FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Filmstills "Fire Island"

20th Century Studios

„Fire Island“: Herzlich Willkommen im schwulen Disneyland

Regisseur Andrew Ahn bastelt rund um den queeren Partyhotspot vor den Toren New York Citys eine Rom-Com. In dem Film verbringt eine Freundesgruppe ihren Sommerurlaub in dem schwulen Disney Land. Sie feiern, streiten, cruisen und verlieben sich. Mit dabei Comedy-Newcomer Joel Kim Booster und Superstar Margaret Cho.

Von Philipp Emberger

„Finally, my girls have arrived!“, schreit Erin (Margaret Cho) den Ankömmlingen auf Fire Island entgegen. Die Girls – das ist eine Mittdreißiger-Clique bestehend aus fünf queeren Freunden. Sie verbringen im Haus ihrer lesbischen Freundin Erin ihren Sommerurlaub. Fire Island ist der place to be – vor allem für schwule Männer. Dort gibt es wilde Partys, schöne Natur und hemmungslosen Sex. Das sind dann auch die Grundzutaten für die Rom-Com von Regisseur Andrew Ahn. Er zeigt die Freundesgruppe wie sie feiert, streitet, cruist und sich verliebt.

Im Zentrum der Handlung stehen der athletisch und gut aussehende Noah (Joel Kim Booster) und sein einsamer best buddy Howie (Bowen Yang). Noahs Mission ist es, endlich einen Typen für seinen besten Freund aufzureißen. Sollte ja eigentlich kein Problem sein – an Männern mangelt es auf Fire Island eher nicht.

„Fire Island“ ist eine moderne Interpretation von Jane Austens „Stolz und Vorurteil“. Das klingt vielleicht erstmal mühsam, ist es aber ganz und gar nicht, denn das Motto lautet hier, wie Noah gleich zu Beginn, feststellt: “No offence to my girl Jane, but that sounds like some hetero nonsense to me!” Und hetero Nonsense findet man hier nur in den Traumvorstellungen von Howie, der sich romantisch verseucht eine Flughafenszene wie in unzähligen Rom-Coms schon gesehen, wünscht.

Filmstills "Fire Island"

20th Century Studios

Matt Rogers, Zane Phillips & Tomas Matos

Know your history

Das historische Erbe von Fire Island als Treffpunkt und Rückzugsort für die queere Community ist riesengroß. In der Vergangenheit haben sich hier Künstler*innen aller Branchen versammelt, gearbeitet, Urlaub gemacht. Zu den berühmtesten Namen zählen Oscar Wilde, James Baldwin und Patricia Highsmith. Die beiden Siedlungen Fire Island Pines und Cherry Grove wurden – vor allem im Vergleich zum naheliegenden New York City – schon frühzeitig zum Hotspot für die Community und haben ein freies, offenes Ausleben der Sexualität möglich gemacht. Gleichzeitig war das Verhältnis zwischen den überwiegenden Sommerbewohner*innen von Fire Island und der Community in NYC nicht immer spannungsfrei. Dem Kampf gegen die AIDS-Krise etwa haben sich die Island-Bewohner*innen nur zögerlich angeschlossen.

Filmstills "Fire Island"

20th Century Studios

Nicht alles läuft gut im im sonnigen Fire Island

Die lange Geschichte würdigt Regisseur Ahn auch in kleinen Dosen. Da gibt es etwa eine in Powerpoint zusammengeschusterte Erklärung der „Tea Dances“, die in den 60ern gegründet wurden und zu einem Fixpunkt im Veranstaltungskalender geworden sind. Etwas mehr solcher Einordnungen hätte der Film aber durchaus vertragen. In dem kürzlich erschienen Buch „Fire Island: Love, Loss and Liberation In An American Paradise“ des britischen Autors Jack Parlett wird die Geschichte der Insel umfangreich aufgearbeitet.

Joel Kim Booster = der nächste Comedy-Superstar?

„Fire Island“ verbindet ernste Themen mit spitzer Comedy und liefert pointierte Gags. Thema sind etwa die Klassenunterschiede – gerade Fire Island hat sich auch einen Namen gemacht als Treffpunkt für reiche, weiße Männer. Ebenso aufs Tapet kommen die teils toxischen (Körper-)Standards innerhalb der schwulen Community. Die Szenen, in denen das angesprochen wird, gehören zu den besten des Films. Regisseur Andrew Ahn hätte sich gemeinsam mit dem Drehbuchautor und Hauptdarsteller Booster teilweise noch mehr trauen können.

Filmstills "Fire Island"

20th Century Studios

Will (Conrad Ricamora) und Noah (Joel Kim Booster) haben ihr ganz eigenes Thema

Joel Kim Booster ist derzeit wohl die heißeste Aktie in der US-amerikanischen Comedyszene. In „Fire Island“ gibt er nicht nur den Hauptdarsteller, sondern war auch als Drehbuchautor dabei. Booster, der selbst homosexuell ist, feiert gerade mit seinem Comedy-Special „Joel Kim Booster: Psychosexual.“ (zu sehen auf Netflix) große Erfolge. Dazu kommt noch Comedy-Superstar Margaret Cho. Der Cast und der leicht satirische Zugang machen den Film mehr als sehenswert. „Fire Island“ ist zwar sicher nicht perfekt. Die Story holpert stellenweise und ist auch nicht mega innovativ. Es ist aber irgendwie alles egal. Das Setting, die Themen und der Ton überzeugen.

„Fire Island“ ist auf Disney+ zu sehen.

mehr Film:

Aktuell: