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Nunu Kaller

Florian Waitzbauer

Wortlaut

Groß. Goschat. Gutherzig.

Nunu Kaller kennt man als Autorin von Büchern wie „Ich kauf nix“, „Fuck Beauty“ oder „Just Share it“. Die Autorin und Aktivistin ist heuer auch Wortlautjurorin. Über ihre jüngste Listenaktion, Fuck Beauty in Zeiten von Corona und gute Kurzgeschichten.

Von Zita Bereuter

2012 beschließt Nunu Kaller, ein Jahr lang keine Kleidung zu kaufen. Über diesen Selbstversuch bloggt(e) sie und schrieb den Sachbuchbesteller: „Ich kauf nix“.

2018 plädiert sie in „Fuck Beauty“ für ein positives Körperbild und erklärt, warum der Wunsch nach makelloser Schönheit unglücklich macht.

2019 schreibt sie mit anderen über den Vorteil von Teilen, Tauschen und Leihen - „Just Share it“.

2020 fasst sie dieses Wissen und ihre Erfahrungen über bewusstes und nachhaltiges Konsumverhalten in einem Buch zusammen. Zwei Drittel hat sie geschrieben, als der Coronavirus auf Europa übergreift und das traditionelle Konsumverhalten zusammenbricht.

Alternative Plattform für österr. Handel

Das trifft Konsument*Innen, aber noch viel mehr die Macher*innen von Mode. In Nunu Kallers Freundeskreis haben einige kleine Läden oder verkaufen auf Märkten. Ohne Hilfe und Aufmerksamkeit wären sie bald vor dem Nichts gestanden. Für die Aktivistin Nunu Kaller ist das ein unerträglicher Zustand, der ihr das Herz zerreißt. „Ich war dann sofort auf diesem Trip: Ich muss was tun. Ich muss irgendwie helfen. Wie kann ich helfen?“ Der erste Gedanke war eine Sammlung betroffener Läden.

„Zwischen dem allerersten Gedanken, dass ich das tun könnte und dem Posting auf facebook, dass ich es mache, sind gefühlt drei bis maximal fünf Minuten gelegen.“

Nunus alternative Plattform für den österreichischen Handel und Dienstleistungen in Zeiten von Corona: Mit 300 Namen auf der Plattform ist sie mehr als zufrieden. Am ersten Tag beantwortet sie die Anfragen noch per mail. Am zweiten Tag sind es schon über 800 Mails. Bis Anfang Mai tragen sich rund 6.000 Unternehmerinnen und Unternehmer in die Liste ein – FM4 hat berichtet.

Von Agenturen bis Tierbedarf reichen die Stichworte der gelisteten Betriebe und Labels. Längst kann man sich selbst eintragen. Anfangs hat Nunu Kaller das selbst gemacht und damals einer Frau mitgeteilt, dass sie eingetragen ist. Die Frau antwortete: „Ah, super, was kostet denn das jetzt?“. Worauf sich Nunu Kaller dachte: „What?“ und ihr zurück geschrieben hab: „Das kostet gar nichts.“ Denn, so fragt sich die Aktivistin: „Wie sollte ich jetzt, wo es mir darum geht, den Unternehmen – excuse my french – den Arsch zu retten, oder zumindest etwas dazu beizutragen, warum sollte ich dann Geld von ihnen verlangen?“

Die Frau zeigte sich positiv überrascht, weil sie es gerade in der heutigen Zeit nicht mehr gewohnt sei, dass Leute einfach nur einfach mal was Gutes tun. „Das hat mich sehr berührt“, sagt Nunu Kaller.

Fuck Beauty in Zeiten von Corona

„Fuck Beauty“ ist ein Gedanke, der in Zeiten von Corona bei einigen stärker wurde. Zum einen, weil die Jogginghose täglich angezogen wurde. Zum anderen, weil man selbst in der Krise einem Schönheitsideal nachhing. "Mich hat wahnsinnig genervt, wie alle angefangen haben ‚Gott, ich werd so zunehmen in der Krise, wenn wir nicht rausdürfen‘, ärgert sich Nunu Kaller.

Ihre klare Antwort: „Ja. Und?“ Derzeit müssen wir unsere psychische Gesundheit erhalten. Unsicherheiten und verschiedenste Ängste greifen die von allen Seiten an. Aber „Ob ich da dann im Sommer ein paar Quadratzentimeter Haut mehr in die Sonne halt’, weil ich merke, dass Schokolade mich tröstet, beispielsweise, also das halte ich für absolut vernachlässigungswert. Dieses ganze Thematisieren mit ‚Ich werde so dick werden‘ oder nein, ‚ich werde in Corona tausende Sportkurse belegen und ich werde fit werden wie nie und ich werde das so quasi als Kokon benutzen und dann werde ich wie ein Schmetterling nach der Krise meine Wohnung verlassen.‘ Das sind alles schon wieder so völlig körperzentrierte und äußerlichkeitszentrierte Wahrnehmungen, die, egal, in welche Richtung sie gehen, in meinen Augen ungesund sind.“

Nunu Kaller schaut auf sich und isst, was sie freut. "Ich probier’ halt hin und wieder die Jeans an und bin überrascht, dass sie noch zugeht. Aber ich muss ehrlich sagen: Es ist mir unfassbar wurscht.

Also es ist wirklich: Fuck Beauty!"

Icons für Wortlaut Kontakt

Radio FM4

Bis sie ihre Konsumbeobachtungen verschriftlicht hat, wird Nunu Kaller als Jurorin noch die zwanzig besten Texte von Wortlaut, dem FM4 Kurzgeschichtenwettbewerb, lesen. Deswegen beantwortet sie noch ein paar Fragen zu „Kontakt“, dem Thema von Wortlaut.

Kontaktfragebogen mit Nunu Kaller

Welche Art von Kontakt ist dir am liebsten?
Echter Kontakt. Echte Nähe. Zuhören gegenseitig. Anteilnahme.

Ein Kontakt ist gut, wenn …
Er Mehrwert in mein Leben bringt.
Das klingt sehr egoistisch, ich meine mit Mehrwert aber, wenn er oder sie mich zum Lachen bringen kann, wenn er oder sie mir neue Perspektiven eröffnet, wenn ich einfach eine gute Zeit hab.

Welches Emoticon brauchst du am häufigsten?
Glücklicherweise die Lachtränen.

Schreibst du im Urlaub Postkarten?
Nein, aber ich mache Menschen durch Messengerdienste mit Photos sehr sehr gerne eifersüchtig. Menschen, die mir sagen: ‚schick ja keine Photos‘, kriegen die doppelte Menge an Photos.

Was müsste in deiner Kontaktanzeige stehen?
„Groß. Goschat.
Das triffts eigentlich.“

Wem hast du zuletzt einen Brief geschrieben?
Ist sehr lange her. Der ging an meinen Ex-Freund. Glaub ich. Weiß ich gar nicht.

Kennst du deine Nachbarn?
Ja! Und ich habe ganz wunderbare Nachbarn, was jetzt gerade in der Situation der Coronakrise sehr hilfreich war und ist.

Anrufen oder SMS?
Geschriebene Nachricht. Auch wenns viele nicht mögen - ich mag Sprachnachrichten.

Tinder oder Kinder?
Schönster Lachanfall meines Lebens: Ein Freund erzählt mir, er hat heute Abend noch ein Date. Ich frage ihn: „Tinder?“ Er schaut mich an, als käme ich von einem anderen Planeten und sagt: „Nein. Erwachsene.“

„Tinder oder Kinder bringt mich verlässlich zum Lachen.“

Anreden oder anreden lassen?
Was die Situation bringt.

Das erste oder das letzte Wort?
Na natürlich das letzte Wort. (Lacht) Ich habe zwei große Brüder, ich habe mich irgendwie durchsetzen müssen. Gott, klingt das unsympathisch!

Logotype Wortlaut 2020

Radio FM4

Die Wortlautjury 2020

Eine gute Kurzgeschichte macht aus …
Dass ich mit einem anderen Gefühl am Ende des Lesens dastehe, als ich zu Beginn des Lesens dagestanden bin.

Eine gute Geschichte beginnt ...
Gleich mit einem ersten Satz, der mich aufgrund einer Absurdität völlig in die Geschichte zieht.

Damit hat man mich sofort:
Mit ersten Sätzen, wo ich mir erst mal ‚Hä?‘ denke.

Darauf kann ich nicht verzichten:
Eine feine Klinge des Humors.

Darauf kann ich gut verzichten:
Schwülstigkeit.

Als Jurorin zeichnet mich aus:
Dass ich niemanden verlieren lassen möchte.

Mein Rat an Jungautorinnen:
Go for it! Einfach tun. Schreiben.

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