung von Feuerland erzählt. Anzunehmen ist aber, dass die Realität noch brutaler war als dieser Film.

Von Anna Katharina Laggner

Die Schafe, heißt es am Anfang des Filmes in einem Zitat, seien so gefräßig und wild geworden, dass sie Menschen fressen.

Wir schreiben das Jahr 1901, im Grenzgebiet zwischen Chile und Argentinien. Und José Menéndez ist das gefräßigste aller Schafe, aber macht sich die Finger nicht dreckig: er schickt drei Männer - einen Halbchilenen, einen Amerikaner und einen Schotten – hinaus in die schöne Wildnis, um einen Weg zum Atlantik zu erschließen. Eventuell für die Schafherden. Aber mit konkreter Information wartet „ Colonos“ nicht auf. Die drei Männer werden den ganzen Film lang unsympathische und einander gegenseitig höchst misstrauische Helden bleiben.

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José Menendez ist eine reale historische Figur und mitverantwortlich am Völkermord an den eingeborenen Selk’nam, Nomaden, die in Feuerland lebten und am Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch ausgelöscht wurden. Das ist der historische Hintergrund, vor dem „Colonos“ als düsterer Western inszeniert ist.

„Was ich seltsam finde“, sagt der in britischer Armeeuniform gewandete McLennan, der sich als Leutnant ansprechen lässt, eines Nachts am Feuer. Was er also seltsam findet, ist, dass Männer um ein Land kämpfen, in dem nichts ist. Nichts nämlich außer Landschaft, Hügel und Wälder, alles voll atemberaubender Gegend, so weit das Kameraauge reicht. Aber hier ist auch die eingeborene Bevölkerung, die sicherlich nicht Nichts ist. Sie wird von den drei bewaffneten Männern zu Nichts niedergemetzelt.

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Ohne Position zu beziehen, verhandelt dieser Film ein barbarisches System von Besitzgier und kolonialer Gewalt. „Colonos“ ist fragmentarisch erzählt, es ist nicht einfach, sich in der vor- und rückgeblendeten Geschichte zurecht zu finden. Die Kapitel tragen Titel wie „Das Ende der Welt“, „Das rote Schwein“ oder „Der König des weißen Goldes“ und geben zumindest gewisse Hinweise auf die jeweilige Erzählperspektive.

Ganz am Ende hinterfragt der Film sogar auf einer Meta-Ebene, inwiefern das Bewegtbild selbst für einen kolonisierten Blick auf die Welt verantwortlich ist. In Bezug auf seine Darstellung von Gewalt, Vergewaltigung und Leichenschändung ist „Colonos“ weniger elaboriert. Diese Darstellungen sind schlicht primitiv. Aber auch die vielen nicht offensichtlich brutalen Szenen sind erbarmungslos und düster, dazu drückt der unheilverkündende Soundtrack in die Magengrube. Ein Film, der den Anspruch hat, einen Teil der Menschheits- und Kolonialisierungs-Geschichte zu erzählen, der verschwiegen wird. Dafür wird „Colonos“ gezeigt und auf Filmfestivals mit Preisen ausgezeichnet.

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