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Ein Obdachloser Mensch im Wiener Stadtpark

APA/ROLAND SCHLAGER

mit akzent

Der Himmel ist ihr Dach

In Wien sperren am Freitag die Winter-Notschlafstellen zu. Dann werden mehr als 700 Menschen wieder auf der Straße leben. In den Straßen der Stadt mit der höchsten Lebensqualität der Welt.

Von Todor Ovtcharov

Von November bis Ende April konnten Obdachlose in Wien in Winternotschlafstellen unterkommen, übermorgen geht das zu Ende. Mehr als 700 Menschen warten mit Schrecken auf den Frühling. Ab Freitag wird der Himmel ihr Dach sein.

Mit Akzent

Die unaussprechliche Welt des Todor Ovtcharov und sein satirischer Blick auf das Zeitgeschehen - jeden Mittwoch in FM4 Connected und als Podcast.

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Viele von euch haben schon mal unter freiem Himmel geschlafen. Wahrscheinlich im August auf einem Festival oder auf Mallorca. Ich habe auch solche Erinnerungen. Der Schmerz im Nacken, wenn man auf einer Parkbank aufwacht, ist unvergesslich. Das Aufwachen unter freiem Himmel ist nie so romantisch wie das Einschlafen. Versucht euch vorzustellen, wie sich das Aufwachen im Wiener Stadtpark anfühlt.

Im Sommer schlafen Herr R. und sein behinderter Sohn im Park und auf Straßenbahnstationen. Sie betteln um ein paar Euros für Brot und Käse. Herr R. ist sein mehr als zehn Jahren obdachlos in Wien. Früher war er Gabelstaplerfahrer. Er sucht jeden Tag nach einemn Job. Doch für einen über 50-Jährigen obdachlosen Ungarn mit Roma-Wurzeln ist es nicht (gerade) leicht, einen zu finden. Er hatte mal ein Haus in einem Dorf in Ungarn, nahe der serbischen Grenze. Das Haus sei von seinen Nachbarn angezündet worden, sie wollten ihn weg aus dem Dorf haben, da er Roma ist (sie wollten keinen Rom im Dorf). Sein Sohn kann nicht ohne Hilfe des Vaters überleben. Im Winternotquartier spielen sie stundenlang Karten. Herr R. hat Angst, dass er es nicht mehr lange auf der Straße schaffen wird. Dann wird sich niemand mehr um seinen Sohn kümmern.

Verschneite Bänke im Wiener Stadtpark

APA/Helmut Fohringer

Der Stadtpark im Schnee

Ihr kennt sicherlich Fotos von KZ Häftlingen. Genau so sieht Herr J. aus. Herr J. hat Lungenkrebs. Er kann kaum gehen, nach jedem dritten Schritt macht er eine Pause, um Blut auszuhusten. Seine Gesichtsfarbe ist ist gelb-lila. In den letzten paar Monaten hat er mehr als 15 Kilo abgenommen. Auch Herr J wird jetzt auf die Straße gesetzt.

Die meisten Obdachlosen schaffen es nicht, die Rettung anzurufen, falls sie gebraucht wird. Sie werden von der Polizei aus Parks und von Straßenbahnstationen gejagt. Wenn es regnet schlafen sie in öffentlichen Toiletten. Diese Menschen brauchen eine Betreuung, sie brauchen medizinische Hilfe und Perspektiven, wie sie aus sich aus ihrer Lage befreien können.

Heute mittag hat im Wiener Stadtpark eine Aktion von Sozialarbeitern und Obdachlosen stattgefunden. Sie fordern, die Notquartiere für alle Obdachlose in Wien ganzjährig zu betreiben. Denn die Stadt mit der höchsten Lebensqualität der Welt kann sich das leisten.

„Bevor du auf jemanden mit den Fingern zeigst, versichere dich, dass deine Hände sauber sind“, sagt Bob Marley.

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