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"Nincahof" von Johanna Sebauer

Dumont

„Nincshof“ von Johanna Sebauer

Nächtliche Poolpartys, Zuagraste mit peruanischen Ziegen und ein Bürgermeister, der seinen Ort von der Landkarte verschwinden lassen will: Johanna Sebauer bringt all das in ihrem Debütroman „Nincshof“ unter. Es ist ein sommerlicher, heiterer Dorfroman.

Von Maria Motter

Die Hitze breitet sich in der flachen Weite im Burgenland aus „wie ein dickes, träges Tier“. So schön beschreibt Johanna Sebauer den Sommer in ihrem Roman „Nincshof“. Und während es über der Landstraße in der Ferne flimmert, haben die Menschen in „Nincshof“ wilde Gedanken, die sie bald in die Tat umsetzen. „Nincshof“ ist ein leichter, lustiger Dorfroman mit einer Handlung, die mit jener von Komödien von Michael Ostrowski mithalten kann.

Nincshof ist ein Ort mit einer Gründungslegende, mit „Pusztafeigen“, die Menschen Gespenster sehen lassen, wenn jemand zu viele isst, und einem Ferkerl als Jesukind im Krippenspiel. Johanna Sebauers Roman spielt ausschließlich im Juni, Juli und August.

Ein Dorf auf dem Buchtitel von "Nincshof" von Johanna Sebauer.

Dumont

„Nincshof“ von Johanna Sebauer ist 2023 bei Dumont erschienen

Wenn Sommernachtsträume wahr werden

Man stelle sich vor: Bekannte kaufen sich einen Pool für ihr Grundstück und eine Frau steigt heimlich Nacht für Nacht durch deren Thujenzaun, um allein im Pool zu schwimmen. Das Ende dieser nächtlichen Poolpartys ist vorprogrammiert, doch das hält Erna Rohdiebl nicht auf. Sie geht schließlich auch auf die achtzig Lebensjahre zu, hat zwei „Plastikhüften“ und Erdnussflips in der Kredenz. Zudem kennt sie noch die Gute-Nacht-Geschichten ihrer Großmutter, die schon gar nicht mehr wahr scheinen.

Erna Rohdiebls Zuhause „Nincshof“ war schon monatelang nicht mehr in der lokalen Presse. Der Nincshofer Bürgermeister hat nach einer Belgienreise genug Meeresfrüchte und Welt gesehen. Er will nur noch, dass sein „Nincsdorf“ in Vergessenheit gerät und seine Ruhe von allen hat. Aber jetzt ist da auch noch die Zuagraste Isa Bachgasser mit Familie und dann noch diesen Irrziegen.

Die Zugezogene sei relativ berühmt, versichern die Nincshofer einander, aber unvermutet berühmter werden die Ziegen ihres Mannes. Silvano Mezzaroni karrt eine Herde „schaudernd hässlicher“ Ziegen an: „Irrziegen“, die eigentlich in Peru zuhause sind. Der Weinbauer wittert ein neues Geschäftsmodell. Der Bürgermeister verschwört sich indes andernorts: Seine geheime Bewegung sind die Oblivisten - und die wollen Freiheit für ihr Nincshof. „Weil Nincshof sich nicht herumkommandieren lassen soll von der Welt. Da passieren doch nur noch Dinge, von denen man kein Teil mehr sein will, oder?“ Bald schon verschwinden die Ortstafeln und Isa Bachgasser landet mit dem SUV auf der ungarischen Seite.

Irrwitzig, aber sympathisch

Mit Irrziegen und Wirrungen gestaltet sich die Geschichte im Roman „Nincshof“ angenehm überschaubar. Schließlich erkennen dort die Hofhunde alle an ihren Schritten und die Vergangenheit vom Ersten über den Zweiten Weltkrieg ist in acht Zeilen abgehandelt. Das darf als Treppenwitz vor dem Stelzenhaus in einer Geschichte durchgehen, in der das Vergessenwerden für die einen zur zentralen Handlungsmotivation wird. Diese Geschichte lebt von der beherzten Zeichnung ihrer Figuren.

Ganz entgegengesetzt zum Trend, dass gerade so einige Charaktere in österreichischen Neuerscheinungen möglichst unsympathisch und zynisch wirken, sind in „Nincsdorf“ von Johanna Sebauer alle irrwitzig drauf und man mag die einfach alle.

„Nincshof“ ist eine liebevolle Würdigung des Burgenlands - und ein Stück Wien steckt auch drin. Es gibt Salzgurken am Naschmarkt vor einem ersten Kuss für Verliebte und eine kurze Typologie von Ausgehlokalen.

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