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Hand mit getrockneten Cannabis Blüten

APA/AFP/Robyn Beck

Deutschland wird Gras wohl bald legalisieren

25 Gramm Gras darf eine Person in Deutschland laut dem neuen Gesetzentwurf besitzen. Doch auch bei unseren Nachbarn sind nicht alle für diese Teillegalisierung von Cannabis.

Von Benjamin Stolz

Das deutsche Bundeskabinett hat der Teillegalisierung von Cannabis grünes Licht gegeben. Die Ampelkoalition konnte sich auf den Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einigen, jetzt muss dieser noch durch den Bundesrat und den Bundestag. Voraussichtlich noch vor Ende des Jahres dürfen dann über 18-Jährige in Deutschland bis zu 25 Gramm Gras und zuhause bis zu drei Cannabis-Pflanzen besitzen. Wer nicht alleine anbauen will, kann sich mit bis zu 500 Personen zu speziellen “Cannabis-Clubs” zusammenschließen und von dort dann bis zu 25 Gramm pro Tag und bis zu 50 Gramm pro Monat beziehen. Einen Cannabishandel in Fachgeschäften wird es nicht geben.

Ärzt:innen und Psycholog:innen haben Bedenken

Kritik am Gesetzesentwurf kommt gleich von mehreren Seiten. Mehrere Landesminister der CDU äußerten Bedenken an den Plänen der Bundesregierung. “Mit diesem Gesetz wird ein kompletter Kontrollverlust verbunden sein”, sagte etwa Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch Ärzt:innen haben Einwände. Klaus Reinhardt, der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, sprach sich in einem Interview mit dem Deutschlandfunk gegen die Teillegalisierung von Cannabis aus - besonders für Jugendliche sei der Konsum problematisch und auch das Problem des Schwarzmarkts würde damit nicht unter Kontrolle gebracht.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) kritisiert den Gesetzesentwurf heftig: “Die Altersgrenze für den Konsum ist zu niedrig, die freigegebenen Mengen sind zu hoch. Wir befürchten bei der Umsetzung des vorliegenden Entwurfs einen Anstieg des Konsums, auch und gerade des problematischen Konsums, bei jungen Menschen”, sagte DGPPN-Präsident Andreas Meyer-Lindenberg. Lauterbach verteidigte die monatliche Obergrenze auf einer Pressekonferenz: “Weil ich pro Monat 50 Gramm maximal kaufen darf, bedeutet das nicht, dass ich 50 Gramm verrauchen sollte.” Eine begleitende Aufklärungskampagne des Gesundheitsministeriums, die sich speziell an Jugendliche richtet, wirbt mit dem Slogan “Legal, aber mit Risiken”.

Der Preis der Legalisierung

Laut Wirtschaftswissenschaftler und Cannabis-Befürworter Justus Haucap würde Deutschland durch die Teillegalisierung unter anderem durch Steuern jährlich 3,34 Milliarden Euro einnehmen und sich durch schwindende Gerichts- und Polizeikosten 1,36 Milliarden Euro sparen. Doch deutsche Richter und Exekutivbeamte kritisieren die Teillegalisierung ebenfalls. Für Sven Rebehn, den Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, “wird die Justiz durch die Gesetzespläne nicht entlastet, sondern eher zusätzlich belastet. Das sehr kleinteilige Gesetz würde zu einem hohen behördlichen Kontrollaufwand, zu zahlreichen neuen Streitfragen und zu vielen Verfahren vor Gerichten führen.”

Mit im Gesetzesentwurf enthalten ist etwa die Vorschrift, dass die geplanten Cannabis-Clubs mindestens 250 Meter von Schulen, Kitas oder Kindergärten entfernt stehen müssen. Lauterbachs Entwurf sieht auch Cannabis-Qualitätskontrollen vor. Dirk Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht bei den zahlreichen Vorschriften ebenfalls ein Problem. “Ich habe erhebliche Zweifel, dass wir bei der Umsetzung des Gesetzentwurfs, insbesondere bei der Überprüfung oder Überwachung in der Praxis mit dem zur Verfügung stehenden Personal überhaupt unserer Kontrollfunktion nachkommen”, sagte Peglow gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

In Österreich ist weiter keine Legalisierung geplant

Trotz der Gegenstimmen rechnet man in Deutschland mit einem Inkrafttreten der neuen Regeln noch bis Ende dieses Jahres. Dort hat die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP dieses Bestreben vorangetrieben.

In Österreich sieht die Situation anders aus. Hier fordern die NEOS seit Jahren eine Legalisierung von Cannabis, und auch die Grünen sind nicht abgeneigt. Für die Koalitionspartnerin ÖVP und auch die FPÖ ist legales Kiffen in Österreich ausgeschlossen. Auch die SPÖ hat sich in der Vergangenheit gegen eine Legalisierung positioniert. Deren neuer Bundesparteivorsitzender Andreas Babler sprach sich in Interviews jedoch dafür aus.

Das österreichische Innenministerium bereitet sich derweil auf seine eigene Weise auf die Legalisierung im Nachbarland vor und teilte mit, dass man vor allem in Grenznähe vermehrt auf illegalen Handel und beeinträchtigte Fahrer:innen kontrollieren werde.

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