FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Still aus "A Township Tale"

AltaVR

A Township Tale: Survival Game in Virtual Reality

Das VR-Spiel eines kleinen Indie-Entwicklerstudios lädt ein, gemeinsam eine verfallene Stadt wiederzubeleben. Das Survival Game ist ambitioniert, noch unfertig und spiegelt den Zustand von Virtual Reality im Jahr 2021 wider.

von Christoph „Burstup“ Weiss

Es ist Nacht. Ich stehe auf einem Berg. Vor mir der Eingang zu einer dunklen Höhle. Ein Schild warnt mich, dass ich nur hineingehen sollte, wenn ich Licht bei mir habe - aber ich habe keine Ahnung, wo ich das hernehmen soll. Ein junger Typ spricht mich von der Seite an. Er zeigt mir, wie ich aus Holz und anderem Zeug eine Fackel craften und mit Feuerstein anzünden kann. Wenig später erkunde ich die Höhle und sammle dort weitere Ressourcen.

Kurze Zeit später kann ich den Gefallen des freundlichen Mitspielers erwidern. Er hat nämlich so viele Gegenstände gesammelt, dass er sie nicht mehr tragen kann, und er weiß nicht, wie man einen Rucksack crafted. Also helfe ich ihm dabei. In diesen Momenten ist „A Township Tale“ am stärksten.

A Township Tale 1

AltaVR

Die Geschichte des Games dreht sich um eine idyllische, aber anscheinend verlassene Welt und den Wiederaufbau einer verfallenen Stadt. Ein mysteriöser Turm ist am Horizont zu sehen und wird im Lauf der Zeit wohl auch eine wichtige Rolle spielen. Das noch unfertige und als “Early Access”-Version veröffentlichte Spiel befindet sich also noch in der Entwicklung.

Die größte Herausforderung ist zuerst ohnehin, herauszufinden, wie alles funktioniert. Dafür empfiehlt es sich, einige Freund*innen zusammenzutrommeln, von denen sich jede*r zuerst auf eine Aufgabe konzentriert - zum Beispiel Holz heranschaffen, Potions brauen oder Essen für alle Spieler*innen zubereiten. Wer versucht, alles allein zu können, wird eher gelangweilt und frustriert werden. Das Survival Game lebt von der Aufgabenteilung und den sozialen Interaktionen im Team, dank denen „A Township Tale“ oft zum spontanen Rollenspiel wird.

A Township Tale 2

AltaVR

Einige Tätigkeiten in dem Spiel sind körperlich herausfordernd. Weil alles in VR geschieht, bückt man sich, um Gegenstände vom Boden aufzusammeln, man hämmert mit weit ausholenden Bewegungen auf Nägel und hackt Holz mit beiden Armen. Am Anfang fühlt sich diese Spielmechanik innovativ und witzig an, nach einiger Zeit aber anstrengend. Auch Kämpfe gegen computergesteuerte Gegner und Monster sind schweißtreibend.

Was „A Township Tale“ fehlt, ist die kreative Freiheit: In Minecraft etwa können wir alles, was wir uns vorstellen können, aus legoartigen Blöcken bauen. Im Gegensatz dazu bedeutet bauen hier, vorgegebene Strukturen zu vollenden - und die Anschaffung der Ressourcen dafür ist ein Grind. Es empfiehlt sich daher, künstlichen Stress zu vermeiden. Die schön gestaltete Welt von „A Township Tale“ lädt durchaus zum Verweilen und Genießen ein. Überlebenskampf und Wiederaufbau der verfallenen Stadt sind dann am unterhaltsamsten, wenn sie nicht allzu verbissen geführt werden, sondern der Focus auf der Social Experience im virtuellen Raum liegt.

„A Township Tale“ ist ausschließlich mittels Virtual-Reality-Headsets spielbar und sowohl als PC-Version als auch für die Standalone-VR-Headsets von Oculus (Quest und Quest 2) verfügbar. Als Low-Budget-Projekt eines Indie-Developers und “Early Access”- bzw. Beta-Version zeigt das Game, wo sich Virtual Reality als Technologie und künstlerische Ausdrucksform derzeit befindet: noch immer in der Nische. Dieser Umstand drückt sich etwa in Zahlen dadurch aus, dass nur zwei Prozent aller Steam-User*innen ein VR-Headset nutzen. Acht Jahre nach dem ersten Oculus-Entwicklerkit sind es daher immer noch vorwiegend experimentelle Games kleiner Indie-Developer, die um die Aufmerksamkeit der VR-Liebhaber*innen buhlen.

Große Publisher wie Take Two und EA halten sich mit teuren Projekten noch zurück. 2021 zeigt sich aber auch eine deutliche Verschiebung der Präferenzen kleinerer Entwicklerstudios: Ein Großteil der Indie-VR-Games wird jetzt nicht für PCs, sondern für die Standalone-Headsets von Oculus (Quest und Quest 2) veröffentlicht. Die geringen Einnahmen durch VR-Games werden also nicht via Steam, sondern hauptsächlich im Quest-Store erzielt. Da verwundert es kaum mehr, dass die Quest-Version von „A Township Tale“ für 10 Euro im Store verkauft wird, während die PC-Version gratis zum Ausprobieren über die Website verteilt wird. Wahrscheinlich rechnet der Entwickler gar nicht damit, dass er relevante Mengen der PC-Version verkaufen würde.

A Township Tale 3

AltaVR

Freilich wäre es verfrüht, aufgrund dieser Entwicklung den Tod von PC-VR auszurufen, wie das vereinzelt bereits geschieht. Vielmehr erinnert die derzeitige Situation an das frühere Wechselspiel zwischen dem Hype von PC-Games und Konsolenspielen. Der gigantische Erfolg der ersten Playstation in den neunziger Jahren konnte langfristig den Enthusiasmus von Liebhaber*innen hochleistungsfähiger PC-Hardware sowohl auf Entwickler- wie auch auf Fanseite nicht bremsen. Dass Oculus (und somit Facebook) derzeit mit dem Quest 2 den VR-Markt beherrscht und deshalb einen Großteil der Entwickler*innen anzieht, wird PC-VR nicht stoppen - zumal es mit OpenXR seit einiger Zeit auch einen Standard für die Cross-Plattform-Entwicklung von VR-Software gibt. Allerdings werden die meisten Virtual-Reality-Games für PCs in absehbarer Zukunft wohl Experimente und Early-Access-Versionen wie „A Township Tale“ sein, die parallel für die Standalone-Plattform Quest entwickelt wurden. Das ist aber auch okay.

mehr Game:

Aktuell: