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„Dune“: Ein Blockbuster mit Arthouse-Appeal

Viele Regisseure versuchten bereits, die berühmte Sci-Fi-Saga zu verfilmen. Denis Villeneuve transformiert die Romanvorlage nun zu einem elegischen Epos für die ganz große Leinwand.

Von Christian Fuchs

Gigantische Raumschiffe, finstere Weltraumarmeen, galaktische Königshäuser. Ein diabolischer Imperator, der die dunkle Seite der Macht personifiziert. Als Gegenpol eine fast schon religiös anmutende Erlöserfigur. Das hört sich natürlich auffallend nach „Star Wars“ an. Kein Wunder, ein gewisser George Lucas ließ sich 1977 ausführlich von der visionären Science-Fiction-Romanreihe „Dune“ inspirieren, zumindest was die plakativsten Elemente betrifft.

Der FM4 Filmpodcast

Ein Tauchgang in die Tiefen und Untiefen des (FM4) Filmuniversums. Montags um Mitternacht auf FM4. Diese Woche: Die Welt von Dune.

Dabei wurde der Wüstenplanet-Zyklus des amerikanischen Autors Frank Herbert eigentlich zuerst von der jugendlichen Gegenkultur begeistert aufgenommen. Drogen, Ökologie, Feminismus gehörten zu den Schlüsselthemen in den sechs Bänden, die zwischen 1965 und 1985 erschienen sind. Schon bald interessierte sich auch Hollywood für den Stoff, besonders das erste Buch hatte es der Filmwelt angetan.

Am legendärsten ist wohl der gescheiterte Versuch von Alejandro Jodorowsky, einem Künstler, den man zurecht Kultregisseur nennen darf, „Dune“ zu adaptieren. Zusammen mit dem Comiczeichner Moebius entwarf er ein Storyboard voller irrlichternder Psychedelik. Orson Welles, Salvador Dali oder Mick Jagger sollten Rollen übernehmen, der spätere „Alien“-Designer H.R. Giger für die Dekors sorgen. In der großartigen Doku „Jodorowsky’s Dune“ lässt sich die Geschichte dieser Nichtverfilmung fasziniert verfolgen.

Von Lynch zu Villeneuve

1984 präsentierte dann David Lynch seine Version des Wüstenplaneten. Bis heute ist der Science-Fiction-Streifen für den Avantgardekino-Meister ein wunder Punkt in seiner Filmografie. Die enormen Schwierigkeiten beim Dreh, die Streichungen vieler Szenen aus Budgetgründen, die drastischen Kürzungen im Schneideraum, all das ließ „Dune“ zu einem Albtraumprojekt für Lynch werden.

Restrospektiv betrachtet bietet der Film zwar etliche bizarre und berauschende Szenen, die sich in das extravagante Schaffen des Ausnahmeregisseurs einfügen. Aber der campy Look erinnert aus heutigem Blickwinkel eher an 80ies-Musikvideos als lyncheske Meisterwerke, die konfuse Story wird, so meinen Auskenner*innen, den Ideen von Frank Herbert kaum gerecht. File under: Schönstes Scheitern.

Maximale Kontrolle hatte dagegen nun Denis Villeneuve bei seiner „Dune“ Neuverfilmung. Der franko-kanadische Regisseur träumte bereits vor Jahrzehnten von einer filmischen Annäherung an Frank Herberts Universum.

Es brauchte aber erstaunliche Karrieresprünge, die Villeneuve zuerst absolvieren musste, vom gefeierten Arthouse-Drama („Incendies“, 2010) über schockierende Polithriller („Sicario“, 2015) bis zum Science-Fiction-Film „Arrival“ anno 2016. Mit seinem ambitioniertem Sequel „Blade Runner 2049“ hat sich Villeneuve aber endgültig als potentieller „Dune“ Regisseur empfohlen.

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„Star Wars“ für Goths

Was alle Filme von Denis Villeneuve verbindet, ist eine enorme Ernsthaftigkeit, die von Kritiker*innen bisweilen als humorlos ausgelegt wird. Dabei nähert sich der Regisseur einfach kommerziellen Produktionen mit der selben Seriosität wie seinen frühen Kunstkino-Streifen. Er unterwirft sich nicht den Gesetzen diverser Genres, wie es eben im Entertainmentkino üblich ist, sondern unterwandert sie.

Eindringliche moralische Konflikte, Reflexionen über Gewalt und Macht, Raum und Zeit, Liebe und Tod sind Villeneuve wichtiger als aufheiternde Oneliner oder der obligatorische Mega-Showdown.

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Klingt staubtrocken, schon klar. Aber Denis Villeneuve ist vor allem auch ein großer visueller Erzähler, der neben dem Hirn immer auch auf das Herz zielt. „Sicario“ lässt den Puls des Publikums in die Höhe schnellen. Bei „Arrival“ ist der Griff zum Taschentuch unvermeidbar, zumindest den Schreiber dieser Zeilen berührten wenig Filme so intensiv.

„Dune“ folgt nun der Konsequenz der bisherigen Werke von Villeneuve, was im Kontext spektakelhafter Science-Fiction-Blockbuster durchaus beachtlich ist. Alles, was beispielsweise die Fans von „Star Wars“ lieben, von der Achterbahn-Action über die omnipräsenten Witzeleien, fehlt ganz bewusst. „Dune“ ist „Star Wars“ für Goths. Ein interplanetarer Fiebertraum in Sepiabraun und Nachtschwarz. Extrem elegisch, zwischen bemühtem Realismus und surrealer Pracht.

Strenge Kostüme, innovative Sets

Spice heißt die Substanz in dem Film, die das Universum am Laufen hält. Ein magischer Treibstoff mit psychotropen Eigenschaften, der Navigationen durchs All erst ermöglicht – und der nur auf dem Wüstenplaneten Arrakis zu finden ist. Als der humanistische Herzog Atreides dort die Verwaltung übernimmt, nach der diktatorischen Herrschaft des Baron Harkonnen, ahnt er einen Hinterhalt. Im Laufe der heftigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Kriegsparteien wird der junge Thronfolger Paul Atreides zur Schlüsselfigur.

Während David Lynch bei „Dune“ eher die esoterischen und übersinnlichen Komponenten reizten, forciert Denis Villeneuve den politischen Subtext. Er lässt den Wüstenplaneten oft wie den mittleren Osten wirken, erinnert an den ewigen Krieg um das Öl, erzählt von Ausbeutung und Kolonialismus.

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Dabei vermittelt sich die Schwere der Inhalte glücklicherweise weniger über endlose Dialoge als über die Form, die Schauwerte, über riesengroße und ganz kleine Gesten. „Dune“ entwickelt einen hypnotischen Sog aus Bildern und Sounds. Der genreaffine Kameramann Creig Fraser („Star Wars: Rogue One“) besticht mit umwerfenden Kompositionen, Hans Zimmer liefert ein Best-Of seines musikalischen Schaffens, von minimalistische Synth-Klängen bis zum erwarteten Ethno-Tribal-Bombast.

Verursachten die bisherigen Filme von Villeneuve auch tiefe emotionale Erschütterungen, löst „Dune“ vor allem Staunen aus. Mir fällt kein vergleichsweise aufwändiger Film aus jüngster Zeit ein, der so sehr mit strengen Kostümen betört, die zu modernen Theaterinszenierungen passen, der solche atemberaubend innovativen Sets bietet.

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Zweieinhalbstündiger Pilotfilm

Das Schauspielensemble agiert makellos in diesem Umfeld. Rebecca Ferguson überzeugt als knochenharte Frau des Herzogs, die charismatische Zendaya brilliert (zu kurz) als Wüstenkriegerin, das bärtige Trio Oscar Isaac, Josh Brolin und Jason Momoa verkörpert altmodische Alphamänner, gegen die sich Timothée Chalamet als sensibler Paul Atreides noch mehr abhebt.

Der Jungstar trägt das schwere Gewicht einer mehrteiligen Weltraum-Saga souverän auf seinen schmalen Schultern. Apropos: Selbst wenn dieser epische Blockbuster nach der ganz großen Leinwand schreit, wirkt „Dune Part 1“ am Ende doch auch wie ein zweieinhalbstündiger Pilotfilm. Das ist, neben einigen finalen Längen, der einzige Einwand gegen Denis Villeneuves Blockbuster mit Arthouse-Appeal.

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FM4 Film Podcast: Die Welt von Dune

Alejandro Jodorowsky ist gescheitert. David Lynch hat es versucht. Jetzt präsentiert Denis Villeneuve die angeblich ultimative Verfilmung des Science-Fiction-Romans „Dune“. Pia Reiser, Christian Fuchs und die Philosophin, Performancekünstlerin und Autorin und Projektleiterin von Projekten im Bereich “Artistic Research” KT Zakravsky.
KT Zakravsky diskutieren hitzig über den Wüstenplaneten. Zu hören in der aktuellen Episode des FM4 Filmpodcast, Montag um Mitternacht auf FM4 und überall, wo es Podcasts gibt.

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