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Die Autorin Margit Mössmer sitzt auf einem Plastikstuhl im Freien.

Minitta Kandlbauer

Butterkeksbrösel und Sprachkunst

Margit Mössmer erzählt in ihrem neuen Roman aus der Sicht eines Kindes auf die Welt, gegen die es lange anschreit. Das ist super spannend, voll fabelhaft schöner Bilder, aber mit der Geschichte ganz im Alltag verankert.

Von Maria Motter

Das Kind hat einen Haiblick und eine Mama namens Nina, die wie eine Stockente kämpft. Wie eine Stockente? Das Bild der Stockente ist eine der vielen Metaphern aus der Welt der Tiere, für die im temporeichen Roman „Das Geheimnis meines Erfolgs“ immer Zeit sein muss. Die österreichische Autorin Margit Mössmer erzählt ihren neuen Roman durchwegs aus der Perspektive ihrer Hauptfigur - die ist ein faszinierendes Kind, das bei der Geburt nicht schreit, aber dann zuhause und bald überall umso mehr.

„Das Geheimnis meines Erfolgs“ trägt das große Kopfkino schon im Titel und beginnt mit einem wahren Cliffhanger, der zum Schluss aufgelöst wird. Das Kind im Roman heißt Alex, es benimmt sich selten „wie die anderen Kinder“, die Alex meist nur die „Eierschalen“ nennt. Es gibt keinen Alltag mit Alex: In ihrer eigenen Wahrnehmung ist sie hoch sensibel, und im Kindergarten ist jeder Tag mit den anderen Eierschalen ein Überlebenskampf. Hier eröffnet sich eine Welt, die leicht falsch verstanden wird.

Die Zeichnung eines schreienden Vogels am Buchcover von "Das Geheimnis meines Erfolgs" von Margit Mössmer.

Leykam

Lustig, super fantastisch und doch so in Österreich verankert: „Das Geheimnis meines Erfolgs“ von Margit Mössmer ist 2023 bei Leykam erschienen.

„Das Geheimnis meines Erfolgs“ ist Margit Mössmers dritter Roman. Bislang ist die Autorin sehr dem magischen Realismus zugeneigt gewesen. Jetzt dreht sie ihre Fabulierkunst ins herrlich Tragischkomische. Im Buch wird keine Diagnose für Alex’ Empfindungen genannt. „Das Geheimnis meines Erfolgs“ ist auch keine Kummernummer, sondern die reinste Unterhaltung. Die Liebe zwischen Mutter und Kind und die kopfschüttelnde Anfeindung Fremder, das Aufwachsen bei einer alleinerziehenden Mutter und einem coolen Grafiker-Onkel und ein eingebildeter Vogel sind auf 280 Buchseiten die Starbesetzung. Die Sprachkunst Margit Mössmers ist so vergnüglich, dass sie ihrer Geschichte nie die Show stiehlt.

Große Themen sind hier in jedem der kurzen Kapitel verhandelt, doch stets ist das Gewicht so wohldosiert, wie sich die zarte Alex das Wifi-Kursbuch zur Beruhigung auf den Bauch legt und durch die Seiten fasst. Überraschende Schwangerschaft, Alleinerziehen und der finanzielle Druck, die Suche nach Vaterfiguren und die Grenzen von Institutionen für Kinder, die ein bestimmtes Spektrum zu sprengen scheinen, all das ist dabei.

Da ist auch ein „Bedenke“ aus einem Kindergartenkindermund zu akzeptieren, vor allem, weil dutzende Seiten später dann eine kindliche Wortdoppelung folgt. Wie Margit Mössmer eine Welt der Empfindsamkeit baut, ist eine Klasse für sich. Die Nähe anderer Menschen ist für Alex schwierig bis unerträglich, die „krachen“ in sie hinein und dann erkennt eine Person vom Fach, dass man sich um die Muräne in Alex’ Kopf kümmern müsse. Eine Muräne ist eine schlimme Migräne.

„Das Geheimnis meines Erfolgs“ ist ein Entwicklungsroman, der von der Geburt zum Schulalter reicht und den Spannungsbogen über alle Seiten zieht. Selten zuvor hat man so gern gelesen, wie Getränke auf Kindergeburtstagen über Gläser schwappen, und man hatte vor dem Erscheinen von „Das Geheimnis meines Erfolgs“ ja überhaupt keine Ahnung, wie sehr man davon lesen wollte, wie es sich anfühlt über Butterkeksbrösel zu gehen.

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