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Screenshot aus dem Film Magical Mystery

Thimfilm

Lass mal noch nicht nach Hause gehen

„Magical Mystery“ könnte ein Film über Deutschlands Technoszene sein, ist aber vielmehr ein Reise durch die Seele eines gefallenen Helden. Ein quasi Sequel zu Sven Regeners „Herr Lehmann“, ab dieser Woche in den Kinos.

Von Christoph Sepin

Früher, da ist alles nicht unbedingt besser gewesen, aber schon einfacher. Oder zumindest idealistischer. Das ist die Devise von „Magical Mystery“, dem neuen Film von „Stromberg“-Regisseur Arne Feldhusen mit einem Drehbuch von „Element of Crime“-Sänger und „Herr Lehmann“-Autor Sven Regener. Als Roadmovie durch das Techno-Deutschland der 90er Jahre präsentiert sich der Film auf den ersten Blick, ist aber doch mehr als nur eine einfache Bestandsaufnahme der elektronischen Musikkultur.

Unser Held in „Magical Mystery“ heißt Karl Schmidt, ein Charakter, der schon in Sven Regeners „Herr Lehmann“ aufgetaucht ist. Im Spätsommer seines Lebens ist der nicht mehr in Berlin, sondern in Hamburg zu Hause und versucht nach Jahren der psychischen Probleme und des Drogenkonsums eine ruhige Kugel zu schieben. Bis er eines Tages auf einen alten Freund trifft, der eine Idee hat: Eine Technotour durch Deutschland, Partys in jeder Stadt inklusive durchzechter Nächte und feierlichem Eskapismus.

Die Technokultur der 90er dient dabei mehr als Backdrop für Karl Schmidts eigene Lebensgeschichte. Als Publikum wird man auf eine emotionale Reise durch die Seele des gefallenen Künstlers genommen, der versucht, sein Leben wieder irgendwie auf die Reihe zu bringen. Mit einem Soundtrack zusammengestellt von Acts wie Deichkind, Modeselektor und Westbam und einer Story die stark beginnt, gegen Ende des Films aber leider einiges von dem Drive verliert, den so ein Projekt bitter notwendig hat.

„Magical Mystery“ feiert den scheinbar niemals enden wollenden Idealismus der frühen Technoszene, als plötzlich viel zu viel Geld und viel zu viele Drogen da waren, trotzdem aber alles irgendwie in Do-It-Yourself-Ästhetik selbst zusammengeschustert worden ist. Unsere Roadmovie-Crew fährt mit einem halbkaputten Bus von deutscher Stadt zu deutscher Stadt, bleibt ab und zu bei McDonalds stehen, schläft gemeinsam in öden Hotelzimmern und hat zwei Meerschweinchen im Schlepptau, die fast die Namen Kruder und Dorfmeister bekommen.

Gepaart mit typisch monoton-humorvollen Dialogen aus der Feder Sven Regeners bietet das alles jede Menge Material. Fast ein bisschen zu viel und so werden einige Ideen begonnen, aber nicht fertig gedacht. Die Geschichte verzweigt sich oft, biegt wieder irgendwo andershin ab und ehe man sich versieht, befindet man sich schon auf der allerletzten Party vor dem großen Kater.

Für das Allerwichtigste, das Aufbauen der Charaktere des Films, bleibt da leider gar nicht so viel Zeit. Was schade ist, denn gerecht der Schule des 90er Jahre-Films ist „Magical Mystery“ voll mit interessanten und überspitzten Figuren, die einiges an Material bieten würden, um tiefer in Motivationen und Hintergründe einzutauchen.

Was bleibt sind gute Ideen, tolle Dialoge und hervorragende Musik, die den Film auch die meiste Zeit tragen. Vielleicht sollte man sich aber doch lieber mal Sven Regeners Buchvorlage zu Gemüte führen, bevor man in die filmische Umsetzung des Techno-Roadtrips eintaucht.

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