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APA/AFP/Kenzo TRIBOUILLARD

25 Jahre Google

Vor einem Vierteljahrhundert war Google noch ein Underdog unter den gerade aufkommenden Internet-Suchmaschinen. An seinem 25. Geburtstag ist das Unternehmen aus Kalifornien eines der mächtigsten der Welt.

Mit über 90 Prozent Marktanteil dominiert Google die Suchleisten und ist als die am häufigsten aufgerufene Website weltweit für viele das Tor zum Internet. Dabei ist der Algorithmus, der dahintersteckt, für die allermeisten Internetnutzer:innen eine Black Box.

Astrid Mager im FM4 Studio

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Astrid Mager arbeitet am Institut für Technikfolgenabschätzung an der österreichischen Akademie der Wissenschaften. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich Internet und Gesellschaft, sie hat untersucht, wie Europa von Google und Co. unabhängig werden kann und warum die Gestaltung einer eigenständigen Suchmaschinen so schwierig ist.

Die österreichische Kommunikationswissenschaftlerin Astrid Mager beschäftigt sich in ihrer Arbeit unter anderem mit Suchmaschinenpolitik und Algorithmen. Sie hat sich in verschiedenen Projekten nicht nur mit den Strukturen und der Geschichte von Google, sondern auch mit europäischen Suchmaschinen und den Wertesystemen, die hinter diesen Online-Tools stehen, auseinandergesetzt. Im FM4-Interview mit Emily Busvine und Philipp Emberger erklärt sie, wie Google zu einem der mächtigsten Unternehmen wurde, was der Aufstieg des Big-Tech-Giganten für unsere Gesellschaft bedeutet und welche Suchmaschinen sie selbst benutzt.

Google gibt es ja jetzt seit 25 Jahren. Heute hat die Suchmaschine einen Marktanteil von rund 90%. Wie ist es dazu gekommen, dass ein Unternehmen den Markt so dominieren kann?

Astrid Mager: Wenn wir uns zurückerinnern, was gab es vor 25 Jahren an Suchmaschinen? Es gab Altavista, es gab Yahoo, es gab viele Suchmaschinen, die zugemüllt waren mit Werbung. Damals wollte Google eigentlich antreten, als diese weiße, cleane Seite mit wenig Bannerwerbung, sogar mit gar keiner Werbung auf der Seite selbst. Das heißt, zu Beginn war Google eigentlich der Underdog. Deswegen ist es spannend, wie Google jetzt zu dieser Weltmarke geworden ist. Da hat es verschiedene Phasen gegeben. Die Suchmaschine wurde ja eigentlich an der Stanford University entwickelt, also wirklich in einem Forschungskontext eigentlich. Erst im Laufe der Zeit kam diese ganze Kommerzialisierung und die Ausbeutung von Daten und so weiter dazu. Eric Schmidt war da auch ein großer Treiber damals, der da sehr stark dieses Werbenetzwerk und dieses Geschäftsmodell von Google weiterentwickelt hat.

Was bedeutet denn diese Konzentration - oder dieses fast schon Monopol - für unsere Gesellschaft und unsere Demokratie? Das ist ja eine Frage, die in den letzten Jahren immer wieder aufgetaucht ist.

Da geht es in erster Linie um die Informationen, aber eben auch um den Datenschatz von Google. Google hat so viele Daten über uns mittlerweile, weil es so viele verschiedene Dienste gibt. Es gibt nicht mehr die Suchmaschine alleine. Die Daten werden alle integriert und in Nutzerprofile verwandelt und dann Werbekunden weiterverkauft, grob gesprochen. Das war ja auch das Geschäftsmodell zunächst, wo Google sehr innovativ war. Also nicht nur mit dem PageRank-Algorithmus, der sehr innovativ war. Auch dieses Geschäftsmodell mit den Daten war sehr innovativ und dadurch ist dieser kommerzielle Treiber auch Teil von all diesen Google-Diensten. Bei allen Google-Diensten geht es ja auch darum, Daten zu erheben, zu verknüpfen und dann sozusagen zu verkaufen. Das hat jetzt eben verschiedene Implikationen: wirtschaftliche einerseits aber auch im Sinne von der Informationsbeschaffung, wozu wir Google auch benutzen, ist natürlich schon die große Frage: Wenn diese eine Suchmaschine so zentral ist, dann arbeiten eben alle auf diese Suchmaschine hin. Also alle Websites optimieren ihre Seiten dahingehend. Alle Nutzer:innen benutzen diese Suchmaschine, alle Werbetreibenden optimieren ihre Geschäftsmodelle dahingehend. Google ist so ein zentraler Gatekeeper geworden und deswegen ist das so eine mächtige Position. Und deswegen ist es auch so relevant, was uns da als erstes angeboten wird und wie es uns zuletzt auch angeboten wird.

Interviewpodcast

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Das ganze Interview mit Astrid Mager zum Anhören gibt’s im FM4 Interviewpodcast

Wenn Google dieser zentrale Gatekeeper ist, dann ist es ja auch sehr wichtig, was man dort sieht, welches Wertesystem quasi Google vertritt. Welches Wertesystem hat denn Google? Was findet man auf Google? Und vielleicht noch spannender: Was findet man auf Google denn nicht?

Zunächst war da ja dieser PageRank-Algorithmus, ein mathematisches Modell. Im ersten Paper von Larry Page wurde dieser Algorithmus als dieses mathematische Zitations-System beschrieben, wo man eben aufgrund von Hyperlinks auf eine Webseite den Wert dieser Webseite errechnet. Es ging sehr stark um diese „Intelligenz des Netzes“. Also eine Seite, die viele Links von anderen Seiten bekommt, wurde als wertvoll erachtet und dadurch nach oben gereiht, was zentral ist. Wir wissen alle nicht wirklich, wie das genau passiert. Niemand weiß es tatsächlich. Und das ist ja eine große Blackbox, die auch ein Problem darstellt, weil sie ist nicht legitimiert oder demokratisch. Man weiß nicht wie diese Reihung zustande kommt und wer dann bevorzugt wird und wer eben benachteiligt wird.

Das heißt, das Wertesystem von Google kennen wir gar nicht so genau? Wir können nur mutmaßen?

Wir kennen die Anfänge. Wir wissen, dass die kommerzielle Dimension total zentral ist. Einfach auch deshalb, weil eben große suchmaschinenoptimierte Seiten immer besser nach oben kommen und dadurch die, die sich das leisten können, nach oben kommen. Es gibt die Anzeigen, die total massiv bedient werden von den kommerziellen Seiten. Schon alleine dadurch gibt es eine Kommerzialisierung auch in den Inhalten. Das würde Google von sich jetzt nicht behaupten, dass das das zentrale Wertesystem ist. Aber das entsteht eben über die Zeit über diese ganzen Effekte und Netzwerkeffekte über die Zeit.

Welche Alternativen zu Google gibt es denn da draußen? Und warum sollten wir die vielleicht nutzen?

Eine Alternative könnte auch Bing sein, aber das ist nicht das, was wir im Kopf haben bei „alternativen Suchmaschinen“. Bing ist von Microsoft und ist wieder eine kommerzielle Suchmaschine. Es gibt andere große Suchmaschinen. In China gibt es Baidu und Yandex. Alles das haben wir nicht im Kopf, wenn wir über alternative Suchmaschinen nachdenken. Alternative Suchmaschinen gibt es aber, die wirklich versuchen, ein anderes Wertesystem zu transportieren. Eben nicht nur den Profit als zentrale Prämisse zu sehen, sondern eben soziale Werte. Privatsphäre ist zum Beispiel sehr beliebt bei Suchmaschinen. Es gibt eine Reihe von Privatsphäre-freundlichen Suchmaschinen. Es gibt auch grüne Suchmaschinen, wo dann Teile der Werbeeinnahmen an ein Regenwald-Projekt gespendet werden, beispielsweise um hier eben was für die Umwelt zu tun. Es gibt Peer-to-Peer-Suchmaschinen, wo es eben sozusagen die Peers, die Nutzer:innen selbst sind, die den Index aufbauen. Und es gibt eben jetzt eine unter Anführungszeichen „neue“ Idee, die wird auch schon eine Zeit lang lobbyiert: den Aufbau eines europäischen Web-Indexes, um eine Fülle von ganz unterschiedlichen Suchmaschinen zu ermöglichen. Das ist ein Projekt, das jetzt auch von der EU finanziert wurde und das ich da eigentlich sehr spannend finde.

Welche Suchmaschine benutzt denn eigentlich die Suchmaschinen-Expertin?

Ich benutze eine Fülle von Suchmaschinen, unter anderem auch Google selbstverständlich und auch mit einer gewissen technischen Faszination. Wir alle wissen, die Technologie funktioniert wunderbar, nicht nur die Suchmaschine, wenn wir an Google Maps oder Google Docs denken. Aber ich benutze auch Startpage. Das hat aber auch eine Kooperation mit Google, hat also eigentlich keinen eigenen Index, sondern präsentiert uns auch Google-Ergebnisse, aber anonymisiert. Also ich kann meine Daten schützen, die werden nicht an Google übermittelt. Das ist also eine Privatsphären-freundliche Suchmaschine aus den Niederlanden. Und dann schaue ich mir halt alle möglichen so aus Interesse an, aber viele davon sind auch nicht ganz so brauchbar. Aber ich denke, was wichtig ist, ist, dass es diese überhaupt gibt, dass es auch Nischenprodukte geben kann. Wir haben von Google gelernt, dass wir alles mit einer Suchmaschine suchen müssen, das müsste nicht so sein. Es könnte wirklich Special Interest Suchmaschinen geben in vielen thematischen Bereichen. Man kann sich da so vieles ausdenken, was wir gar nicht mehr tun, weil wir schon so, Google-fixiert sind im Suchmaschinenbereich. So wie auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken eben auch diese einzelnen Monopole entstanden sind, wo diese Unternehmen mittlerweile dann prägen, wie wir über Technologie denken. Und das finde ich auch eine sehr mächtige Position.

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