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Beschaffung und Bekämpfung von Drogen im Darknet

Neben „analogen“ Umschlagplätzen auf der Straße, im Klub, im Park oder im Taxi, gehen immer mehr Drogen auch über die digitale Ladentheke. Nämlich im Darknet. Wir haben uns angesehen, wie der Drogenhandel im Internet abläuft und was die Polizei dagegen tut.

Von Ambra Schuster

Ins Darknet gelangt man nicht mit Firefox oder Chrome, sondern mit dem Tor-Browser, der Anonymität garantieren soll. Im sogenannten Deep Web gibt es dann diverse Foren, in denen von Kreditkartenmissbrauch bis Warenbetrug so ziemlich alles diskutiert wird, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist.

Teil dieser Foren sind sogenannte Market Places, also Marktplätze, auf denen man unter anderem Drogen kaufen kann. Bezahlt wird mit Kryptowährungen oder Paysafe-Karten. Drogen im Darknet zu bestellen, ist eigentlich ein Kinderspiel. Man schreibt dem Dealer die gewünschte Menge der jeweiligen Substanz, gibt ihm die eigene Adresse oder in vielen Fällen auch die Adresse eines toten Briefkastens und vereinbart eine Versandart. Dann schickt der Dealer seine Bitcoin-Wallet, wo man die Bitcoins hintransferiert, bevor er das Produkt versendet. Die Bestellungen und die Kommunikation mit dem Dealer im Darknet laufen über sich selbst zerstörende Nachrichten.

Kundenbewertungen für Online-Dealer

Der Drogenmarkt im Darknet ist groß. Von Medikamenten über Kokain, Gras bis hin zu Opiaten gibt es nichts, was man nicht kaufen kann. Mit Abstand am häufigsten gehen aber synthetische Suchtmittel über die digitale Ladentheke. Gefährlich wird das Darknet vor allem dann, wenn neue Substanzen mit unbekannter Wirkung leicht erhältlich sind. Stichwort Fentanyl oder GHB/GBL-Tropfen. Ersteres hat in den USA schon für unzählige Todesfälle gesorgt. Zweiteres ist als vermeintliche Partydroge leicht erhältlich, aber schwerst abhängig machend.

Der Drogenhandel im Darknet verdrängt den normalen Straßenverkauf nicht, sondern ergänzt ihn. In den letzten zehn Jahren haben sich die angezeigten Drogendelikte verdoppelt, heißt es aus dem Büro zur Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt. Rund zehn Prozent dieser angezeigten Suchtmittelfälle stammen aus Darknet- und Postlieferungen. Die Dunkelziffer ist unbekannt.

Wie bei herkömmlichen Online-Shops gibt es auch hier Kundenbewertungen, die die Qualität von Anbietern belegen sollen. Die vermeintlich bessere Qualität der Drogen wird oft als Argument für das Darknet genannt. Ein Irrglaube, heißt es von Daniel Lichtenegger, der das Büro zur Bekämpfung von Suchtmittelkriminalität im Bundeskriminalamt leitet: „Glauben Sie jeder Amazon-Bewertung? Die Frage ist ja immer, woher die Bewertungen kommen. Das ist nicht der Apotheker oder eine Pharmafirma, die genau die Inhaltsstoffe aufzählt und eine Gebrauchsanweisung mitschickt.“ Außerdem wisse man nie genau, was dazu gemischt wird und wirklich in den Drogen enthalten ist. Es werde schließlich auch von Dealern versucht, eine Abhängigkeit zu erzeugen und so den Kunden zu binden. „Egal ob auf der Straße oder im Darknet, das sind fremde Personen, die eigentlich nur Geld machen wollen.“

Vor Betrug ist man im Darknet logischerweise nicht gefeit, Käuferschutz gibt es natürlich keinen. Nicht nur, was die Qualität betrifft, sondern auch rein, was das Geld betrifft. Bei sogenannten Exit Rips sammelt eine anonyme Person zwar Bestellungen und Bitcoins, versendet dann aber keine Ware, sondern macht sich mit dem Geld aus dem Staub.

Was passiert, wenn man erwischt wird?

Drogendelikte im Darknet werden gleich geahndet wie jene auf der Straße. Vor allem bei Erstkonsument*innen wird die Strategie „Therapie statt Strafe“ verfolgt. Man will Jugendliche nicht kriminalisieren, sondern lieber begleitende, gesundheitliche und psychologische Maßnahmen setzen. Und trotzdem: Bagatellisiert wird nichts, jedes Besitzdelikt wird vermerkt.

Der wesentlich größere Fokus der Polizei liegt aber sowohl beim Straßenhandel als auch im Darknet darauf, Dealer ausfindig zu machen und Suchtmittelpostsendungen zu entdecken. Das ist, nicht zuletzt wegen der rechtlichen Einschränkungen, was das Durchsuchen von Post betrifft, eine große Herausforderung. Das Ziel ist es, die Vertriebsstrukturen nachhaltig zu zerstören. „Unsere erste Priorität ist der österreichische Dealer, dann der internationale Dealer und dann der Konsument“, sagt Daniel Lichtenegger.

Was die Drogenproduktion betrifft, wird in Österreich vor allem Cannabis angebaut, der Rest wird importiert. Während in Österreich jährlich nur vier bis zehn Drogenlabore entdeckt werden, sind es in den Niederlanden, Polen und Tschechien über 200. Umso wichtiger sei die internationale Zusammenarbeit bei der Drogenbekämpfung. Und auch wenn im Darknet vermeintliche Anonymität herrscht, gibt Daniel Lichtenegger zu bedenken: „Das Netz vergisst nie. Jeder macht Fehler und darauf warten wir – und dann schlagen wir zu.“

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