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T.C. Boyle im Interview zu „Blue Skies"“

Der US-amerikanische Star-Autor T.C. Boyle über seinen neuen Roman „Blue Skies“, über Influencer und Humor. Und über die Zerstörung der Umwelt, Insektensterben und die Essenz seines Schreibens.

Von Zita Bereuter

T.C. Boyle hat viele Kurzgeschichten geschrieben und 19 Romane. Immer wieder ging es darin um Natur und Umweltzerstörung. 2000 etwa erschien der Roman „A Friend of the Earth“ (auf Deutsch „Freund der Erde“), angesiedelt im Jahr 2025, in dem es unter anderem um die globale Erderwärmung, die Zerstörung der Umwelt und das Artensterben ging. Eine Dystopie, die als Science-Fiction abgetan wurde. Dass diese Dystopie so schnell real wird, hätte T.C. Boyle nie erwartet. Tatsächlich würden wir diese Realität schon seit 2015 erleben. Deswegen habe er „Blue Skies“ geschrieben, wie er bei seinem jüngsten Besuch in Wien im Interview erzählt: „To see what it’s now and in the immediate future. We are living with it now.”

Dass sich Politik, Wirtschaft oder Industrie so gut wie gar nicht mit der Zerstörung der Umwelt auseinandersetzen, erklärt er trocken: „It’s our tendency as humans to ignore, what we don’t like.” Die Rechts-außen-Politik fände den Klimawandel unangenehm, viele leugnen ihn einfach ganz.

Daiquiris & gegrillte Heuschrecken im Schatten des Untergangs - Rezension von „Blue Skies“ von Boris Jordan

In „Blue Skies“ konzentriert sich T.C. Boyle auf eine Familie, die in Kalifornien lebt. Die Sonne scheint dort mittlerweile aggressiv: Es gibt Trockenheit und Waldbrände, gefolgt von Überschwemmungen und Murenabgängen. T.C. Boyle lebt selbst in Kalifornien und hat das unmittelbar in seinem Wohnort miterlebt, wo es 14 Tote durch Unwetter gab. Jede und jeder von uns lebt mit dem katastrophalen Klimawandel. Er fragt sich: „How are we going to do it? How do we move forward?” Das habe ihn angespornt, das Buch zu schreiben.

Buchcover mit einer brennenden Palme

Hanser

„Blue Skies“ von T.C. Boyle ist in der Übersetzung von Dirk van Gunsteren bei Hanser erschienen.

Daneben beschäftigt T.C. Boyle auch das weltweite Verschwinden der Insekten. Die Anzahl der Insekten ist extrem zurückgegangen. Das sollte uns alle mehr beschäftigen, als es vielleicht tut. „People say: Huh, they are insects. We haven’t even noticed them. Unless they are biting us. But I wonder about the food chain. And the bottom of the food chain. We are at the top. But: What if it collapses?”

Aus der Bibel kennt man die Geschichte mit der Schlange. Sie schleicht sich glänzend und glitzernd ins Paradies, verführt Eva und bringt die Sünde mit. Die Folge ist die Vertreibung aus dem Paradies. Mit Schlangen beginnt auch „Blue Skies“: „Sie waren wie Schmuck, wie ein lebendiger Schmuck, und sie stellte sich vor, wie sie sich eine um die Schultern legen und vor Bobo oder dem Cornerstone an einem Tisch auf dem Bürgersteig sitzen würde, und Leute würden vorbeigehen und so tun, als würden sie sie nicht bemerken. Es wäre ein Statement, so viel war sicher.“

Dass er mit einer Schlange beginnen wollte, war für T.C. Boyle von Beginn an klar. Einer der motivierenden Faktoren für dieses Buch war ein Zeitungsartikel über einen Zwischenfall mit einer Schlange (nachzulesen in „Blue Skies“). Die Schlange wird darin von einer Influencerin, der Tochter der Familie, gekauft.

We desperately want a purpose

In Influencern sieht der Autor das Abbild des Kapitalismus. Als er jung war, wurde er Künstler, schrieb Geschichten, bekam ein Publikum. „And it’s been wonderful! For influencers it’s the same thing, especially young influencers: They want to attract attention. They are not producing art, but they are producing their videos and they are trying to get sponsorship from cooperations, so they can make money.”

Vom Inhalt soll nichts gespoilert werden. T.C. Boyle beschreibt jedenfalls eine Apokalypse, in der wir uns bereits befinden. Keine Science-Fiction – das alles ist unsere Gegenwart. Erträglich ist das nur mit viel Humor - schwarzem Humor voller Ironie und Zynismus. Humor ist ihm sowieso sehr wichtig: „It’s just my nature. It’s the way I grew up. It’s the way I am.”

Im Englischen gäbe es den Begriff wise-ass – Klugscheißer. „I make jokes in a dark way because it’s like whistling past the graveyard (Anm.: zu pfeifen, wenn man Angst hat). It shouldn’t happen to us. If we create a scenario and laugh about it, maybe it won’t happen to us. It’s a kind of spell, I guess.”

If we laugh about it, maybe it won’t happen to us

Man möchte lachen, aber das wird auf uns zukommen. Zumindest kann man bei T.C. Boyle davon bereits lesen: „The thing I have written about from the beginning is the soul factor of human existence. We live in a mystery. Look how smart and beautiful we are. We have created these machines in which we are talking right now. But there is no purpose to our existence. We desperately want a purpose. There is no God. There is no reason. We are animals constricted by animal life out of a mysterious planet. It disturbs me. It disturbs all of us. And we try to forget about it. But this is the essence of what I write about."

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