Optimierter Gattenmord

„Overboard!“, das neue Spiel der Adventure-Innovatoren Inkle, ist das Gegenteil eines Detektivspiels und ziemlich großartig.

Von Rainer Sigl

Mein Ehemann war kein besonders netter Mensch. Zuerst hat er das gesamte Vermögen verspielt, dann hat er es sich im England der Zwischenkriegszeit mit seinem Faible für diese suspekten Faschisten auf dem Festland mit allen unseren Freunden verscherzt. Und eine junge Geliebte hat er auch noch.

Als verbitterte Gattin sehe ich deshalb auf unserer Schiffsreise nach Amerika nur eine Option: Ein paar Meilen vor der Küste Amerikas schubse ich den ungeliebten Hallodri einfach bei Nacht über die Reling ins Meer. Problem gelöst. Oder doch nicht?

Ich war’s nicht!

Im Adventure „Overboard!“ geht es nicht darum, einen Mordfall zu lösen, sondern im Gegenteil: Dass ich es war, ist von Anfang an klar, jetzt muss ich nur mehr damit davonkommen - und im Idealfall sacke ich auch noch die Lebensversicherung ein und fange mit einem neuen Verehrer an der Hand in New York ein neues Leben an.

Dafür muss ich aber ziemlich gerissen sein, denn die anderen Passagiere an Bord ziehen ihre eigenen Schlüsse. In Gesprächen mit ihnen und der Crew muss ich in Multiple-Choice-Dialogen Zweifel säen, Zeugen kompromittieren und Beweise verschwinden lassen.

Der Besuch der einzelnen Teile des Schiffs kostet wertvolle Zeit, genau wie die Gespräche. Wenn das Schiff im Hafen anlegt, heißt es Game Over - je nachdem, welche Entscheidungen ich zuvor getroffen habe, gibt es ein mehr oder weniger großes Happy End oder aber lange Gesichter und im schlimmsten Fall den Gang ins Gefängnis.

Und täglich grüßt der Gattenmord

Der Clou von „Overboard!“ ist, dass ich es mehrere Male durchspielen kann und soll, bis ich an das für mich ideale Ende gekommen bin. Dabei komme ich immer wieder auf neue Möglichkeiten, meine Haut zu retten. Das Schiff und seine Passagiere haben einige Geheimnisse, und es ist auch beim fünften, sechsten und siebten Mal noch überraschend, etwas Neues auszuprobieren. Die Option, bereits zuvor getroffene Entscheidungen im wiederholten Durchgang automatisiert abzuspulen, bewahrt das Spiel vor Leerlauf und lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was neu und interessant ist.

„Overboard!“ stammt von den britischen Adventure-Profis Inkle, die schon mit „80 Days“ und „Heaven’s Vault“ bewiesen haben, dass es im altehrwürdigen Adventure-Genre noch jede Menge Originelles zu entdecken gibt. Dieses charmante Mörderinnen-Erzähllabyrinth beweist, dass Wiederholung keineswegs zu Langeweile führen muss - im Gegenteil.