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The Staves

Warner Music Group

„Good Woman“ ist die bisher beste Platte der Staves

The Staves sind sechs Jahre nach ihrem letzten Studioalbum mit neuen Songs zurück. Die drei Schwestern aus England wurden mit himmlischem Indiefolk-Harmoniegesang bei Open-Mic-Abenden im lokalen Pub bekannt. Ein Schicksalsschlag ist dem neuen Album dieser drei jungen Frauen vorausgegangen.

Von Eva Umbauer

Camilla, Emily und Jessica Staveley-Taylor sind The Staves. Die drei Schwestern kommen aus der Stadt Watford, nördlich von London. In einem lokalen Pub begann dort ihre Musikkarriere. Wer konnte dem Harmoniegesang der Staveley-Schwestern widerstehen? Er war und ist einfach unwiderstehlich. Damals im Pub, dann am ersten Album, auch am nächsten, und noch immer auf „Good Woman“, dem neuen Album der Staves. Mumford And Sons, Paul Weller oder Bon Iver zählen zu den Fans der Band.

Die Gitarre hat Camilla, Emily und Jessica von den Staves ihr Vater beigebracht und ihre Mutter, einen Traum niemals aufzugeben. Mrs Staveley-Taylor war Grundschullehrerin und Theatermacherin. Sie war es, die ihre drei Töchter stets ermutigte, die Musik weiterzuverfolgen, als Beruf, sie als Berufung zu leben. Vor zweieinhalb Jahren starb sie plötzlich und komplett unvorhergesehen.

Der Tod der Mutter ändert alles

Die Staveley-Taylor Schwestern mussten erst einmal innehalten, mit diesem Schock zurechtkommen. Zu diesem Zeitpunkt war Einiges an neuem Staves-Songmaterial bereits vorhanden. Die Schwestern hatten einander Ideen geschickt - Jessica lebte gerade in den USA -, und auch schon Demoversionen von Songs angefertigt. Aber nun ging einfach nichts mehr. Der frühzeitige Tod der Mutter wog zu schwer.

Im Jahr nach dem Verlust ihrer Mutter wurde Emily Staveley-Taylor dann selbst Mutter. Emily ist die älteste der drei Schwestern, Camilla die mittlere und Jessica die jüngste. Emily würde bei den nächsten Konzerten nicht dabei sein. Doch dann kam Corona und es gab gar keine Konzerte. Aber viel vom neuen Album war nun schon fertig. Ein gewisser John Congleton hatte den Staves im Aufnahmestudio dabei assistiert. Eigentlich wollten sie das Album ja komplett selbst produzieren, aber der abrupte Stopp durch den Tod ihrer Mutter hatte sie durchaus ratlos zurückgelassen.

Producer John Congleton bringt das Selbstvertrauen zurück

The Staves wussten nicht so recht, wie sie nun mit den neuen Songs weitermachen sollten. Jemanden von draußen hereinzuholen, in diese besonders enge Schwestern- und Künstlerinnenverbindung, schien in dieser Situation das Richtige zu sein. The Staves waren schon zuvor in Verbindung mit dem US-Musiker und Producer John Congleton. Er könnte der Richtige sein für die schwierige Situation. Er war es.

The Staves - "Good Woman" Albumcover

Warner Music

„Good Woman“ von The Staves ist am 5.2.2021 bei Atlantic erschienen.

Wenn dir das gefällt, könnten dir auch First Aid Kit gefallen, The Roches - die 70er Jahre US-Musikerinnen Maggie, Terre und Suzzy Roche, oder auch „Tango In The Night“ von Fleetwood Mac.

Der texanische Indierock-Super-Producer John Congleton kam nach London und ließ die Staves so richtig siegen. Er holte das durch den Schicksalsschlag angeschlagene, verlorengegangene Selbstvertrauen der drei Musikerinnen zurück. Sie hatten nach dem Tod ihrer Mutter praktisch alle Songs infrage gestellt, die sie bereits vorbereitet hatten.

John Congleton - er war Sänger der US-Indierock-Band The Paper Chase - ist ein starker Mann, im Aufnahmestudio stets auf Augenhöhe mit Künstler*innen wie St. Vincent, Sharon van Etten, Angel Olsen, Sleater-Kinney, oder auch britischen Bands wie The Wild Beasts oder Bombay Bicycle Club. Die Liste aller, mit denen John Congleton gearbeitet hat, ist mehr als beeindruckend.

John Congleton ist nicht nur für seinen ganz besonderen Schlagzeug-Sound bekannt, sondern auch für seine Fähigkeit, aus Musiker*innen etwas herauszuholen, was sie sonst vielleicht nicht gespielt hätten. Nimm eine Idee, und geh so weit wie möglich damit, ohne Angst dabei zu haben. Und so zeigen sich The Staves etwa nun auch fast schon „grungig“ - beim Song „Careful, Kid“, mit seinem verkürzten Beat und dem „grunzenden“ Bass.

„We wanted to get weirder, and he was the guy to do it with.“ - The Staves über den US-Musiker/Producer John Congleton

„Good Woman“ von den Staves ist eine furchtlose Platte, eine, die sich nicht rechtfertigt, beinahe keine Kompromisse eingeht, eine eindringliche, ja, sogar „brutale“ Platte. Aber auch eine „coole“, voller Old-School-Grooves oder kleiner Tonstudiospielereien wie einem wackeligem Hall oder Field-Recordings von Freunden und der Familie. „Good Woman“ ist seelenvoll und durchdacht, voller emotionaler Tiefe.

Von der Mutter und Rollenbildern

Der Song „Sparks“ ist eine Hommage an die verlorene Mutter, in „Paralysed“ geht es um den Verlust, „Devotion“ ist bittersüß und „Best Friends“ hat ein tolles Piano-Loop als Basis. Der Albumtitelsong „Good Woman“ ist ein clever konstruierter Song, ein „call to arms“, wie die Staves sagen: Was ist eine „gute Frau“ oder gar eine „brave“ Frau? Camilla Staveley-Taylor hat den Song geschrieben, der schließlich zum Albumtitelsong wurde.

Von Frauen wird viel erwartet, in einer Beziehung, im Beruf, als Mutter, etc. Sie sollen meist so sein, wie andere das wollen, aber nicht wie sie selbst es wollen, eine „good woman“ eben. Der Song „Waiting On Me To Change“ greift das Thema nocheinmal auf: „I’ll change when I want“, sagen uns die Staves. Und das ist nicht verhandelbar. Weiße Rüschenblusen anziehen und eine Kampfansage an das Patriarchat machen - das schließt sich bei den Staves keineswegs aus.

Die Staves haben trotz vieler Änderungen aber ihre Identität keineswegs verloren. Akustische Gitarren und dieser Harmoniegesang - das hört man etwa bei „Nothing’s Gonna Happen“, das praktisch nahtlos an das letzte Album anschließt (bzw. an das vorletzte, denn das letzte war ja ein außertourliches Album zusammen mit einem New Yorker Klassik-Ensemble). Das letzte „richtige“ Album der Band war ihr zweites, „If I Was“, produziert vom US-Musiker Justin Vernon aka Bon Iver.

Viel Zeit ist seither vergangen, The Staves are back on track. Sie haben gelernt, mit Schmerz zu leben. Da wird noch viel Tolles kommen, von Camilla, Emily und Jessica Staveley-Taylor, drei Schwestern aus Watford, England, die auszogen, um die Welt mit ihrer Musik ein wenig besser zu machen.

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