Gesang, der die Welt verändert

Das originelle Videospiel „One Hand Clapping“ macht meine Stimme zum Werkzeug beim Lösen abwechslungsreicher Puzzles - ein wenig musikalisches Talent vorausgesetzt.

Von Rainer Sigl

Manche singen im Konzertsaal, andere unter der Dusche. Ich gehöre eher zu den Letzteren. Seit kurzem singe ich aber auch vor dem Monitor - endlich einmal ein Grund, sich übers Homeoffice und die fehlenden ArbeitskollegInnen zu freuen.

„One Hand Clapping“, vor kurzem im Early Access erschienen, sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normaler Plattformer: Ich steuere meine Spielfigur aus der Seitenansicht durch eine niedliche Zeichentrickwelt, springe herum und löse jede Menge Rätsel, um den weiteren Weg freizumachen.

Der Clou daran ist, dass ich als Werkzeug dafür meine eigene Stimme einsetzen muss. Ich brauche sie, um alte Maschinen und Aufzüge in Gang zu bringen, trete in Gesangsduellen an oder muss Plattformen förmlich aus dem Nichts herbeisingen.

Man nehme: Mikrofon, Kopfhörer, Talent

Lärmempfindliche ZimmernachbarInnen sollte man besser nicht haben. Ansonsten braucht man noch ein Mikrofon und auf jeden Fall ein gewisses musikalisches Talent - denn nur wer den richtigen Ton trifft, kommt voran. Ein Mikrofon, Kopfhörer und „eine Stimme“ seien alles, was man braucht, bekommt man zu Beginn des Spiels zu lesen; tatsächlich wird man ohne zumindest grundlegendes musikalisches Gespür aber hier nicht glücklich.

Anfangs im Spiel reicht es noch, einfach irgendwie ins Mikrofon zu singen, aber bald wird’s knifflig und durchaus herausfordernd - zum Teil, weil die Rätsel gar nicht so leicht sind, zum Teil, weil die Gesangssteuerung manchmal technisch noch etwas wackelig ist.

Wenn dann bei den spielmechanisch eher behäbigen Nachsing-Sequenzen trotz subjektiv richtiger Tonlage nur wild herumspringende Inputs angezeigt werden, ist auch Frust durchaus nicht ausgeschlossen - die korrekte Stimmlagenkalibrierung in den Einstellungen ist noch nicht so selbsterklärend, wie sie sein sollte.

Tolle Idee, aber nicht für jede(n)

„One Hand Clapping“ bietet jede Menge interessante und originelle musikalische Puzzles, für die man zumindest ein gutes Ohr braucht. Dem Versprechen der EntwicklerInnen, dass ihr Spiel auch für skeptische, musikalisch Minderbegabte Spaß macht, ist demnach nur bedingt zu trauen.

Klar: Man muss kein Karaoke-Bezirksmeister oder Chorsolistin sein, um dieses Spiel zu spielen. Wer allerdings mit Gesang allgemein auf Kriegsfuß steht oder seine eigene Stimme nicht aushält, wird hier keine große Freude haben.