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Style und Stillstand: “Asteroid City“ fasziniert und frustriert

Pastellfarbene Bildkompositionen, ein magisches Setting, Superstars im Minutentakt. Und dazu jede Menge existentialistischer Leere. Alles beim Alten beim gefeierten wie umstrittenen Regisseur Wes Anderson.

Von Christian Fuchs

Schon seit Jahren wird jeder neue Film von Wesley Wales „Wes“ Anderson von ähnlichen Reaktionen begleitet. Die zahlreichen Fans freuen sich auf ein verspieltes, buntes und feinsinniges Werk im typischen Look des US-Regisseurs, die kritischen Stimmen machen sich über seinen angeblichen kreativen Stillstand lustig.

So viel sei gleich verraten: „Asteroid City“, die neue Tragikomödie von Wes Anderson, uraufgeführt in Cannes, wird an diesen gefestigten Meinungen wenig ändern. Erste Set-Fotos und Teaser suggerierten noch, dass es sich um einen Flirt mit Science-Fiction-Themen handeln könnte. Aber klassisches Genrekino und Wes Anderson, das passt natürlich nicht zusammen.

Auch wenn sich manche Fans einen Star-Wars-Film oder „Lord Of The Rings“ im Stil ihres Lieblingsregisseurs wünschen, dieser Traum lässt sich nur mit künstlicher Intelligenz erfüllen. Sci-Fi-Streifen, Fantasyfilme, Western oder gar Horrorthriller interessieren Wes Anderson höchstens privat. Der 54-jährige Texaner repräsentiert längst ein Genre für sich: A film directed by Wes Anderson.

Asteroid City

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Melancholische Familiengeschichte

In diesem Sinn ist „Asteroid City“ natürlich kein Science-Fiction-Epos, auch wenn ein (handanimiertes) Alien vorkommt und auch wenn Titel und Trailer solche Assoziationen wecken. Wir haben es mit einer fiktiven amerikanischen Wüstenstadt zu tun, deren einzige Attraktion ein riesiger Krater ist. Vor 3.000 Jahren hat hier ein Meteorit eingeschlagen, in den 50er Jahren dominiert ein Observatorium der US-Regierung das winzige Kaff.

87 Einwohner*innen leben in „Asteroid City“, es gibt ein Diner und eine Tankstelle. Wes Anderson konzentriert sich bei seinem gewohnt illustren Ensemble besonders auf eine Figur. Der Kriegsfotograf Augie Steenbeck ist mit Sohn und kleinen Töchtern hier im Nirgendwo gelandet und schleppt ein Gewicht auf seinen Schultern. Er muss seinen Kindern so bald wie möglich vom kürzlichen Tod der Mutter erzählen.

Die melancholische Familiengeschichte steht zwar im Zentrum des gewohnt lakonisch erzählten Films. Aber neben Andersons Stammschauspieler Jason Schwartzman als Augie hat natürlich jeder der vielen Superstars, die hier fast gratis mitspielen, einen kleinen, schrulligen Auftritt. Die große Tilda Swinton, die supere Scarlett Johannsen, der exzentrische Adrian Brody, Margot Robbie, Jeff Goldblum, Matt Dillon, alle sind dabei. Tom Hanks ist sichtbar für den verhinderten Bill Murray eingesprungen.

Asteroid City

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Retrofuturistische Postkarte

Alle diese berühmten Akteure verkörpern aber nicht nur die Bevölkerung von Asteroid City. Gleich zu Beginn entpuppt sich dieses Werk als Meta-Film, eigentlich beobachten wir nur eine von Bryan „Heisenberg“ Cranston kommentierte Theaterinszenierung, die ganze Wüstenstadt ist Kulisse. So viele Brechungen sind in einem ohnehin hyperkünstlichen Wes-Anderson-Film aber dann doch ein Hauch zu viel.

Sicher, den lässigen Menschen auf der Leinwand schaut man gerne zu. Besonders die drei kleinen Töchter von Jason Schwartzmans Figur spielen das prominente Ensemble oft an die (bunt lackierte) Wand. Die ausgesucht exquisite Vintage-Country-Musik sorgt für Gänsehaut, die Kamera betört mit pastellfarbenen Bildern, das minimalistische Setting wirkt magisch.

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Trotzdem lassen sich, wie schon bei „The French Dispatch“ davor, einige frustrierende Momente des Leerlaufs nicht leugnen. Die wunderbare formale Sprache von Wes Anderson, die wir alle lieben, sie erstarrt hier oft zur retrofuturistischen Postkarte.

Sehenswert ist „Asteroid City“ natürlich trotzdem. Und der existentialistische Subtext trifft bisweilen mitten ins Herz. Wes Anderson muss nur aufpassen, dass er nicht so berechenbar wird, dass irgendwann eine künstliche Intelligenz seinen Job übernimmt.

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