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Perry Rhodan

David Pfister

Perry Rhodan: die längste fortlaufende Geschichte der Welt

So isoliert kann ich gar nicht sein, dass ich Brot backe, puzzle oder die Steuer mache. Dann doch lieber die 160.000 Seiten der legendären deutschen Science Fiction-Serie Perry Rhodan.

Von David Pfister

Die Abenteuer des Weltraum-Kommandanten Perry Rhodan werden seit 1961 ununterbrochen wöchentlich in Form von Heftromanen veröffentlicht. Ergänzt durch zusätzliche Buchausgaben und Comics, geschrieben von einer Vielzahl von AutorInnen. Keine Krise konnte diesen Veröffentlichungs-Marathon bisher unterbrechen.

„Sie stehen unter Quarantäne Sir!“, sagte einer der Roboter. „Die Mediziner werden alles Weitere entscheiden.“ „Ich brauche keinen Arzt. Was soll der tun? Das herausschneiden, was in mir zuckt? Es verändern? Offenbar verliert jeder den Verstand der mich anschaut - oder er stirbt.“ (Perry Rhodan, Kosmos-Chroniken 2, Alaska Saedelare)

Die 1961 vom deutschen Moewig-Verlag gestartete Heftserie Perry Rhodan beginnt mit einer alternativen Geschichtsschreibung: der US-amerikanische Astronaut Perry Rhodan landet 1971 als erster Mensch am Mond. Dort findet er ein gestrandetes außerirdisches Forschungsraumschiff des menschenähnlichen Alien-Volkes der Arkoniden. Die Arkoniden sind in ihrer technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung den Menschen weit voraus. Mit Hilfe ihres Wissens gelingt es Perry Rhodan die Erde zu befrieden, die kurz vor dem dritten Weltkrieg steht. Die Menschheit erkennt, dass sie nur ein Volk von Vielen im endlosen Weltraum ist. Perry Rhodan entledigt sich seiner amerikanischen Rangabzeichen und nennt sich fortan nicht mehr Amerikaner, sondern Terraner und flitzt seitdem atemlos von Planet zu Planet, von Alienvolk zu Alienvolk mit dem edlen Anliegen aber auch jedem den Frieden zu bringen.

Erdacht wurde Perry Rhodan von den deutschen Autoren Walter Ernsting und Karl-Herbert Scheer. Nachkriegs-Futurismus, Technik-Begeisterung, ein großes Bedürfnis nach Solidarität aber auch eine manchmal leicht zweifelhafte kolonialistische Haltung prägen den Beginn der Serie. Diese Haltung wird aber in den Siebzigern vom Perry Rhodan-Schriftsteller William Voltz über Bord geworfen.

Die Perry Rhodan-Publikationen werden vom deutschen Pabel-Moewig Verlag durchgehend seit 1961 veröffentlicht.

Voltz ist Kind seiner Zeit; Humanist, Wehrdienstverweigerer, Hippie. Unter Voltz Einfluss verwandelt sich die Serie zu einer psychedelischen Science Fiction-Oper mit nachdrücklichen humanistischen Anliegen. Seit diesem Zeitpunkt haben die Perry Rhodan-Zyklen einen kruden-mysteriösen Charme wie es auch das Genre Krautrock verströmt. Ein Grund dafür sind neben den Texten auch die ikonographischen Cover des inzwischen verstorbenen Zeichners Johnny Bruck.

„Die Evakuierung des Sonnensystems wird erwogen. Das bedeutet den endgültigen Zerfall des Solaren Imperiums, das Ende eines großen Traumes. Perry Rhodan und mit Ihm eine Handvoll Frauen und Männer werden die Vision einer geeinten Milchstraße in dem Moment zu Grabe tragen müssen, in dem Terra in den atomaren Gluten Sols verbrennt.“ (Perry Rhodan, Kosmos-Chroniken 2, Alaska Saedelare)

Ein nahezu unüberblickbares Heer von SchriftstellerInnen hat bisher an den über 3000 Perry Rhodan-Heften und Büchern geschrieben, darunter auch Österreicher wie etwa der Kabarettist Leo Lukas. Mit leichten Akzenten versucht der Verlag immer wieder die Perry Rhodan-Serie ein wenig zu modernisieren und auch für ein nachwachsendes Publikum attraktiv zu gestalten. Grundthema bleibt aber der romantische Nachkriegs-Gedanke von der Einigung der Menschheit und der Beseitigung aller Leiden. Dieses Bedürfnis wird in nächster Zeit wohl wieder global enorm zunehmen und so wird Perry Rhodan seine Weltraumreisen nicht sobald einstellen.

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