Erwachet! Pauls Jets haben das Feuer in der Zunge

„Vier neue Songs EP“ heißt der neueste Release der Gruppe Pauls Jets, der das abliefert, was drauf steht: vier neue Lieder über Arnold Schwarzenegger, Skaten, Paartherapie, Situps und das Klima. Featuring Tobi von Isolation Berlin.

Von Christoph Sepin

Es ist doch schon ein paar Monate her, dass auf sozialen Netzwerken ein kleiner Schnappschuss auftauchte. Darauf zu sehen: Paul, Bandzentrum der Gruppe Pauls Jets und Tobias Bamborschke, Sänger der Melancholierocker Isolation Berlin. „Sollen wir zusammen Musik machen?“, war die dazugehörige Frage. Ja, bitte, die einzig logische Antwort.

Nach vorne gespult zum 26. September ist das auch alles wahr geworden: „Los Angeles“ heißt das neue Musikvideo von Pauls Jets und birgt einige Überraschungen in sich. Die Situps, so nennt sich die Gruppe, die hier entstanden ist, neben Paul bestehend aus Tobias Bamborschke und der Musikerin Nicole Stieben. „Die neue heiße Trapband“, so lautet die Selbstbeschreibung.

Statt verzerrter Gitarre begrüßen uns in „Los Angeles“ Four-on-the-floor-Beat und das dem Trap sehr gerne nahestehende Airhorn. Und Textzeilen, die es in sich haben: „Hey Bamborschke, zeig mir deine Tricks“, wird Tobi aufgefordert, seine Skateboardskills zu zeigen. Paul ist daneben beschäftigt zu erklären, warum er so ein tolles Sixpack hat: „Ich hab früher mal Situps gemacht“, so die logische Erklärung. Wundervolle Ohrwurmmusik für eine Welt der Post-Ironie schon auf diesem Lied, auf der neuen EP von Pauls Jets gibt es noch drei Songs mehr davon zu finden.

Da wäre gleich mal der Upbeat-Opener „Fresha Fruscianteya“, der Remix des gleichnamigen Tracks, der schon am letzten Album zu hören war, in dem eine so benannte Bekanntschaft angehimmelt wird. „Sie hat das Feuer in der Zunge“, lautet hier die wundervolle Beschreibung, die wohl erklärt, warum ihr ein ganzes Lied gewidmet ist.

Dann wird es plötzlich ganz spirituell und therapeutisch: „Erwachet!“, ruft Paul am gleichnamigen Lied monoton und abgehackt, während Gastvokalistin Anna W Methoden vorliest, um ein besseres Paar zu werden: „Bilden Mann und Frau ein Team, dann sind sie wie Pilot und Copilot“, lautet der Ratschlag.

„Was bedeutet das?“, ruft Paul dazwischen. Das möchte man sich selbst auch fragen, man sollte sich aber doch auf das alles einlassen. Denn in all dem scheinbaren Nonsens öffnen sich schnell mal neue Bedeutungen und Momente als Gratwanderung zwischen Sinn und Unsinn.

Auch wenn sich das alles genretechnisch vom Rockkorsett wegbewegt, die Essenz von Pauls Jets bleibt auch auf „Vier Neue Songs EP“ weiter erhalten: Alltäglichkeiten werden hier für wenige Minuten zu den wichtigsten Themen der Welt. Der Quasi-Battle-Rap zwischen Paul und Tobi, ob denn nun Skaten oder Situps machen für das bessere Sixpack sorgen oder die lamentierenden, fast schon geschrienen Fragen: „Was soll man tun?! Warum wichtig?!“ am Ende von „Erwachet!“.

Das verschwindet auch nicht am Ende der EP, wenn mit dem „Klima Song“ die Klimakrise angeprangert wird. „Ich stell mein Auto in die Garage“, singt Gastvokalist Rektor Bust über die Pläne, sich selbst zu bessern, bevor Anna W ihren inneren Arnold Schwarzenegger channelt: „When I was twenty years old and I was the champion in bodybuilding, I wanted to promote bodybuilding all over the world. And people said that would never happen.“

Und was bleibt übrig nach knapp 15 Minuten Musik? Ein Fazit: „Vier neue Songs“ sind vier hervorragende Songs, in denen sich Musiker*innen die Freiheit nehmen, das zu machen, was sie wollen und damit wunderlich-charmante, herrlich-humorvolle Lieder kreieren. Mit der perfekten Länge zum Anhören mit Kopfhörern beim Einkaufen, zum Beispiel. Ein Hoch auf Pauls Jets, ein Hoch auf diesen Release! Erwachet!