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Chained Echoes

Matthias Linda

Retro topmodern

„Chained Echoes“ unterzieht sein staubiges Genre einer Verjüngungskur - ein Spiel sowohl für Fans als auch für Verächter japanischer Rollenspiele.

Von Rainer Sigl

Was macht ein JRPG aus, also ein Rollenspiel der japanischen Games-Tradition? In Spielen wie „Final Fantasy“, „Kingdom Hearts“, „Persona“ oder „Dragon Quest“ steuere ich meist eine Gruppe von mangatypisch kulleräugigen Held*innen durch eine riesige Fantasy-Welt.

Die Frisuren sind exzentrisch bunt, die Waffen übergroß, der Tonfall schwankt zwischen Pathos und Überdrehtheit. Meist geht’s bombastisch und nicht selten klischeehaft um den drohenden Weltuntergang, den nur meine Held*innen mit verhindern können, und zwar in endlos langen Dialogen und taktischen Rundenkämpfen.

Das „Grinding“, also die Notwendigkeit, die immerselben Kämpfe wieder und wieder zu absolvieren, um Stärke für den nächsten Bosskampf zu sammeln, ist in der DNA dieser Spiele fest verankert, nicht selten generieren sie daraus ihre oft hunderten Stunden Länge. Das muss nicht sein, zumindest beweist das gerade ein kleiner, erfolgreicher Geheimtipp im Genre.

Außen nostalgisch, innen radikal schlank

„Chained Echoes“ ist ein durch und durch nostalgisches JRPG, zumindest auf den ersten Blick. Mit seinem schicken Pixelstyle sieht es aus wie ein klassisches „Final Fantasy“ der Super-Nintendo-Ära, die Geschichte kommt auf den ersten Blick genauso bombastisch, episch und umfangreich daher wie sonst auch immer, und auch Rundenkämpfe sind mit dabei.

Das Spiel ist allerdings kein Werk japanischer Retro-Fans, sondern das Werk eines deutschen Ein-Mann-Entwicklerstudios. Und es macht bei aller Liebe und Ehrerbietung gegenüber seinem Genre und bei allem Fanservice einiges besser als die meisten anderen Spiele seiner Nische.

„Chained Echoes“, entwickelt von Matthias Linda und vertrieben von Deck 13, ist für Windows, Xbox, PS4/5 und Nintendo Switch erschienen.

Die wichtigste, aber nicht die einzige Änderung zum Genrestandard: Die Kämpfe sind weit weniger zahlreich und bieten originelle Spielmechaniken; auf Wiederholungen und ermüdenden Grind wird dafür fast völlig verzichtet. Das macht mit einem Schlag endlose Stunden stumpfsinnigen Monsterabgransens obsolet und stellt interessante Kampftaktiken und eine starke Story in den Vordergrund.

Chained Echoes

Matthias Linda

Krieg und Frieden, Steampunk-Style

Die Geschichte von „Chained Echoes“ erzählt spannend und ambitioniert von Krieg und Verrat in einer Steampunk-Fantasywelt, die Figuren sind im Gegensatz zu vielen anderen JRPGs durchaus komplex charakterisiert, die Dialoge kommen gnädigerweise ohne große Laberexzesse und Peinlichkeiten aus, stattdessen herrscht meist erfrischend lakonischer Humor.

Optisch und in Sachen orchestraler Soundtrack kann das liebevoll gestaltete Debüt- und Herzensprojekt des deutschen Entwicklers Matthias Linda mit seinen großen Vorbildern durchaus mithalten. Es ist aber vor allem der große Mut zur Reduktion an den richtigen Stellen, der „Chained Echoes“ trotz Retro-Optik und viel Nostalgie zu einem wunderbar modernen Spiel macht.

Was aussieht wie Nischennostalgie, ist tatsächlich eine absolute Rollenspiel-Empfehlung auch und vor allem für jene, die sonst keine Lust auf „Final Fantasy“ & Co haben.

FM4 Spielekammerl-Show: „Persona“-Special

Donnerstag, 19. Januar 2023, ab 17 Uhr

Anlässlich der Neuauflagen von „Persona 3 Portable“ und „Persona 4 Golden“ spielt Robert Glashüttner in der aktuellen FM4 Spielekammerl-Show in beide Games hinein und widmet sich der faszinierenden Kombination von japanischem Schulalltag und dämonischem Monsterbekämpfen. Später stößt dann Serienauskenner Christoph Sepin dazu, um mitzuspielen und Expertenfragen zu beantworten.

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