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Ein Trio Infernal rettet die USA: „Amsterdam“

Die gute Nachricht: Endlich gibt es einen neuen Film von David O. Russell. Die schlechte Nachricht: Der amerikanische Regie-Exzentriker hat schon bessere Werke gedreht. Sehenswert ist diese Politkomödie aber alleine wegen der irren Besetzung.

Von Christian Fuchs

Der Sturm auf das Kapitol im Jänner 2021 steht in einer dunklen, amerikanischen Tradition. Immer wieder gab es Putschversuche in der Geschichte der Vereinigten Staaten. 1933 versuchte eine Gruppe reicher Unternehmer den Präsidenten Roosevelt zu stürzen. Der sogenannte Business Plot scheiterte bald, die Verschwörer entpuppten sich aber als Neonazi-Netzwerk.

Eine Geschichte, die tatsächlich traurige Tagesaktualität besitzt und die sich nach einem Stoff für einen düsteren Politthriller anhört: Verfilmt wurde der einstige Anschlag auf die amerikanische Demokratie aber ganz anders. „Amsterdam“ wirkt skurril, manieristisch, durchzogen von einem konstanten Hauch feiner Ironie. Das hat mit dem Regisseur zu tun, der die historischen Fakten aufgegriffen hat. David O. Russell, ein einstiger Indie-Exzentriker, der den Sprung in den Mainstream geschafft hat.

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Staraufgebot bis in die kleinsten Nebenrollen

Filme von David O. Russell sind bevölkert von schrulligen, schusseligen Charakteren, wie man sie früher auch in den Werken von Woody Allen gefunden hat. Schauspielerinnen und Schauspieler reißen sich um diese Figuren, von Frühwerken wie „I Heart Huckabees“ bis zu späteren Ensemble-Epen wie „American Hustle“ kommen die Filme von Russell mit gigantischem Staraufgebot daher.

Der US-Regisseur David O. Russell steht für Ensemblefilme, in denen Stars ihre durchgeknallten Seiten zeigen. Die Bandbreite reicht von wahnwitzigen Komödien wie „I Heart Huckabees“ und „Silver Linings Playbook“ bis zum Kleinganoven-Epos „American Hustle“. Große Schwierigkeiten hatte die amerikanische Kritik mit „Amsterdam“, dem neuen Film von David O. Russell, in Österreich startet er erst gar nicht in den Kinos, er ist via Disney+ zu sehen.

„Amsterdam“ toppt aber sogar noch die Casting-Coups der Vergangenheit, Chris Rock, Anya Taylor-Joy, Zoe Saldaña oder Robert De Niro huschen in den 134 Minuten durch das Bild, sogar kleine Nebenrollen sind mit Taylor Swift oder Rami Malek prominent besetzt. Und dann haben wir da die drei Hauptdarsteller. Christian Bale (mit Glasauge), Margot Robbie und John David Washington vereinen sich zum charmanten Trio Infernal.

Der Ex-Batman und der „Tenet“-Star spielen zwei Heimkehrer aus dem 1. Weltkrieg, die das Inferno mit Verwundungen überlebten, die zukünftige Leinwand-„Barbie“ hat sich die Rolle einer selbstbewussten Gesellschaftsdame und Künstlerin auf den Leib schneidern lassen. Allesamt werden sie in den erwähnten Business Plot verwickelt - und müssen die Demokratie retten.

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Symbol für unbeschwerte Utopie

Meine erste Reaktion auf die Ankündigung dieses Films damals: Begeisterung. Ich vergesse David O. Russell nicht die vielen Lacher und auch Tränen der Rührung, die mir RomCom-Meisterwerke wie „Silver Linings Playbook“ schenkten. Getrübt wurde die Vorfreude auf „Amsterdam“ dann durch miserable Kritiken und traurige Einspielergebnisse in den USA, ein Kinostart hierzulande fand gar nicht erst statt.

Mittendrin in dem Film, der über den Riesenfernseher eines Freundes flimmert, verstehe ich das Dilemma dahinter ein wenig. „Amsterdam“ ist David O. Russells harmlosester und irgendwie auch glattester Film und gleichzeitig unnötig kompliziert erzählt. Cinephile werden sich an schwächere Arbeiten der Coen Brüder erinnert fühlen, die auch an einem ähnlichen Gegensatz litten.

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Klingt vernachlässigbar? Jetzt muss der Russell-Fanboy Einspruch erheben. Ein schwaches Werk dieses wunderbaren Regisseurs ist immer noch sehenswert. Alleine schon wegen der berührenden Story hinter dem Filmtitel. Bale, Robbie und Washington treffen sich, lange vor der Ereignissen rund um den Putsch, zufällig in der holländischen Stadt - und erleben dort eine traumhafte, verliebte Zeit zu dritt. „Amsterdam“ wird so zum Symbol für eine Utopie der Unbeschwertheit, die wir alle dringend brauchen können.

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