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Alfie Templeman vor buntem Hintergrund

Lillie Eiger

Alfie Templeman und sein Debütalbum „Mellow Moon“

Alfie Templeman aus England ist 19 Jahre alt und macht pastellfarbenen Pop mit Indie-Rock-Wurzeln. Nach mehreren EPs, also Minialben, hat Alfie Templeman nun sein erstes richtiges Album heraußen: „Mellow Moon“ beinhaltet auch eine Zusammenarbeit mit Justin Young von der Londoner Band The Vaccines.

von Eva Umbauer

„I´d listen to people like Rex Orange County and Mac DeMarco and that really inspired me.“ - Alfie Templeman

Alfie Templeman kommt aus einem kleinen Ort in Bedfordshire, etwa 200 Kilometer nördlich von London, und zwar aus einer ziemlich gewöhnlichen Familie, wie er im FM4-Interview erzählt. „We are quite working class“, meint er. Wenn er ein neues Mikro wollte oder ein neues Musikinstrument, musste er erst einmal sein Taschengeld sparen. Manchmal half sein Großvater aus und schoss einen Geldbetrag zu. Verständnis für die Musikleidenschaft von Alfie hatten alle in seiner Familie, es war seine Mutter, die ihn ermutigte zu singen, nachdem er erst Instrumental-Tracks erschuf. Alfies Vater spielt Gitarre, sammelt alte, beschädigte Gitarren von Flohmärkten, die er herrichtet.

Alfies Papa hat auch eine ziemlich große Plattensammlung, die eine Inspirationsquelle für den Jungen ist. Mr. Templeman Sr. kommt, wenn möglich, auch auf Tour mit, nicht etwa um den Sohn zu kontrollieren, sondern einfach als Unterstützung. Alfies ältere Schwester ist ebenfalls musikalisch und spielt Trompete und Klavier. Von ihr sah Alfie bereits als Kind, wieviel Freude das Spielen machen kann, also wollte er das auch tun. Piano, Gitarre und Cello sind seine Instrumente - er hat sie sich selbst beigebracht, außerdem spielt er Schlagzeug, da hat Alfie richtigen Unterricht bekommen. Wenn er zuhause in seinem Studio, im Haus seiner Eltern, Musik aufnimmt, beginnt er auch meistens mit den Drums.

Inzwischen ist Alfie Templeman in seiner musikalischen Laufbahn ein Stück weiter, sein Homestudio zuhause bei den Eltern bleibt aber weiter seine Homebase. Es ist ein guter Ort für ihn, insgesamt und besonders in unsicheren Zeiten. Alfie Templeman hatte Anfang 2020 mit der Arbeit an seinem Debütalbum begonnen, aber dann fing bekanntlich die Pandemie an. Wo sich andere junge Menschen vielleicht sagten, ach was, mir kann das Virus wahrscheinlich nicht so viel anhaben, da musste Alfie von Anfang an vorsichtig sein, hat er doch eine seltene Lungenkrankheit, die Kinder und sehr junge Menschen betreffen kann. Sie beeinträchtigt ihn nicht größer, dennoch war Vorsicht angebracht.

Alfie isolierte sich also bereits früh im ersten Pandemiejahr, und ziemlich lange, was ihn dann depressiv machte. Ein Thema, das nicht nur ihn betrifft, und das auch auf seinem Debütalbum Platz findet. „Mellow Moon“, so der Titel des Albums, ist aber eine grundsätzlich optimistische Platte, so wie eben die Persönlichkeit von Alfie Templeman ist - voller Tatendrang, leidenschaftlich, warmherzig, empathisch, sensibel, aber auch widerstandskräftig.

Die Suche nach Pop-Perfektion treibt Alfie Templeman an. Von klassischem britischem Indie-Rock kommend, aber auch etwa von alter US-Soulmusik der 60er und 70er Jahre, agiert Alfie mit seinen Songs stets eskapistisch. Sein zärtlicher Indie-Pop - mal retro, mal sehr modern - soll uns und ihn selbst wo anders hinbeamen, letztlich in eine bessere Welt. Da werden textlich schon mal Einhörner bemüht, mit denen man sich auf die Reise macht - beim Albumtitelsong „Mellow Moon“. Es gilt, dem langweiligen Nachmittag, im Büro oder sonstwo, zum Mond zu entfliehen, mit 500 Party-Luftballons voller Fabelwesen drauf.

Wer dem Alter, in dem man Einhörner liebt, bereits entwachsen ist, findet dennoch so manchen Bezugspunkt auf „Mellow Moon“, um das Debütalbum von Alfie Templeman zu mögen, etwa beim wunderschönen, atmosphärischen und an Bowie, Radiohead oder Pink Floyd erinnernden Song „Just Below The Above“, wo Alfie für ausgebrannte Seelen aller Altersgruppen singt „Stay today and we´ll float away, after all these years we are still ok.“

Alfie Templeman "Mellow Moon"

Chess Club/Rough Trade

„Mellow Moon“ von Alfie Templeman ist am 27.5.2022 bei Chess Club Records erschienen.

Alfie Templeman ist auf „Mellow Moon“ happy/sad - er ist bittersüß, so wie Radiohead das oft in ihren Songs sind, wo man erst nicht genau weiß, ist das nun ein düsterer oder ein glücklicher Song. Bei „Do It“ geht es um Verlust, das joviale „Colour Me Blue“ hebt die Stimmung stark an, genauso wie „Candyfloss“, wobei bei letzterem Song - er erinnert ein wenig an The 1975 - wieder mitschwingt, ob das möglicherweise nur einen kurzen Augenblick andauern könnte.

Das federleichte „Folding Mountains“ hat ein wenig etwas von der englischen Band Everything Everything, „You´re A Liar“ entstand zusammen mit Tom McFarland von der ebenfalls englischen Band Jungle, „Take Some Time Away“ könnte von den Last Shadow Puppets - Alex Turner und Miles Kane - sein, „Leaving Today“ ist ein Shoegaze-Song, „Galaxy“ hat ein stürmisches Gitarrensolo, „3D Feelings“ ist ein unwiderstehlicher Disco-Track - gemeinsam erschaffen mit Justin Young von der Londoner Band The Vaccines.

Der wohl bisher größte Pop-Song von Alfie Templeman samt tollen Keyboards und ebenso tollem Refrain ist aber „Broken“. Justin Young von den Vaccines half ihm, wie er im Interview berichtet, „to piece this track together. He helped me find ways to describe what was going on in my head.“

Das Gitarrenriff von „Broken“ erschuf Alfie schon als er erst 14 war. Inhaltlich geht es in diesem Stück um das sehr aktuelle Thema der mentalen Gesundheit: „I’ve spoken about mental health to friends and on social media, but I’ve never been this open about it in my music. Because of that, I didn’t want to go too emo straight away - I didn’t want to go full Elliott Smith. It’s an upbeat pop song, but the lyrics are sad.“

Alfie Templeman bezeichnet sein „Mellow Moon“-Album als Mischung aus „R&B, pop, folk and rock - with crazy guitar solos but also little bits of jazz.“ Weiters sagt er dazu im Interview mit dem britischen Musikmagazin NME: „It’s basically everything that I’ve ever done, taken to a higher level.“ Der Albumtitel kommt daher, dass Alfie Templeman einen safe space hat, den er „mellow moon“ nennt. Er begibt sich in Gedanken dorthin, wenn er entspannen möchte, wenn allzuviel in seinem Kopf los ist.

„I’m from a small place in the middle of nowhere and I’ve made a career out of bringing the ideas that float around in my brain to life.“ - Alfie Templeman

Es war Zeit, so findet Alfie Templeman, auch andere in seinen „safe space“ einzuladen. Absolut. Nach vielen Singles und EPs endlich nun ein erstes komplettes Album von Alfie Templeman, das insgesamt sehr poppige und pastellfarbene „Mellow Moon“. Genießen wir diesen Moment, aber da kommt noch viel mehr von Alfie - the future is bright for Alfie T.

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