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FM4 Sun Screen: Dazed and Confused (1993)

Die Lieblings-Sommerfilme der FM4 Filmredaktion. Eine Reise von Long Island über die Lombardei in die Catskills und Camp Crystal Lake. Und noch weiter. Heute geht es nach Austin/Texas, zurück in die 70er Jahre, der Schulabschluss wird gefeiert.

Von Christian Fuchs

„School’s out!“ von Alice Cooper dröhnt aus einem Autoradio in Austin, Texas und vermischt sich mit dem erlösenden Läuten der Schulglocke. Ein Strom von kreischenden Jugendlichen läuft ins Freie, in die Sommerferien von 1976. Rendezvous für den Abend werden ausgemacht, Parties arrangiert, die warme Sommerluft füllt sich mit dem Geruch heimlicher Joints.

Abends dann Autofahrten, von einem ländlichen Tanzlokal, Billardschuppen, Drive-In-Imbiss zum nächsten. Man spricht, je nach Interesse, von vagen Zukunftsplänen, begehrten Mädchen beziehungsweise Jungs oder gibt kleine, trivialpolitische Kommentare ab. Herumcruisen ohne konkretes Ziel, just move around.

Nachts. Ein schummriger Partykeller, getaucht in grellbunte, psychedelische Lichtspiele. Kitschige Hendrix-Poster an den Wänden. Aus den Boxen tönt die Jahrhundertschnulze „Love Hurts“ von Nazareth, erste Zungenküsse werden unter den knutschenden Pärchen ausgetauscht, im abgedunkelten Nebenraum riecht es wieder verdächtig nach Marihuanadunst.

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Das Lebensgefühl anno 1976

Sonnenaufgang. Der 14-jährige High School-Novize Mitch (Wiley Wiggins) hat gerade die erste durchgefeierte Nacht seines Lebens hinter sich. Jetzt schleicht er sich behutsam nach Hause, denn er will auf keinen Fall seine Eltern aufwecken. In der Küche wartet aber bereits seine Mutter, zwar verärgert, aber bereit, noch einmal ein Auge zuzudrücken.

Szenen aus „Dazed and Confused“, einem Frühwerk von Richard Linklater, in dem er das Lebensgefühl anno 1976 einzukreisen versucht. Alkohol, erste Zungenküsse, ältere Mitschüler, die man wie die Pest hasst, und die Bereitschaft, fast alles zu erdulden, um auf dem Schulhof und im Partykeller beliebt zu sein. Smells like teen spirit.

1993, mitten in der Grunge-Welle, drehte Linklater seinen Rückblick auf die Glockenhosen-Ära. Und das passte perfekt. Der Film braucht keinen klassischen Plot, er ist eine meisterlich inszenierte Abfolge von Initiationsriten, Drogenparties, Spaß, Rock’n’ Roll und jugendlicher Langeweile. Mitten drin tummeln sich zukünftige Stars wie Milla Jovovich (die unerreichbare Highschool-Hippie-Schönheit) oder Matthew McConaughey (der sleazy Aufreißer) in ihren ersten Rollen. Auch Ben Affleck hat einen kurzen, aber unvergesslichen Auftritt als verbitterter Highschool-Jock.

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Keine bloße Boomer-Nostalgie

„Dazed and Confused“ ist sehr amerikanisch und gleichzeitig universell. All die Szenarien - erste verbotene Jazz-Zigaretten, Kennenlern-Spiele, sadistische ältere Mitschüler - hätten es in den späten 70er Jahren überall geben können, ob in der bayrischen Provinz, im Ruhrgebiet oder in einer österreichischen Kleinstadt.

Man riecht förmlich das Gras des Schulrasens in diesem Film, in dem die Figuren liegen, man spürt den Fahrtwind im Gesicht bei den nächtlichen Fahrten. „Dazed & Confused“, der den absurden deutschen Verleihtitel "Confusion – Sommer der Ausgeflippten” trägt, ist ein Spitzen-Sommerfilm.

Wichtig auch: Linklater, der vielleicht typischste Regisseur der Generation X, zeigt keine nostalgische Boomer-Idylle, aber dennoch eine unbeschwerte Zeit. Trotz all der dargestellten Demütigungen, die man als Highschoolkid damals in den USA durchmachen musste, um Teil der Hierachie zu werden, trotz der Entwürdigungen und Anbiederungen, schwebt ein Geist der Unschuld über dem Film. Kurz bevor Punk und Disco explodierten und die neokonservativen 80er angebrochen sind, regierte ein Stoner-Hedonismus, der heute ausgesprochen harmlos wirkt. Und sehr ansteckend.

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