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Szenenbild "An American Werewolf in London"

Universal Pictures

Der Mann im Wolfspelz

Anlässlich des 40. Geburtstages von „An American Werewolf in London“ widmen wir uns im FM4 Filmpodcast dem ungewöhnlichen Film von John Landis -und zwei weiteren Filmen, in denen sich Männer in Tiere verwandeln.

Von Pia Reiser

Genau wie Rotkäppchen hören auch die beiden jungen Amerikaner David und Jack in „An American Werewolf in London“ nicht auf den Hinweis, den man ihnen hinterherruft: Stay on the roads! Und so wandeln die Studenten, die sich von ihrem Europa-Trip Spaß und Sex erhoffen, durch Moorgebiete im Norden Englands und - ganz wie bei Rotkäppchen - ein Wolf durchkreuzt ihre Pläne, genauer: ein Werwolf.

Der FM4 Film Podcast läuft am Montag um Mitternacht auf Radio FM4 und ist auch in der Radiothek verfügbar.

Bereits 1913 taucht in Hollywood ein Werwolf auf der Leinwand auf, 1941 verkörpert dann Lon Chaney im legendären Universal-Horrorfilm „The Wolfman“ einen jungen Amerikaner, der in Wales von einem Werwolf angefallen wird und und sich beim nächsten Vollmond ebenfalls in einen verwandelt. Während der Werwolf auf alte Mythen zurückgeht, ist die Verwandlung der Werwolf-Opfer in Werwölfe eine Erfindung Hollywoods.

Szenenbild "An American Werewolf in London"

Universal Pictures

Die Geschichten von Männern, die sich bei Vollmond in haarige Bestien mit Fangzähnen und übermenschlichen Kräften verwandeln, verschwinden in den Jahrzehnten nach Lon Chaneys Wolfsgeheul nie ganz von der Leinwand, doch erst 40 Jahre nach „The Wolf Man“ erlebt das Werwolf-Kino einen richtigen Boom: Anfang/Mitte der 1980er Jahre wird in „The Howling“, „Wolfen“, „The Company of Wolves“, „Teen Wolf“ und eben „An American Werewolf in London“ auf ganz unterschiedliche Art von Werwölfen erzählt. Regisseur und Drehbuchautor John Landis entscheidet sich - als nicht nur Comedy erprobter, sondern für seine Komödien wie „Kentucky Fried Movie“ auch gefeierter Regisseur - 1981 dafür, in den Horror ganz trockenen Humor zu mischen, trotzdem ist „An American Werewolf in London“ alles andere als eine Komödie. Die beiden Genres werden hier auch weniger vermischt, als aneinandergereiht, also mehr Tiramisu als Melange.

Szenenbild "An American Werewolf in London"

Universal Pictures

Wenn man sich 40 Jahre später den Film anschaut, so sind es vor allem die Effekte, die einen immer noch staunen lassen. Vier Wochen nachdem David im Moor von einem Werwolf angefallen worden ist, verwandelt er sich selbst in einen und der Transformationsprozess ist - im Gegensatz zu der Verwandlung im klassischen Horrorfilm - ein langer und schmerzhafter. Muskeln, Sehnen und Knochen scheinen in der legendären Verwandlungsszene gleichzeitig zu wachsen und zu brechen.

Die Effekte von Rick Baker beeindrucken auch Michael Jackson, der, nachdem er den Film gesehen hat, John Landis anruft und ihn als Regisseur für das Video zu „Thriller“ engagiert. Während Michael Jackson als Werwolf in den Straßen mit den Untoten tanzt, unterhält sich David in „An American Werewolf in London“ immerhin mit einem. Sein Freund Jack, der im Moor bei dem Angriff der Bestie getötet worden ist, wandert nun als verwesender Untoter durch die Welt und versucht David zum Selbstmord zu überreden, ansonsten würde er zum Werwolf und dann geht alles wieder von vorne los. Wenn der untote Jack und Werwolf-David im Pornokino sitzen, dann blitzt ebenso der Landis-Humor auf, wie wenn der Großstadt-Arzt im Provinz-Pub ein Campari Soda bestellt.

Doch zwischen Witzen, wahrhaft horrenden Momenten und einem brutalen Showdown am Picadilly Circus stecken genug Hinweise darauf, dass Davids jüdische Herkunft, eine wichtige Rolle spielt. David hat Alpträume von Monstern in SS-Uniformen, die ihn und seine Familie umbringen. Bereits „The Wolfman“ Drehbuchautor Curt Siodmak, der 1933 aus Deutschland flieht hat auf die Metapher des Werwolf zurückgegriffen: „I am the Wolf Man. I was forced into a fate I didn’t want: to be a Jew in Germany. I would not have chosen that as my fate.“

Szenenbild "An American Werewolf in London"

Universal Pictures

Die Unentrinnbarkeit der Veränderung, dass man sie nicht aufhalten kann, der Kontrollverlust und der Verlust des Menschlichen, nicht nur, was die Gestalt betrifft, machen jede Werwolf-Geschichte beklemmend, „An American Werewolf in London“ nimmt aber sicherlich eine Sonderstellung in dem Genre ein. Weil der lakonische Humor hier weder dem Horror, noch der Tragik der Geschichte im Weg steht.

Über Deutungsmöglichkeiten, Schock-Effekte und den Einfluss von „An American Werewolf in London“ - aber auch Verwandlung und body horror in „The Fly“ (1986) und „Tusk“ (2015) geht es heute Mitternacht im FM4 Filmpodcast. Be afraid, be very afraid.

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