Zum 5. Todestag: A beginner’s guide to David Bowie
Von David Pfister
Menschen, geboren ab dem Jahr 1983, begegnen und begegneten David Bowie meist zum ersten Mal mit seinem Superhit „Let’s Dance“ vom gleichnamigen Album. Eine musikgewordene Manifestation der Achtzigerjahre. Ein gigantischer internationaler Erfolg. Sein 18. Studioalbum leitete seine kommerziell erfolgreichste und gleichzeitig seine kreativ unbedeutendste Phase ein.
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Seinen tiefsten Fußstapfen in der Popkultur hinterlässt David Bowie mit seinem Glam Rock-Aktionismus. Er erfindet Anfang der Siebziger das lose Konzept des bisexuellen, ausschweifenden, außerirdischen Rockstars Ziggy Stardust. Er verwendet Rock’n’Roll als ironisch-nostalgisches Zitat und verwebt diesen mit musikalischen Ästhetiken, die weit über die Popmusik hinausgehen. Daraus resultiert eine ironische Travestie, die sehr attraktiv wie auch subversiv ist. Das bewusste Einreißen von Gender-Grenzen ist definitiv Bowies größter intellektueller Verdienst, der weit in die Gesellschaften vordringt. Hat man seine beiden nacheinander veröffentlichten Alben „Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“ und „Aladdin Sane“ gehört, hat man die kolossale Sprengkraft und soziale Bedeutung von Glam Rock verstanden.
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Seit der erfundenen Figur des Ziggy Stardust arbeitete David Bowie kontinuierlich mit ständig wechselnden Avataren für seine musikalischen wie persönlichen Befindlichkeiten. Diese trachtete er auch stets in physischer Form wie etwa in Bild, Film, Artwork oder auf der Bühne darzustellen. Damit erhebt er sich auch ständig zum eigenen Gott und predigt unablässig einen lustvollen Hedonismus. Gleichzeitig finden wir darin einen schönen Beweis, wie wichtig Bowie in seiner Arbeit auch stets die bildende Kunst war.
Seine Art des Erzählens mit Hilfe von künstlichen Charakteren finden wir auch schon in seinem Frühwerk. Seine erste große Rolle wurde der fiktive Raumfahrer Major Tom, der im Song „Space Oddity“ verloren durch den Weltraum treibt. Und auch auf seinem ersten kreativen Höhepunkt, dem Album „Hunky Dory“ aus dem Jahr 1971.
Bowies absoluter kreativer Zenit ist dann aber zwischen den Jahren 1975 - 1980 anzusiedeln. Bowie verwandelt seinen Glam Rock zunächst in artifiziellen, futuristischen Soul, verwandelt diesen dann in seine Deutung von elektronischen Krautrock und schlussendlich in New Wave. In diese Phase fällt seine sogenannte Berlin-Triologie, die Alben „Low“, „Heroes" und „Lodger“, die er mit dem ehemaligen Roxy Music-Mann Brian Eno erarbeitete, zu einem großen Teil in Berlin. Erwähnt sei auch, dass er selbst in diesem Zeitraum Iggy Pops erfolgreichste Alben produzierte, genauso wie auch den Klassiker „Transformer“ von Lou Reed.
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Kommen wir abschließend noch einmal zu Bowies schwieriger Zeit, den Achtzigern. Der satte Jet-Set-Star macht knapp zehn Jahre lang nicht schlechten, aber weitestgehend belanglosen Einkaufshaus-Pop und erwacht erst Anfang der Neunziger aus seiner kreativen Agonie. Dann aber mit aller Kraft. Bowie besinnt sich seiner subversiven Lust und erfindet sich als Alternative Rock Urvater neu. Reminiszenzen von damaligen Bands wie Nirvana oder Nine Inch Nails dürften gewirkt haben. Seine Neunziger-Alben wie beispielsweise „1. Outside“ sind zwar vielleicht ein wenig zu gewollte, aber dennoch beachtliche Pop-Anmerkungen.
Seine letzten Alben wie „The Next Day“ oder das finale Moritaten-Theater „Blackstar“ sind dann elegante, intelligente Abschiedsmeditationen. Am Schluss ist er dann er selbst.
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Publiziert am 10.01.2021