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Der Song zum Sonntag: Bilderbuch - „Softpower“

Bilderbuch sind zurück: „Softpower“ und „Dino“ haben gerade noch Livepremiere gefeiert und läuten jetzt die neue Ära der Band ein.

Von Christoph Sepin

Denkst du dein Leben in Kapiteln? Wichtige Abschnitte, die du als Pfeiler nimmst, um Anfang und Ende von neuen Abschnitten zu bestimmen? Das kann Schul- oder Lehrabschluss sein, Beziehungen, Geburten, neue Jobs, der Schluss von dem was war, ein Neustart. Als Orientierungshilfe, um zu kartografieren, wer du warst, wer du bist und wer du sein wirst.

Kapitel können strikt trennen, manche Menschen sehen ihr Leben eher in Zyklen. Wie eine Spirale, die sich dreht. In der sich Dinge wiederholen, in der alles nicht so fix ist, wie: das ist jetzt aus, das beginnt jetzt. Die Vergangenheit kehrt als Echo immer zurück, im Fall von Bilderbuch 2023 hat dieses Echo ganz schön viel Nachhall drauf.

Letzte Woche haben Bilderbuch am Nova Rock zwei neue Songs live gespielt. Jetzt sind „Dino“ und „Softpower“ auch als Studioversionen draußen und markieren eine neue Ära für die Band. Oder ein neues Kapitel, wenn du’s so willst. Eine neue Kurve auf der Karrierenspirale.

Das „echo of the past“ erinnert in „Softpower“ an zwei Namen der britischen Musikgeschichte: Mark Gardener und Andy Bell. Ab den Spät-80ern waren die beiden Gitarristen der Oxford-Band Ride, einer Gruppe, die gerne erwähnt wird, wenn Leute über das damals unterschätzte und heute oft überhypte Subgenre Shoegaze reden.

Shoegazing das heißt: Wall of Sound, Bühnen voller Gitarreneffektpedale, um traumähnliche Instrumentierung zu schaffen. Menschen, die nach unten blicken, in Richtung Pedale und Schuhe, um nicht den Überblick zu verlieren. Deswegen auch der Name, den die Szene niemals haben wollte: Shoegaze. Gardener und Bell haben diese Soundwände mitgezimmert, Mauern, die sich mit Bilderbuchs „Softpower“ jetzt sanft zur Seite lehnen.

Bilderbuch

Lucas Christiansen

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  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist*innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Wegweisende Ride-Songs wie „Seagull“, „Vapour Trail“ und „Leave Them All Behind“ tauchen dreißig Jahre später im Sound von Bilderbuch wieder auf. Das bedeutet: Musik, die dich einschlummert und aufweckt gleichzeitig. Die dir eine warme Umarmung gibt und dich trotzdem in den nächsten Moshpit stoßt. „Softpower“ ist erstaunlich. Weil es so voll ist, mit Momenten, an denen du dich festhalten willst, weil es ihm gelingt, dich dorthin zurückzubringen, wo du einmal gerne warst.

Es ist der Lovesong aus Liebe zur Musik. Der Mut macht („Keine Angst nur dein Schatten“, singt Maurice Ernst). Das Lied, das in ungeduldigen Zeiten zu Geduld aufruft („Alles was du musst, ist warten“). Der Song, der dich denen näherbringt, denen du jetzt schon nahe bist („Zieh dich aus nur mit einem Lächeln“). Und schlussendlich der Song, der Zeit nicht in Kapiteln, sondern in Spiralen besingt („life goes down in spirals“).

Am Nova Rock letzte Woche hat jemand gesagt, dass Trends zyklisch sind. Was gewesen ist, kommt zurück, wird mit anderem gemischt und neu interpretiert. Vielleicht ist es Zeit für das oft prognostizierte Revival der verwaschen-beharrlichen Gitarrentraumtanzmusik (Shoegazing) und Bilderbuch sind Visionäre. Was fix ist: das ist Musik, die gemacht werden musste, weil sie die Welt schöner macht. Und die dich ein Stück des Wegs begleitet, further along the spiral of your life.

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