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Steckt hinter Jaden Smith ein kleines Genie?

Der Sohn von Will Smith und Jada Pinkett hat sich als Schauspieler, Influencer, Musiker und Pseudo-Philosoph einen eigenen Namen gemacht. Sein drittes Album „Cool Tapes Vol. 3“ ist sein bisher bestes. Steckt hinter Jaden aber wirklich ein kleines Genie oder ist er doch nur größenwahnsinnig?

Von Alica Ouschan

Wenn die Kinder berühmter Persönlichkeiten plötzlich selbst beginnen Karriere zu machen, dann passiert das nicht nur oft sehr früh, sondern wird nicht selten von einer breiten Öffentlichkeit kontrovers diskutiert, und sowohl Karriere als auch Privatleben stehen unter ständiger, scharfer Beobachtung. Miley Cyrus ist dafür das vielleicht berühmteste Beispiel, aber auch die Kinder von Schauspieler Will Smith und Jada Pinkett haben schon früh begonnen, selbst Karriere zu machen.

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Cool Tape Vol. 3 ist bei MSFTSMusic/Roc Nation erschienen.

Zehn Jahre ist es her, als ihr damals 12 Jahre alter Sohn Jaden unter dem strengen Blick von Jackie Chan seine Jacke aufgehoben hat. Als Kinderschauspieler hat er im 2010 erschienenen Re-Make von „Karate Kid“ den ersten Schritt ins Scheinwerferlicht gewagt.

Jaden ist mittlerweile 22 und hat sich als Schauspieler, Influencer, Modedesigner, pseudo-wokes Meme und Low-key-Verschwörungstheoretiker, vor allem aber als Musiker einen Namen gemacht. Ähnlich wie beispielsweise Kanye West erntet auch Jaden für seine oft wirren und kontroversen Aussagen Kritik, die Musik die er macht, kann sich dafür aber durchaus sehen und hören lassen.

Früh übt sich

Bereits im Alter von 14 und 16 Jahren veröffentlichte Jaden frei zugängliche Tapes im Internet - „Cool Tape Vol. 1 & 2“. Damals begann Jaden ebenfalls gemeinsam mit seiner Schwester Willow und einer Hand voll anderen Künstler*innen die MSFTS-Bewegung zu entwickeln. Das mittlerweile international aktive Kollektiv und Label erweiterte seine Schaffensbereiche zusätzlich zur Musik schnell um Fotografie, Videos und Mode.

Mit der finanziellen Unterstützung seiner Eltern und dem, was er durch seine Kinderschauspielerei und MSFTSrep verdient hatte, konnte Jaden dann bereits im Jahr 2017 sein erstes, großartig ausproduziertes Debütalbum auf den Markt bringen. Davor ist Jaden aber für seine Titelrolle in „Karate Kid“ das erste Mal als Rapper in einem Tonstudio gestanden - mit niemand Geringerem als dem damals ebenfalls sehr jungen Shootingstar Justin Bieber wurde der Song „Never Say Never“ zum Hit.

Die Combo Jaden und Justin hat auch 2020 noch absolutes Hitpotential - wenn auch auf eine völlig andere Art. Zehn Jahre nach ihrem Debüt haben sie sich für Jadens aktuelles Album „Cool Tape Vol. 3“ erneut zusammengetan. Die beiden sind in der Zwischenzeit nicht nur erwachsen geworden, auch ihre Zusammenarbeit klingt ausgereift, durchdacht und rund.

Verspielt, naiv und toxisch

Doch auch wenn der Song wie ein wunderschönes, zuckersüßes Liebeslied klingt, das mit dem visuellen Teil des Albums - Regenbogen, rosa Wolken usw. - harmonisch untermalt wird, kommt bei genauerem Hinhören nicht überraschend der Aspekt durch, der bei der Diskussion und Rezeption von Jaden als Solokünstler und öffentliche Person irgendwie immer schon ein bisschen der Dorn im Auge war.

Bei Zeilen wie „If you don’t call me I’ll jump off the roof“ schrillen die Alarmglocken, denn an ihnen kann Jadens Persönlichkeit in a Nutshell abgelesen werden: übertrieben dramatisch, gewollt tiefgründig, sehr naiv und verspielt, gleichzeitig aber auch extrem toxisch. Denn wie schon erwähnt hat Jaden in seinem jungen Alter - vermutlich aufgrund seines Backgrounds - ein Riesenego und ein äußerst verdrehtes Selbstbild.

Als Sohn von Will Smith und Jada Pinkett sind Jaden Ruhm und vor allem der Reichtum ja quasi schon in die Wiege gelegt worden. 2017 ist er aus dem Elternhaus ausgezogen und hat sich mal eben ein 4-Millionen-Dollar-Haus gegönnt. Jaden war keinen Tag seines Lebens in der Situation, für sein Geld arbeiten zu müssen. Gleichzeitig verbreitet er seit Jahren Pseudo-Weisheiten über das echte, harte Leben auf Twitter und anderen sozialen Plattformen: Er vergleicht zum Beispiel öffentliche Schulen in den USA mit Gefängnissen, ohne selbst je in einem von beiden gewesen zu sein, sieht sich selbst als „Icon“, weshalb dieser Schriftzug auch seine Brust ziert und ist wegen seines Möchtegern-woken-Bobo-Geredes mittlerweile unfreiwillig zum Meme geworden.

Das Genie beherrscht das Chaos

Trotz dieser durchaus fragwürdigen Aspekte der Person Jaden Smith überzeugt er mit seiner Musik. Denn so verdreht sein Welt- und Selbstbild auch sein mag, es spiegelt sich gleichzeitig auf wundersame Art und Weise in seiner Musik wider. Schon auf seinem Solodebütalbum „Syre“ aus 2017 hat er mit zeitgeistigem Bewusstsein, musikalischer Innovation, neuen Ideen und unerwarteten Genre-Mischungen geglänzt. Der Song „Icon“ hat heute 144 Millionen Klicks auf YouTube.

Auf „Erys“, dem Nachfolgeralbum von 2019 hat er seinen Stil sogar noch verfeinert. Wer in der Lage ist Jadens teilweise wirklich enorm wirren Erzählungen länger als ein paar Minuten aufmerksam zuzuhören erfährt, dass die beiden Alben eine zusammenhängende Geschichte erzählen sollen. Mit seiner aktuellen Platte „Cool Tape Vol. 3“ hat er sich noch einmal selbst übertroffen und sein bisher rundestes Konzeptalbum geschaffen. Es ist außerdem gleichzeitig der abschließende Teil der zusammenhängenden Trilogie, die aber in Jadens Augen vielleicht mehr wie ein Epos zu sehen ist.

„Cool Tape Vol. 3“ ist nämlich ein Prolog. Seine Persona auf dem Album ist irgendwo im Gefühlschaos im Alter zwischen 15 und 17 und soll erklären, was vor den Geschichten auf „Syre“ und „Erys“ passiert ist. Naja, die „15-Jähriger in der Pubertät und zum ersten Mal verliebt“-Story erklärt zumindest den unbändigen Wunsch, vom Dach zu springen, wenn sie ihn nicht anruft, oder?

Jadens größte Inspiration sind übrigens die Beatles, sein Lieblingsalbum „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“: Auf „Cool Tape Vol. 3“ mischt er klassische Pop-Sounds aus den 60ern und 70ern mit seinem bisher etablierten HipHop-Stil, der an Künstler wie Frank Ocean, Rex Orange County oder das Kollektiv Brockhampton erinnert.

Ein größenwahnsinniges, kleines Genie

Wenn man sich anschaut, was Jaden musikalisch bereits in so jungen Jahren hervorgebracht hat, liegt die Annahme nahe, dass es sich hierbei um ein kleines Genie handelt. Gleichzeitig wirft dies auch einige Fragen auf, zum Beispiel ob Jaden ein ähnliches Level an Bekanntheit und vor allem musikalischen Errungenschaften vorzuweisen hätte, ohne seinen (reichen) Background. Ob man einem derartig größenwahnsinnigen jungen Menschen eine Bühne bieten und seine Kunst feiern sollte, ohne sich mit seiner Person auseinander zu setzen?

Jadens Musik wird von vielen Leuten gehört und gefeiert. Er, der am Anfang seiner Karriere noch seinen Vorbildern nachgeeifert hat, ist mittlerweile selbst zu einer Art musikalischem Vorbild geworden. Jaden mag, was die Musik - und nur die Musik - angeht, ein kleines Genie sein, das mit großer Wahrscheinlichkeit noch einen weiten Weg gehen wird. Jemand mit seinem Background wird aber offensichtlich leider auch sehr schnell größenwahnsinnig.

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