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Wargirl

Matt Wignall

Der Sound von Long Beach

Die kalifornische Band Wargirl entfacht pure Freude und regt gleichzeitig zum Nachdenken an. Party und Tiefsinn, das muss kein Widerspruch sein. Wargirl sind mehr als eine Band, sie sind ein „cultural happening“.

Von Eva Umbauer

Wargirl sind drei Musikerinnen und drei Musiker und kommen aus dem Großraum Los Angeles, genauer gesagt aus Long Beach. Wie der Name schon sagt, eine endlos lange Küste gibt es dort, einen großen Hafen und, wie Matt Wignall von Wargirl im FM4-Interview erzählt, hat Long Beach „a strong working class community“ und viel „ethnic diversity“. Long Beach könnte nicht weiter weg sein von Hollywood oder Bel Air und wie die schicken L.A.-Gegenden so heißen, obwohl diese doch so nahe sind.

„Wargirl sound like Long Beach“, meint Matt Wignall - bunt und hibbelig, wuselnd, voller Energie, niemals aufgebend, manchmal wütend, aber dabei nie unangenehm aggressiv. Auch das Wort „hippies“ darf in Zusammenhang mit Wargirl durchaus gebraucht werden, etwa wenn man den Song „Voice Of The Mountain“ hört - der Ozean, der Himmel, der Wind und die Stimme aus dem Berg.

Sass Girl

Das Psychedelische, etwas Funk und softes Rapping von Frontfrau Samantha Parks - etwa beim Stück „Sass Girl“ - ist genauso Teil vom Sound von Wargirl wie bisweilen ein Garage-Rock-Zugang zum Musikmachen. „What are you hiding for? What are you fighting for?“, heißt es in „Sass Girl“.

Was ist ein „sass girl“? Nun, das Wort „sassy“ bedeutet soviel wie frech, keck, clever. Überhaupt kommt das Wort „girl“ oft vor bei Wargirl - im Bandnamen selbst, oder auch in Songtiteln wie eben „Sass Girl“, „Little Girl“ oder „Uptown Girls“. Matt Wignall von Wargirl ist ein großer Fan des klassischen Girlgroup Sounds der 60er Jahre, wie der Produzent Phil Spector ihn damals mit Vokal-Gruppen wie The Shirelles, The Cystals oder The Ronettes perfektionierte. Bei Wargirl erinnert der Song „Mess Around“ an diesen Girlgroup-Sound der Sixties.

Wargirl sind Sängerin Samantha Parks - ihr Vater James Lafayette spielte in den 70er Jahren bei der Funk-Band Bull & The Matadors, Keyboarderin Enya Preston, Tammy Raye am Bass - eine wirklich sehr musikalische Bassistin, die beiden Percussionisten Erick Diego Nieto und Jeff Suri, sowie Gitarrist Matt Wignall. Matt ist Studiobetreiber in Long Beach.

Tackyland

In seinem Tackyland Studio nahm etwa schon die kalifornische Band Cold War Kids auf. Matt Wignall produzierte zum Beispiel den Cold War Kids Song „Hang Me Out To Dry“. Aber auch mit den Schweden von Mando Diao hat Matt schon zusammengearbeitet. In seinem Studio gibt es allerlei Analog-Wunderdinge zu bestaunen. Matt sammelte über Jahre hinweg altes Equipment, das meiste davon erstand er in angeschlagenem Zustand und reparierte es.

Ansonsten surft Matt Wignall und produziert und verkauft zusammen mit seiner Frau Hanf-Öl. „I never had much money“, meint Matt Wignall im FM4 Interview, aber Matt hatte Träume, etwa den von einer Band, und zwar einer Band, die etwas Besonderes sein sollte, nicht einfach vier oder fünf Männer und einer davon singt: „I wouldn’t want to play in a male ‚normal‘ sort of band.“

Bei Wargirl wird selbst der „arbolito“ - das spanische Wort für einen kleinen Baum oder einen Strauch - weiblich, also zu „arbolita“. Die „Arbolita“-EP war das heuer im Frühjahr erschienene Mini-Album von Wargirl - mit Songs wie „Little Girl“ oder „Uptown Girls (Song For Domino)“. Kürzlich folgte der erste komplette Longplayer, ohne Titel, einfach so heißend wie die Band: Wargirl.

Plattencover: die Band im Wald

Wargirl

„Wargirl“ von Wargirl ist Ende Oktober beim Hamburger Plattenlabel Clouds Hill erschienen, ebenso im Juni die „Arbolita“-EP von Wargirl.

Forever Changes

Wargirl mixen das Alte und das Neue ganz toll und voller Respekt. Disco hat in ihrem Universum genauso Platz wie Indie-Rock und Garage-Rock, aber auch Dub und Reggae. Der Afrobeat von Legenden wie Fela Kuti hat einen hohen Stellenwert bei Wargirl, genauso wie Album-Klassiker der Popgeschichte wie „Forever Changes“ von der kalifornischen 60er-Jahre Band Love.

„Samba Pa Ti“ vom US-amerikanischen Latin-Music-Giganten Santana ist genauso Referenzpunkt wie die südamerikanische Musik, die der New Yorker David Byrne durch sein Luaka Bop Plattenlabel in die Staaten gebracht hatte - „ethnic music“, früher „world music“ genannt. Das alles und noch viel mehr findet Eingang bei Wargirl.

Wargirl is a Unicorn!

Die Band ist fast so etwas wie eine Art Fabelwesen, wenn es nach Sängerin Samantha Parks geht. „Wargirl is a unicorn!“, lacht Samantha herzhaft im FM4 Interview. Nie hätte sie gedacht, dass sie einmal die Möglichkeit haben würde, bei einem solchen Bandprojekt mitmachen zu können.

Den Text zum Song „How You Feel“ schrieb Samantha Parks. Im Stück, das mit einer Art Amy Winehouse Vibe begann, zu dem sich dann ein Girl Group Sound dazumischte, geht es unter anderem um Selbtzweifel und wie man von anderen dazu gebracht wird, diese Zweifel zu haben. Samantha Parks war einmal in einem Chor, dessen Leiter ihr stets signalisierte, dass er nicht an ihr Talent glaubte.

Samantha Parks: „It’s about feeling suppressed in all sorts of relationships. It’s middle fingers up to doubt from others and doubting yourself. The song is really a big fuck you to all the people that wanna shut you down. It’s paying hommage to really believing in yourself, yeah, trusting your bad-assness.“

Make Believe

Eines der Herzstücke vom Wargirl-Album ist „Make Believe“, eine Hommage an Long Beach. Im Text zu diesem Song heißt es: „My city just feels like a stormy sea, in the alley the dogs run free. I don’t trust the cops cos they don’t trust me“.

Samantha Parks über „Make Believe“: „It began in this direction that we wanted to create a vivid image what we see when we drive around Long Beach. And beyond that the whole sound of the song morphed itself from a reggae influence into a mish mash of reggae and something you might hear from the 60s band The Mamas & Papas - they are one of my favourite bands, and it has this sleepy sandman like chorus that me and Matt came up on, and I remember leaving the studio that day and feeling so good.“

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