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"Bowie: Ein illustriertes Leben" von Maria Hesse und Franz Ruiz

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Bowie: Ein illustriertes Leben

Nach Frida Kahlo zeichnet die spanische Illustratorin María Hesse nun das Leben von David Bowie. Unglaublich schön.

Von David Pfister

Momentan vergehen kaum drei Monate, in denen nicht ein neues Buch zum Thema David Bowie erscheint. 2020 hatten wir bisher eine Graphic Novel, die David Bowies Leben in grellen Pop-Art-Bildern erzählte und das Büchlein „Bowies Bücher“, eine Analyse der offiziellen Lieblings-Literaturliste von David Bowie und wie sie seine Songs prägte. Alles sehr gute Bücher, über alle haben wir hier berichtet. Und nun kommt schon wieder eines. Aber auch „Bowie - Ein Illustriertes Leben“ ist so gut, dass wir darauf hinweisen wollen.

„Manchmal kam mein Bruder Terry zu Besuch. Seit dem Tod unseres Vaters hatte sein Zustand sich verschlimmert, und meine Mutter hatte ihn in die Nervenheilanstalt Cane Hill einweisen lassen. Meine Freunde waren überrascht von der Tatsache, dass ich einen Bruder hatte, denn ich redete nie von ihm. Ich freute mich immer darauf, wenn sie ihn für einen Familienbesuch aus der Klinik ließen, doch es dauerte nicht lange, bis ich merkte, dass er nie ganz anwesend war. Ein Teil von ihm war immer irgendwo anders - an einem Ort, wohin ich ihm nicht folgen konnte. Jedes Mal, wenn er zur Tür hinausging, quälte ich mich mit der Frage, was ich tun könnte. Doch ich fand niemals eine Antwort. Ich schrieb für ihn den Song ‚All the Madmen‘.“

"Bowie: Ein illustriertes Leben" von Maria Hesse und Franz Ruiz

Heyne Verlag / Maria Hesse und Franz Ruiz

Über vier Jahre ist es nun schon her, dass der vielleicht wichtigste Popstar des zwanzigsten Jahrhunderts starb. Ein Grund, warum das Schaffen des Musikers so wichtig, inhaltlich gehaltvoll und spannend ist, war Bowies Leidenschaft und Fantum für andere Kunst außer seiner eigenen. Neben einem umfangreichen Wissen um E- und U-Musik verarbeitete David Bowie auch vielerlei Impulse aus der bildenden Kunst, der Malerei und vor allem der Literatur.

Seit seinem Tod sind eine Vielzahl von Büchern zu seiner Person und seinem Werk erschienen. In der Fülle der Veröffentlichungen ist ein Phänomen zu beobachten. Viele Werke beschäftigen sich nicht nur mit seiner Kunst und seinem Leben, sondern werden in ihrer Form und Ästhetik vom verstorbenen Künstler direkt und maßgeblich beeinflusst. Evolutionäre Symbiosen wachsen da in der Literatur zu David Bowie heran. Bald muss man die vielen Publikationen zu und über Bowie als eigene Gattung wahrnehmen.

"Bowie: Ein illustriertes Leben" von Maria Hesse und Franz Ruiz

Heyne Verlag / Maria Hesse und Franz Ruiz

María Hesse ist eine der bekanntesten Illustrator*innen Spaniens. Ihre gezeichnete Biografie über die Malerin Frida Kahlo machte sie berühmt. Kollegin Zita Bereuter hat über die deutsche Veröffentlichung aus dem Jahr 2018 berichtet und die bemerkenswerte Art der gezeichneten Biografie sehr schön so beschrieben: „Angelehnt an ihre wichtigsten Bilder lässt sie Frida Kahlo als Ich-Erzählerin fungieren. Originalzitate in Schreibschrift wechseln dabei mit kurzen Erzähltexten. María Hesse orientiert sich an Frida Kahlos Kunst, ergänzt die aber mit einem verspielten mangahaften Stil und interpretiert sie neu. Sie spielt mit witzigen Details, verschiebt die Grenzen zwischen Wirklichkeit, Traum und Fantasie und überzeugt vor allem mit Doppelseiten, die Frida Kahlos Stammbaum oder ihre Lieblingsmenschen zeigen“.

"Bowie: Ein illustriertes Leben" von Maria Hesse und Franz Ruiz

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„Bowie: Ein illustriertes Leben“ von Maria Hesse und Franz Ruiz ist in der Übersetzung von Kristof Hahn im Heyne Verlag erschienen.

  • Eine Leseprobe gibt es hier.

Mit Hilfe des Autors Fran Ruiz hat sich Hesse nun also des Lebens von David Bowie angenommen und erzählt dieses auf die gleiche Weise, wie sie es schon bei Frida Kahlo getan hat. Die Inszenierung von "Bowie: Ein illustriertes Leben“ erinnert an intelligente modische Kinderbücher wie etwa die „Good Night Stories for Rebel Girls“. Also Kinderbücher für ideale Kinder, die es nicht gibt.

Krakelige Vintage-Zeichnungen, die mit ihren Beinen ein wenig in Expressionismus, Art Brut und Pop Art stehen. Dazu ein Erzählstil, der heimelig verhuscht ist und gleichzeitig eine wohlige und hintergründige schaurige Romantik evoziert.

"Mit der Unterstützung meiner Frau Iman schaffte ich es sogar mit dem Rauchen aufzuhören. Und dann begann 2003 meine große Welttournee. Doch irgendetwas stimmte nicht. Bei einigen der Konzerte hatte ich das Gefühl, aus dem Augenwinkel einen dunklen Schatten zu sehen, der in den Kulissen herumlungerte. Am Jahresende musste ich fünf Konzerte absagen, weil mich eine Grippe erwischt hatte. Der Schatten verschwand nicht - im Gegenteil, er kehrte immer häufiger zurück und erschien fast greifbar. Die Zwischenfälle häuften sich.“

"Bowie: Ein illustriertes Leben" von Maria Hesse und Franz Ruiz

Heyne Verlag / Maria Hesse und Franz Ruiz

María Hesse und Fran Ruiz verstehen ihr Werk als Neuinterpretation von David Bowies Biografie, vermischen Fakten mit Fiktion, erzählen aus der Ich-Perspektive von den unzähligen Bowie-Verwandlungen und schaffen es durch raffinierte Verdichtungen seiner wichtigsten Lebensmomente, sein Trachten nach Transzendenz und die Transzendenz seiner Kunst abzubilden. Eine rührende, aber nicht melodramatische Ergänzung zum Studienfach David Bowie.

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