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Childish Gambino: „3.15.20“

Der Rapper, Sänger & Schauspieler Donald Glover aka Childish Gambino hat mit „3.15.20“ soeben sein viertes Album veröffentlicht. Eine Genre-übergreifende Platte, auf der Zeit nicht nur im Titel eine wichtige Rolle spielt.

Von Alex „DJ Phekt“ Hertel

Gibt es den „richtigen“ Zeitpunkt für den Release eines Albums? Wieviele großartige Alben sind aufgrund falsch gewählter Release-Dates an den Ohren ihrer potentiellen Hörerinnen und Hörer vorbeigezogen? Fragen, die man sich als Label & Artist berechtigterweise stellen sollte, die aber in der Gegenwart eine gefühlt immer unwichtigere Rolle spielen. Oder doch nicht?

Wie aus dem Nichts wurde letzte Woche auf donaldgloverpresents ein neues Album hochgeladen, das wenige Stunden später wieder offline war. Ein Fehler? Ein Geschenk für besonders schnelle Fans? Verwirrung. Immerhin geht es hier um neue Musik von dem Mann, der 2018 mit „This is America“ den Zeitgeist der USA vertont hat und dessen 2016 erschienenes drittes Album „Awaken, My Love“ wunderbar die Sounds von Funk, Rap, R&B und psychedelischen Soul-Einflüssen miteinander verwoben hat. Und der uns mit der intelligent gemachten Serie „Atlanta“ kurzweilige Fernsehabende beschert hat.

No skipping, please

Am Sonntag, dem 22.3.20 wurde das Rätsel dann gelöst und „3.15.20“ auf allen digitalen Streaming-Plattformen offiziell veröffentlicht. Benannt nach jenem Tag, an dem es kurzfristig mysteriös online aufgetaucht ist.

Die ursprünglichen, in der ersten Version angezeigten Titel der Songs, wurden bis auf wenige Ausnahmen umbenannt. Zum Beispiel heißt der Song „Vibrate“ jetzt „12.38“ oder „Beautiful“ auf dem offiziellen Release „19.10“. Die Titel beziehen sich jeweils auf den Zeitpunkt des Markers, wenn man das Album von vorne bis hinten ohne Unterbrechung durchhören würde. Offensichtlich eine Anleitung bwz. Empfehlung des Urhebers.

„3.15.20“ ist kein Schnellschuß mit Hits zur kommerziellen Verwertung im Format-Radio. Wir haben es hier mit einer Platte zu tun, an der Donald Glover mehr als 2 Jahre gefeilt hat. Mit der Unterstützung von DJ Dahi (unter anderem bekannt durch Produktionen für Kendrick Lamar, Drake, Madonna, Vampire Weekend, Dr. Dre und viele mehr) und dem schwedischen Produzenten und Songwriter Ludwig Göransson, der schon in die Produktion des Hits „Redbone“ involviert war und der auch für Hollywood-Soundtracks wie „Black Panther“ als Produzent aktiv war.

Right place, right time

Es gibt für ein Album, das man im besten Fall in ganzer Länge durchhört, wahrscheinlich keinen besseren Release-Zeitpunkt als die gegenwärtige Situation. Rund um den Globus sitzen Menschen in ihren Wohnungen fest und haben mehr Zeit als sonst, sich mit Musik, Bewegtbildern oder Literatur zu beschäftigen.

Das konnte Donald Glover während der Entstehungsphase seines vierten Albums natürlich nicht ahnen, ist aber durchaus von Vorteil. Seiner Musik, seinen Texten und den Songkonzepten muss man nämlich durchaus mehr Aufmerksamkeit schenken, um allen lyrischen Raffinessen, Querverweisen (zB. Fela Kuti) und Ideen gerecht zu werden.

Manche Songs (zb. „Time“ ft. Ariana Grande oder „Feels like summer“) des neuen Albums sind übrigens schon älter. Fans kennen sie entweder von Live-Shows oder als exklusive downloads. Die Tanz-Hymne „Algorithm“ wurde zum Beispiel in einer leicht abgeänderten Version im Rahmen der „This is America“-Tour für die Käuferinnen und Käufer von Tickets innerhalb der Fan-Community zugänglich gemacht.

Donald Glover

Pavielle Garcia

Politics, Party, People, Prince

Donald Glover sezziert auf den Songs seines neuen Albums wieder kritisch die Rolle afro-amerikanischer Menschen in der Gegenwart. Er spricht über omnipräsente Gewalt und spricht mit seinem Sohn Legend über Liebe („47.48“), beschreibt komplexe Beziehungen („12.38“), erzählt vom amerikanischen Drogensumpf („35.31“) oder lässt Gäste wie 21Savage über leidige Polizeibrutalität rappen.

Wie schon bei vergangenen Alben von Childish Gambino ist auch jetzt wieder ein deutlicher Einfluss von Prince oder dem Funk von George Clinton zu spüren. DJ Dahi sagt in einem aktuellen Interview über die Zusammenarbeit mit Donald Glover, dass dieser einer jener seltenen, experimentierfreudigen Künstler ist, der im Studio machen kann was er will. Ohne in einer bestimmten „kreativen Ecke“ oder Erwartungshaltung festzustecken. Diese Freiheit hört man dem neuen Album deutlich an.

Ich empfehle: Kopfhörer auf, Lyrics googlen und bei Minute 0.00 für knapp eine Stunde eintauchen in die bezaubernde Welt von Donald Glover.

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