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Estland, Insel Saaremaa, Windmühle aus Holz

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Sei ein Este!

Todor Ovtcharov stellt uns einen ungarischen und einen estnischen Freund von sich vor und erzählt einen typischen Witz aus Estland.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Laut einem Freund – einem Ungarn - sind Österreicher die langweiligsten Menschen der Welt. Er meint, in Ungarn bräuchten die Leute nicht mal Alkohol zu trinken, um fröhlich zu sein. Sie müssten nur wissen, dass sie zu Hause Pálinka haben, das genüge, um ihr Blut zum Kochen zu bringen.

Der bloße Laut einer Geige brächte Ungarn schon dazu, während des Autofahrens im Rhythmus eines ungarischen Tanzes am Lenkrad zu trommeln, etwa dem von Tanz Nummer 5.

Dieser ungarische Freund kam nach Österreich, um mehr Geld zu verdienen. Doch die soziale Kälte der Menschen machte ihn depressiv. Als er seinen ersten Lohn bekommen sollte, organisierte er eine Feier, doch außer einem slowenischen Kollegen kam niemand. Das beleidigte ihn so sehr, dass er zusammen mit dem slowenischen Kollegen all das Essen und die ganzen Getränke, die er vorbereitet hatte, in den Müll schmiss.

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Er dankte dem Slowenen und ging allein in dem (laut ihm) feindlichen österreichischen Land spazieren. Er trank die letzte Flasche Pálinka, die er mit hatte, und entschied, seinem Leben ein Ende zu setzen. Er legte sich auf Eisenbahnschienen und schlief dort ein. Am nächsten Morgen wachte er zu seiner eigenen Verwunderung lebendig auf. Es stellte sich heraus, dass er sich auf Schienen gelegt hatte, die seit den 1960er Jahren nicht mehr in Betrieb waren. „Was für ein langweiliges Land!“, sagte er, „Man kann sich nicht mal zum Spaß das Leben nehmen!“. Aus Protest zog er wieder nach Ungarn zurück. Jetzt verkauft er Käse auf einem Markt in Szeged und behauptet, dass er der glücklichste Mensch der Welt sei.

Ein anderer Freund von mir – ein Este - hat eine gegensätzliche Meinung. Er glaubt, dass Österreicher zu viel reden und laut und leichtsinnig sind. Für ihn sind alle verdächtig glücklich: Sie lachen zu viel und er mag es nicht, wie sie in ihren Beisln miteinander sprechen. Das sei laut diesem Esten hoch unanständig. Wenn ihr vor einem Wirtshaus einem großen blonden Menschen seht, der sich die Ohren zuhält, dann habt ihr meinen estnischen Freund getroffen.

Er erzählte mir auch einen typisch estnischen Witz: Zwei Esten treffen sich im Wald, um sich anzusaufen. Nach einer Stunde sagt der Eine zum Anderen: „Prost!“ Darauf erwidert der Zweite: „Sind wir hier um zu saufen, oder um zu schwatzen?"

Ich erzähle euch diese zwei gegensätzlichen Meinungen über Partys in Österreich, da es im Moment als böse gilt, zu feiern. In Mode sind derzeit introvertierte Personen, die die Party in ihren Köpfen austragen und nicht mit anderen teilen. Laut meinem ungarischen Freund kommt das den soziopathischen Österreichern gerade recht. Doch der Este hat es besser. Wozu braucht man andere Menschen, wenn alles in unseren Köpfen stattfinden kann?

Deshalb liebe Hörerinnen und Hörer: Lasst uns Esten sein! Aber versuchen wir auch, unseren inneren Ungarn nicht umzubringen- Denn seine Zeit wird bestimmt wieder kommen.

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