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Serie: "Ripley"

Netflix

SERIE

Schmierige Nettigkeiten in der Serie „Ripley“

„Der talentierte Mr. Ripley“ ist eine der renommiertesten Figuren der Krimi-Literatur: erfunden von Patricia Highsmith im Jahr 1961, wurde das Buch bereits mehrmals verfilmt: mit Alain Delon, Matt Damon, Gwyneth Paltrow und Jude Law, unter anderen. In einer achtteiligen Netflix-Serie spielt Andrew Scott, bekannt unter anderem als Hot Priest aus der Serie „Fleabag“, den faszinierenden Bösewicht.

Von Anna Katharina Laggner

Der Plot in einem Satz: Ein Betrüger bringt einen reichen Mann um und nimmt dessen Identität an, um selbst im Luxus zu leben. Patricia Highsmith macht es einem nicht schwer, ihr Buch (neu aufgelegt im Diogenes Verlag) in einem Satz zusammenzufassen. Highsmith hat einen nüchternen Stil, sie psychologisiert den Mörder nicht, sie pathologisiert ihn schon gar nicht. Ripley, das ist der Neider, dem die Vorstellung mehr zu haben als er hat, nicht reicht. Darin besteht die Faszination, die von der Figur des Tom Ripley ausgeht. Was er sein möchte, ist menschlich nachvollziehbar, was er tut, ist abstoßend. Diese Ambivalenz darzustellen, gelingt Andrew Scott auf sehr beeindruckende Weise, er behauptet sich mit seinem feinen Spielstil gegen eine überästhetisierte Bildsprache, dazu später mehr.

Der Plot, etwas länger

Tom Ripley ist zunächst als Betrüger in New York tätig. Er verfasst fingierte Mahnbriefe und lässt sich das Geld im Namen eines erfundenen Inkassobüros anweisen. Das ist sein Job, er macht ihn gewissenhaft und so wird er auch in weiterer Folge handeln. „Ripley“ spielt vor Internetbanking und Fingerprint-Signatur zu einer Zeit, als Passfoto, persönliche Unterschrift und ein auffälliger Buchstabe in der Schreibmaschine noch polizeiliche Indizien waren.

Ein amerikanischer Reeder mit sehr viel Geld schickt Tom nach Italien in ein beschauliches Küstenörtchen. Dort macht der Reeder-Sohn einen auf dolce far niente und Künstler, will heißen: er malt leidenschaftlich, aber schlecht. Tom soll den blonden Lebemann nach Hause holen.

Serie: "Ripley"

Netflix

Richard Greenleaf, genannt Dickie, erweist sich als sympathischer, gutmütiger und großzügiger, wenn auch etwas naiver, junger Mann. Im Wohnzimmer seiner Villa hängt ein Picasso, Dickie lädt Tom Ripley ein bei ihm zu wohnen. Seiner Freundin Marge gefällt das weniger. Aber Ripley verschaut sich in das sorgenfreie Geldleben und beginnt, Dickie und Marge gegeneinander auszuspielen. Schließlich erschlägt er Dickie, versenkt ihn im Meer und nimmt dessen Identität an, beziehungsweise wechselt, als es eng wird, zwischen den beiden Identitäten.

Visuell prätentiös

Regisseur und Autor Steven Zaillian - er hat 1994 einen Drehbuchoscar für „Schindler’s List“ bekommen - hat sich entschieden seine Serie in schwarz-weiß zu drehen, vermutlich, um irgendeinen alten, düsteren Film-Noir/Gangster/Krimi-Look heraufzubeschwören, in dem die Schatten hart und lang sind. Okay, soll sein. Auch, dass die Serie eher langsam geschnitten ist, geht an, man kann das am Schirm ja selbst beschleunigen. Aber visuell verlässt sich die Serie allzu sehr darauf, dass schöne Bilder irgendetwas vermitteln, und dass Close-Ups auf steinerne Statuengesichter Bedeutung generieren.

Fast nervtötend aber ist der prätentiöse Kamerablick durch Verschläge und aus irgendwelchen versteckten Winkeln heraus und dass man alle Wege mitgehen muss, durch die gepflasterten Gassen, die Stiegenhäuser der Palazzi, von denen der Putz abbröckelt, durch Rom, Palermo, Venedig. Das in stiller Pracht gealterte Italien drängt sich als Location natürlich gerade für eine US-amerikanische Serie auf. Auch Statuen filmt die Kamera nicht zu knapp.

Serie: "Ripley"

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Ganz abgesehen davon verfolgt die Kamera Tom Ripley, der sich selbst zusehends verfolgt fühlt und daher bald einen Folgemord ausführen muss. Einmal auf Schiene, gibt es kein Entrinnen aus dem Doppelgänger-Schicksal. Die Investigationen der Polizei nehmen Fahrt auf und auch Marge, Dickies Freundin, fragt nach dessen Verbleib. Dakota Fanning, die in „Ripley“ manchmal so spielt, als wäre sie neu im Schauspielbusiness, spielt die skeptische Marge, die Glück hat mit dem Leben davon zu kommen, ein bisschen arg trotzig.

Aber dennoch habe ich alle acht Folgen geschaut

Die Geschichte selbst ist und bleibt grandios und in dieser Fassung recht nahe am Buch-Original. Man hat Tom Ripley hier eine Angst vor dem Wasser, eventuell vor dem Ertrinken, angedichtet, das ist zwar eher lau, aber stört nicht. Dass sowohl die Gemälde von Caravaggio, als auch der, zwischen Genie und Mörder mäandernde, Künstlermythos rund um Caravaggio selbst, in die Serie hineingeschrieben und im letzten Teil sogar in Szene gesetzt wurden, ist ein nicer Zusatz. Unterm Strich aber lebt „Ripley“ von der Darstellung des Andrew Scott. Er spielt den Mörder und Betrüger als schmierigen Fiesling, als ängstlichen Einzelgänger, verfolgt von den selbstverschuldeten Schreckensbildern. Er ist ebenso unangenehm wie anziehend, er trägt die Serie.

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