FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Bild der vier Entwickler des Sokpop Collectives

Sokpop Collective

Sokpop Collective: Vier Freunde mischen die Indie-Game-Szene auf

Vier Freunde aus den Niederlanden haben sich zum Sokpop Collective zusammengeschlossen und veröffentlichen alle zwei Wochen ein neues Game. Dabei verzichten sie völlig auf Hierarchien und klassische Vertriebswege.

Von David Riegler

Sein Hobby zum Beruf machen – das ist in der Videospielindustrie keine Seltenheit, denn einer Karriere als Spieleentwickler*in geht meist eine Leidenschaft für Spielkultur voraus. Doch die Realität der großen Studios ist, dass sich Menschen oft jahrelang immer wieder beweisen müssen, bis ihre eigenen Ideen letztendlich als Spiel umgesetzt werden. Doch es gibt auch einen anderen Weg. Das beweisen vier Freunde aus den Niederlanden, die sich selbst als „videogame boyband from the future“ bezeichnen.

Aran, Ruben, Tijmen und Tom sind vier junge Spieleentwickler aus der niederländischen Stadt Utrecht, die gemeinsam das Sokpop Collective gegründet haben. Sie veröffentlichen alle zwei Wochen ein neues Indie-Game und finanzieren ihre Arbeit zum Teil durch die Erlöse der Spieleverkäufe und vor allem durch die Unterstützung ihrer zahlreichen Supporter auf der Plattform Patreon. Doch bis zu dem Punkt, wo sie von ihrer Leidenschaft leben können, war es ein weiter Weg.

Alle vier waren schon als Jugendliche begeistert von Videospielen und haben den Großteil ihrer Freizeit damit verbracht, sich mit der Entwicklung von Spielen zu befassen. Das nötige Wissen haben sie sich auf sogenannten Game Jams angeeignet, also auf kleinen Festivals, wo sich Spielebegeisterte treffen, um gemeinsam in kürzester Zeit neue Games zu entwickeln.

Auf einem Game Jam haben die vier zum ersten Mal zusammengearbeitet. Auch abseits der großen Jams haben sie sich immer wieder zuhause getroffen, um an neuen Games zu arbeiten, wodurch eine enge Freundschaft entstanden ist. Als die Spiele immer besser wurden und ihnen bewusst wurde, dass sie als Team gut funktionieren, haben sie beschlossen, ab sofort zu viert als Sokpop Collective aufzutreten, einfach nur, weil sie Sockenpuppen lustig finden. Auf Twitter konnten sie schnell eine kleine, aber treue Fanbase bilden und 2018 kam ihnen die Idee, auch auf der Support-Plattform Patreon eine Seite anzulegen.

500 Euro – Ein erster Erfolg

Auf Patreon kann man das Sokpop Collective mit einer Summe ab 3 Euro im Monat unterstützen und bekommt im Gegenzug dafür alle zwei Wochen ein neues Game geliefert. Mit viel Geld hat anfangs keiner der vier gerechnet und es gab sogar Wetten, ob sie nur knapp 10 oder sogar mehr als 100 Euro pro Monat bekommen. Völlig überraschend waren es schon im ersten Monat circa 500 Euro - ein großes Erfolgserlebnis für die jungen Studenten, die einfach nur aus Spaß Spiele machen.

Screenshot aus dem Game skidlock

Sokpop Collective

Die Games sind dabei völlig unterschiedlich, haben jedoch oft den liebevoll bunten Sokpop-Look und spielen sich geschickt mit den Gesetzen der Physik. Im Game „Skidlocked“, zum Beispiel, muss man sich mit dem Fahrrad durch eine stark befahrene Straße kämpfen und geschickt die Spur wechseln, um Zusammenstöße zu vermeiden. Deutlich beruhigter ist das Sandbox-Game „Pupper Park“, in dem man mit niedlich animierten Hunden im Park spielt.

Screenshot aus dem Game Pupper Park

Sokpop Collective

Manche Games wurden zu Hits in der Indie-Game-Szene und generieren auch durch die Einzelverkäufe auf Steam beachtliche Erlöse. Bei einer Abstimmung unter den Patreon-Supportern wurde das Open-World-Game „Helionaut“ als beliebtestes Spiel ausgezeichnet. Darin erkundet man verschiedene Mikroplaneten in einer surrealen Welt, die knallbunt und völlig abgedreht ist. Das Ziel ist es herauszufinden, welches Geheimnis sich im Zentrum des Universums verbirgt.

„You could describe it as chaos”

Heute können die vier Jungs knapp 80 verschiedene Games vorweisen und haben genug Einkommen durch Patreon und auch durch die Einzelverkäufe, dass sie alle davon leben können. Trotz des Erfolgs sind sie weiterhin einfach nur eine Gruppe von Freunden und keine Firma mit Hierarchie, sagt Entwickler Ruben: „There is no boss. You could describe it as chaos, but we are just a group of friends and no one is in charge.”

Jede Woche haben sie ein gemeinsames Meeting, wo sie sich bei der Entwicklung unterstützen, doch die Hauptarbeit für ein Game macht jeweils eine Person. Dadurch, dass eine Person sich vollständig um ein ganzes Game kümmert, hat jeder fast zwei Monate Zeit für die Entwicklung. Als Kollektiv können sie durch diese Aufteilung alle zwei Wochen ein neues Game veröffentlichen. Manchmal kann es etwas chaotisch werden und das ein oder andere Game wurde schon mit Verspätung veröffentlicht, doch die langjährigen Supporter kennen die Entwickler mittlerweile sehr gut, geben ihnen meist verständnisvolle Rückmeldungen und reagieren entspannt, falls es mal ein bisschen länger dauert.

Vier Freunde trotzen den Gaming-Konzernen

Dadurch, dass die Games jeweils einen Hauptverantwortlichen haben, verfügen sie über einen eigenen Charakter und mit der Zeit erkennt man, wer von ihnen hinter welchem Game steckt. Genau diese Authentizität vermisst Entwickler Ruben bei klassischen Indie-Studios: „A lot of Indie-Studios make this image or brand of themselves, which is bigger than they are, and I think that is kind of negative to what you’re trying to achieve. If you just show yourself and be honest, people will really appreciate that.”

Der Erfolg gibt ihnen recht und sie planen auch in der Zukunft weiter Games in ihrer nicht hierarchischen Struktur zu entwickeln. Vor Veränderungen schrecken sie trotzdem nicht zurück – schon bald möchten sie einen Versuch starten und nur ein Game alle vier Wochen veröffentlichen, damit sie die Möglichkeit haben, größere und komplexere Games zu machen, die eine*n als Spieler*in länger beschäftigen.

Sokpop Collective haben es geschafft, ihren eigenen Weg zu gehen und die Arbeit in großen Gaming-Konzernen dabei völlig vermieden. Für Ruben ist es unvorstellbar, in eine klassische Firmenstruktur zu wechseln, darum hofft er auch in Zukunft auf den Support ihrer Fanbase. Rubens Tipp für junge Spieleentwickler*innen, die es ihnen gleich machen wollen, ist, sich nicht zu erwarten, viel Geld damit zu machen, und einfach Spaß mit den Spielen zu haben: „Of course we are very lucky that we can live of it and that we don’t have to have a job, but if you have this notion of: I don’t need it to do well, then it gives you a lot more breathing room.”

Aktuell: