Untot, aber quicklebendig

Das seit elf Jahren in Entwicklung stehende Early-Access-Rollenspiel „Project Zomboid“ feiert 2022 phänomenale Auferstehung - ein hochverdienter Überraschungserfolg.

Von Rainer Sigl

Von Spielen, die elf Jahre lang entwickelt werden, darf man sich im Regelfall eigentlich nichts Gutes mehr erwarten. Als das Zombie-Survival-Rollenspiel „Project Zomboid“ 2011 als Alpha im frühen Early Access veröffentlicht wurde, gab’s im TV gerade mal eine allererste, einsame Staffel von „The Walking Dead“ zu sehen. Im Unterschied zur fad gewordenen Fernsehserie ist das Spiel aber jetzt besser als je zuvor.

„Der Comicstil der Grafik täuscht: Hier entfalten sich bedrückende Tragik und jenes beklemmende Bedrohungsgefühl, das ‚Dead Islands‘ Untote in Bermuda-Shorts leider nie und nimmer zu Wege bringen“, habe ich 2011 anlässlich der Review zum eher mauen Zombiemassaker „Dead Island“ über die gleichzeitig erstmals verfügbare Alpha von „Project Zomboid“ geschrieben, und es ist 2022 noch immer aktuell.

Zombie-Survival-Sandbox-RPG

In „Project Zomboid“ steuere ich einen einzelnen Überlebenden in einer von Zombies überrannten Vorstadtwelt, muss auf Gesundheit, Essen und psychische Stabilität achten und am besten eines der leerstehenden Einfamilienhäuschen zombiefest machen. Ein bisschen sieht das von weitem aus wie in der Lebenssimulation „Die Sims“, nur dass die Zombieapokalypse naturgemäß das Gegenteil eines Idylls ist. Barrikaden bauen, Nahrungsmittel plündern und immer drauf hoffen, dass mich keine Zombiehorde bemerkt - ein richtiges Spielziel gibt es zwar nicht, aber das Überleben an sich ist schon Herausforderung genug.

Elf Jahre hat das kleine Entwicklerteam des Spiels mit vielen Höhen und Tiefen an „Project Zomboid“ gearbeitet, dank Early-Access-Modell konnte man aber auch im unfertigen Zustand schon viel Spaß damit haben. Dank stetig wachsender Fan-Gemeinde war die Entwicklung auch über diese lange Zeit halbwegs rentabel, Anfang Dezember 2021 ist aber nun ein Update erschienen, das nochmal alles verändert hat: neue Grafik, neue Spielmechaniken und vor allem die Rückkehr eines Multiplayer-Modus, in dem man endlich wieder gemeinsam mit anderen Überlebenden den Zombies trotzen darf.

Altes Spiel, brandneuer Mega-Erfolg

Während andere Entwickler aus so viel Neuheiten gleich ein separates Spiel gemacht hätten, dürfen sich „Zomboid“-Spieler*innen über jede Menge Rundumerneuerung freuen. Weil sich namhafte Twitch-Streamer wie Shroud oder Summit1g gleich samt Millionenpublikum in die Multiplayer-Apokalypse gestürzt haben, ist mit Build 41 auch ein phänomenaler Erfolg des Spiels eingetreten.

Das Update des eigentlich schon alten Spiels hat „Project Zomboid“ vom Nischenerfolg zum Phänomen gemacht und überraschenderweise an die Spitze der Steam-Verkaufs-Charts katapultiert. Zeitweise waren in den letzten Tagen bis zu 65.000 Spieler*innen gleichzeitig in dieser Zombieapokalypse unterwegs.

Fertig ist das Spiel aber immer noch nicht. Egal, wie lange es noch dauert: „Project Zomboid“ ist schon jetzt ein Beweis dafür, dass gut Ding manchmal Weile braucht. Dem ehrgeizigen Ziel, irgendwann das ultimative Zombie-Survival-Rollenspiel zu werden, ist „Project Zomboid“ jedenfalls einen großen Schritt näher gekommen.