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Sekiro

From Software

In „Sekiro“ sterben Ninjas tausend Mal

Das neue Spiel der „Dark Souls“-Macher vereint alte Tugenden mit völlig neuen Spielkonzepten zu einer furiosen Prüfung von Disziplin und Leidenswillen.

Von Rainer Sigl

Der Palast steht in Flammen. Pagoden, Teehäuser und Tempel brennen, Rauchschwaden und überall herumfliegende Funken erfüllen den Himmel. Zwischen brennenden Häusern patrouillieren die Banditen, die für diese Zerstörung verantwortlich sind - und ich beobachte alles vom Dachvorsprung eines Hauses aus, das auch schon zu brennen begonnen hat. Ein lautloser Sprung und ich lande hinter einer ahnungslosen Wache. Mein Schwert blitzt auf, Blut fließt und im nächsten Sekundenbruchteil greife ich auch den zweiten Wächter an, der ebenso keine Chance hat. Ein rascher Todesstoß, und schon katapultiere ich mich mit meinem Greifhaken wieder zurück in Sicherheit.

In „Sekiro: Shadows Die Twice“ bin ich ein tödlicher Schatten, ein Ninja, der mit Schwert und Wurfsternen aus dem Verborgenen angreift. Auf der Suche nach meinem jungen Fürsten kämpfe und schleiche ich mich durch ein fantastisches Japan des 16. Jahrhunderts.

Weniger Rollenspiel, mehr Action

„Sekiro“ ist das neue Spiel des japanischen Studios From Software, das für seine „Dark Souls“-Reihe bekannt ist. Statt den Millionen Fans aber mehr vom Selben zu liefern, wagt man sich dieses Mal an einige Änderungen. Nicht nur, dass das Studio um Mastermind Hidetaka Miyazaki dieses Mal das Setting vom mythischen europäischen Mittelalter („Dark Souls“) oder dem ebenso europäischen Gothic-Horror-Setting („Bloodborne“) ins heimatliche Japan verlegt hat, wurde auch viel Rollenspielballast weggelassen: Es gibt keine Charakterklassen und nur den einen, optisch nicht änderbaren Hauptcharakter, und statt Charakterlevels und aufwendiger Statistiktabellen existiert nur ein Skill-System, das unsere Möglichkeiten in Kampf und Schleichen erweitert. Auswählbare Waffen und Rüstungen gibt es nicht, nur unsere mechanische Armprothese lässt sich mit verschiedenen Gadgets aufrüsten.

Obwohl unser Schattenkrieger oft schleichend vorankommt und aus dem Hinterhalt viele Gegner mit einem einzigen Schlag niederstreckt, ist der schnelle Schwertkampf das spielerisch zentrale Element von „Sekiro“. Der funktioniert völlig anders, als es „Dark Souls“-Freunde gewohnt sind: Statt dem bekannten Ausdauersystem gibt es ein rasantes Hin und Her mit Blocks, Paraden und Todesstößen, das auch „Souls“-Veteranen erst völlig neu erlernen müssen. Dafür ist die Beweglichkeit des Helden beachtlich gestiegen: Nicht nur, dass wir endlich springen können, bietet der Enterhaken der Armprothese akrobatische Klettermöglichkeiten in den beeindruckend vertikalen Levelarchitekturen.

Sekiro

From Software

Prepare to die ... and die again

Gleich geblieben ist der berühmt-berüchtigte Schwierigkeitsgrad, der das Markenzeichen des Studios ist: Wer nicht gut aufpasst, stirbt hier auch nach vielen Stunden der Übung buchstäblich tausend Tode. Zweimal darf unser Ninja dank geheimnisvoller Magie von den Toten auferstehen und weiterkämpfen, danach muss man zurück zum Ausgangspunkt des Gebiets - und die Gegner, so kennt man das, stehen alle wieder unversehrt am selben Ort wie zuvor. Vor allem die furchterregenden, abwechslungsreich und genial designten Oberbosse sind harte Nüsse, die uns ganz schön viel Nerven und vor allem Übung abverlangen. Wenigstens verlieren wir dieses Mal nicht alles an Währung und Erfahrungspunkten, wenn wir sterben - nur fast alles.

„Sekiro: Shadows Die Twice“ ist für Windows, PS4 und Xbox One erschienen.

„Sekiro: Shadows Die Twice“ ist ein außergewöhnliches Spiel, das dennoch nicht allen Spielerinnen und Spielern empfohlen werden kann. Auf geradezu altmodische Art verlangt es nämlich eine ganz schöne Portion Anstrengung und auch Leidenswillen, bis man seine teils sehr kniffligen Kämpfe und Prüfungen bewältigt. Es ist das von mir wiederholt als passendes Bild erwähnte „Soul-Dojo“: Hier wird nicht die Spielfigur geprüft, sondern der oder die SpielerIn selbst, und das nur sekundär in Bezug auf Reaktionsgeschwindigkeit oder sonstige Gamer-Skills. Weit wichtiger für den Erfolg sind Achtsamkeit, Disziplin und Gelassenheit auch bei Rückschlägen - eine Philosophie wie aus dem fernöstlichen Kampfsport.

Wer diese nötige Disziplin aufbringt, wird auch in „Sekiro: Shadows Die Twice“ mit einem Erlebnis belohnt, das in Präsentation, Komplexität und Fairness seinesgleichen sucht. Ein schweres, aber absolut großartiges Spiel - nur nicht für jeden.

Wir spielen „Sekiro: Shadows Die Twice“ am Donnerstag, 28.3.2019, in der FM4 Spielekammerlshow mit Chris Stipkovits und mir, von 17-21 Uhr:

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