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Trojan Records

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Artists Of The Week: Die Artists auf Trojan Records

50 Jahre Trojan Records – Wie das britische Label Reggae zur ersten “Weltmusik” gemacht hat.

Von Martin Pieper

Schon 1958 hat Chris Blackwell begonnen, aus Jamaica importierte Singles aus seinem Kofferraum an die schwarze karibische Diaspora in London zu verkaufen. Der leicht großspurige Titel der Unternehmung: Island Records.

Gemeinsam mit Lee Gopthal gründete er dann 1968 das Sub-Label Trojan Records für Musik aus Jamaica, die mit „Reggae“ nur unzureichend beschrieben ist. Ska, Dub, Rocksteady, Loversrock sind auf Trojan erschienen oder wiederveröffentlicht worden. Alle diese Mikro-Genres, die im Offbeat der Karibikinsel ihren Ursprung haben, sollten die Popmusik für immer verändern.

Es ist fast schon ein Treppenwitz der Reggae-Geschicht, dass der erste Höhenflug von Trojan Records Mitte der 70er Jahre schon wieder vorbei war. Das Label wurde 1975 geschlossen. Justament zu dem Zeitpunkt, als ein gewisser Bob Marley zur Welt-Ikone und zum Säulenheiligen des Reggae gemacht wurde.

Island Records wurde zum globalen Player in der Musikindustrie, während Trojan Records aus finanziellen Gründen eingestellt wurde. In den nächsten 10 Jahren gab es zwar keine neuen Trojan-Singles mehr, dafür aber ein starkes verspätetes (Dub-)Echo des Trojan-Sounds, zu hören in der Reggae-Verliebtheit von britischem Punk und vor allem Postpunk.

1985 hatte der Plattensammler Colin Newman die grandiose Idee, die Trojan Records Bestände zu kaufen, und Stück für Stück wiederzuveröffentlichen. Die „Trojan Boxes“, Vinyl- und später CD-Box Sets waren bald unverzichtbarer Bestandteil vieler Plattensammlungen. Thematisch und Sub-Genremäßig geordnet, ermöglichten diese Trojan Platten den Einstieg in die Reggae und Dub-Welt abseits von Bob Marley und Jimmy Cliff. Viele der KünstlerInnen wären heute komplett vergessene One Hit– oder No-Hit-Wonders.

Cover der "Soul of Jamaica" Compilation auf Trojan Records

Trojan Records

Cover der „Soul of Jamaica“ Compilation auf Trojan Records, erschienen 1968

Aber auch Lee Scratch Perry, Desmond Dekker, Jimmy Cliff oder die die Maytalls finden sich in den unendlichen Weiten des Trojan Archivs. Tausende Singles, die in den 60er und 70er Jahren in minimalen Stückzahlen ursprünglich in Kingston Town und Umgebung erschienen sind, hat Trojan als traditionsbewusstes Reissue-Label wieder zugänglich gemacht. Da bleiben in Zeiten der postkolonialistischen Aufarbeitungen die Vorwürfe von nicht ganz koscheren Lizensierungs-Verträgen nicht aus. Dass in den späten 60er Jahren der kulturelle Transfer von Jamaika zur alten Kolonialmacht Großbritannien nicht auf Augenhöhe gelaufen ist, davon kann man jedenfalls ausgehen.

Zum Fünfzig-Jahr-Jubiläum gibt es gleich mehrere opulente Geburtstags-Trojan Box-Sets. Vinylsingles, CDs, Greatest Hits und Rarities, einen prachtvollen Coffee Table-Bildband zum runden Firmenjubiläum und vieles mehr. Und wer das speziellere Angebot sucht: Ich empfehle die alte 3-fach Box „Trojan Beatles Reggae Tribute“ mit nur jamaikanischen Beatles Coververionen. Massive!

Der Londoner Künstler, Journalist und Filmregisseur Don Letts, Kind jamaikanischer Einwanderer, war Reggae-DJ der ersten Stunde. Er beschallte 1976 den ersten Londoner Punkclub „The Roxy“ und spielte eine entscheidende Rolle in der Vermischung zwischen Punk und Reggae. Er drehte Videos für Bob Marley, Musical Youth und The Clash und gründete 1984 (mit Mick Jones) die Band Big Audio Dynamite. Schon vor 10 Jahren hat er für Trojan Records eine Label-Compilation zusammengestellt („Don Letts Presents the Mighty Trojan Sound“) und ist mit diesem Label eng verbunden:

„Auf der Landkarte ist Jamaica nur eine winzige Insel, die hunderte Jahre lang kolonisiert war. Im 21. Jahrhundert hat sie den ganzen Planeten mit ihrer Musikkultur kolonisiert. Viele der Klangexperimente, die damals in Jamaica entstanden, sind heute fixer Teil der Popkultur. Die Idee, Schlagzeug und Bass in den Mittelpunkt zu stellen, kommt aus Jamaika, genauso wie die, das Mikrophon zu schnappen und sein DJ-Ding zu machen - in Jamaika ist dafür übrigens der Mann am Mikrophon zuständig, nicht der Mann an den Plattenspielern. Das haben die Jamaikaner zur Kunstform gemacht – man nennt es heutzutage Rap.

Dub-Experimente von Künstlern wie Lee „Scratch“ Perry oder King Tubby sind definitiv Teil der populären Kultur. Auch im 21. Jahrhundert ist Trojan immer noch sehr präsent, wie zum Beispiel in TV-Werbespots, Filmsoundtracks, Remixes und alten Hits auf der Tanzfläche, und wird immer noch von einem Haufen Künstler von Jay-Z über Major Lazer und PJ Harvey bis hin zu Vampire Weekend gesampled.“

Vampire Weekend samplen hier beispielsweise den Rhythmus aus „Keep Cool Babylon“ von Ras Michael & The Sons of Negus.

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