„Auf sie mit Gebrüll!“, sagt Journalist und Autor Hasnain Kazim
Von Lena Raffetseder
Es vergeht kein Tag, an dem er keine Hassmails bekommt. Klarerweise hat sich Hasnain Kazim Strategien zurechtgelegt, wie er auf solche reagiert. Eine Regel: Er streitet nicht mit jeder Person. „Es ist ein Irrglaube in der Demokratie, dass man alles dulden müsste“, sagt Kazim im FM4-Interview. Vertritt jemand extremistische Positionen, muss man widersprechen – aber nur, solange es respektvoll zugeht: „Wenn mir Leute sagen, ich würde aufgrund meiner Hautfarbe zum Volkstod der Deutschen beitragen - mit denen rede ich nicht.“
Spaß im Streit
In seinem neuen Buch „Auf sie mit Gebrüll!“ widmet Kazim ein ganzes Kapitel dem Aspekt „Streit darf auch Spaß machen“. Wird er etwa in E-Mails rassistisch angegangen, kann es auch vorkommen, dass er in seiner Antwort mit der Ausrufung seines persönlichen Kalifats droht. Ist das im Streit angebracht? „Wenn ich schon so viel Müll ertragen muss, will ich wenigstens Spaß haben“, sagt Kazim. Aber: Bei bestimmten Themen hört der Spaß auf – bei Morddrohungen etwa.
Penguin Verlag
Am 10. Februar ist „Auf sie mit Gebrüll!… und mit guten Argumenten. Wie man Pöblern und Populisten Paroli bietet“ erschienen. Am 15. Februar liest Hasnain Kazim im Wiener brut aus seinem neuen Buch.
Richtig streiten
Eine Bedienungsanleitung zum korrekten Streiten gibt es nicht, aber wenn bestimmte Grundlagen nicht gegeben sind – wie Moral und Anstand – besteht für eine Auseinandersetzung keine Basis. Am Ende eines Streits hat man sich im besten Fall für eine Seite entschieden oder sich auf einen Kompromiss geeinigt.
Es sind bei einem „guten“ Streit beide Seiten bereit, die eigene Position zu ändern. Ist das bei einem Gegenüber nicht der Fall, wenn Argumente und Fakten egal werden, hat auch der Streit keinen Sinn: „Wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass man bestimmte Personen erreicht.“
Man muss widersprechen
Aber auch dann darf man nicht schweigen, betont Hasnain Kazim: „Ich habe gelernt, dass ich antworten muss.“ Auch wenn man weiß, dass man jemanden nicht überzeugen kann, muss man widersprechen – vor allem im Internet. Man weiß schließlich nie, wie viele Leute mitlesen und unwidersprochene Aussagen als wahr annehmen. „Mit Schweigen fangen wir an, dieses Zeug zu normalisieren – und es ist nicht normal.“
Publiziert am 15.02.2020