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Loretta

Yakov Butuzoff

Schwarze Witwe im Weizenfeld

Das Point&Click-Adventure „Loretta“ ist ein beeindruckend düster inszenierter Hitchcock-Thriller zum Selberspielen.

Von Rainer Sigl

Das Jahr ist 1947, der Schauplatz: irgendwo im Süden der USA, am Rand einer gottverlassenen Kleinstadt. Die Farm inmitten von Weizenfeldern ist halb verrottet, das Leben von Loretta Harris ist trist. Ihr Mann ist Autor und betrügt sie, die Ehe ist lieblos und die Großstadt lockt.

Dann ist da noch die plötzlich entdeckte Lebensversicherung des Gatten, die ein Vermögen wert ist - und für die unzufriedene Hausfrau eine tödliche Versuchung und eine Chance auf ein anderes Leben darstellt. Das ist die Ausgangssituation im ungewöhnlichen Pixel-Adventure „Loretta“. Man verrät nicht zu viel, wenn man sagt: Von da an geht’s bergab.

The Downward Spiral

„Loretta“ ist ein düsterer psychologischer Thriller, in dem sich die titelgebende Antiheldin immer tiefer in einen blutigen Strudel aus Gewalt verstrickt. Wie in einem Film von Alfred Hitchcock oder der Coen-Brüder führt eine fatale Entscheidung zur nächsten, bis am Schluss alle Dominosteine gefallen sind.

„Loretta“, entwickelt von Yakov Butuzoff und im Vertrieb von DANGEN Entertainment, ist für Windows erschienen.

Die finstere Geschichte, die hier erzählt und von den SpielerInnen an entscheidenden Punkten geformt wird, ist ein waschechter Genrekrimi in einem historisch und soziologisch interessanten Setting, erwachsen geschrieben und differenziert erzählt.

Besonders spannend ist dabei, wie das grafisch eigentlich minimalistische Spiel immer wieder seine dramatischen Momente mit Musik und simplen, aber effektvollen Mitteln inszeniert. Der Pixelstil ist hier kein niedlich-nostalgisches Retro-Stilmittel, sondern souverän und absichtsvoll eingesetzter Minimalismus - mit dem ein oder anderen Augenzwinkern Richtung Kunst- und Filmgeschichte.

Loretta

Yakov Butuzoff

Zwischen Visual Novel und Adventure

Nach etwa drei Stunden ist „Loretta“ an einem Ende angelangt, hin und wieder durfte man in diesem linearen Drama auch ein bisschen anders abbiegen - das Hauptaugenmerk des Spiels eines russischen Kleinststudios liegt aber weniger auf Entscheidungsfreiheit und mehr auf der straffen Erzählung und der selbstbewussten Inszenierung. Das erinnert in seinen Einschränkungen manchmal durchaus eher an die Nische der Visual Novels als an klassische Point&Click-Rätselkost.

Spielerisch gibt es hier dementsprechend keine besonderen Herausforderungen, die Rätsel und Minispiele sind nicht der Rede wert, tragen aber dazu bei, dass man sich mit dieser zerrissenen Antiheldin identifiziert. „Loretta“ ist atmosphärisch und packend; ein ebenso ungewöhnlicher wie beeindruckender Adventure-Geheimtipp.

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