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Beyoncé sitzt auf einem glitzernden Pferd

Beyoncé

Verena Bogner

Cunt: Warum ist dieser Begriff plötzlich überall?

Was häufig als abwertender Begriff für Frauen verwendet wird, erlebt gerade eine Renaissance: Der Begriff „Cunt“ ist in der Popkultur omnipräsent.

Eine Kolumne von Verena Bogner

45 Mal: So oft kommen die Worte „Cunt“ und „cunty“ in Beyoncés Renaissance-Song „PURE/HONEY“ vor. Der Song ist (so wie das gesamte Album) eine Liebeserklärung an die Ballroom-Culture und samplet den Track „Cunty“ von Drag Queen und Musiker Kevin Aviance aus dem Jahr 1996. Auch auf der Bühne ihrer Renaissance-Tour spielte das Wort ebenfalls eine große Rolle: So war Beyoncé vor einem FOX-News-artigen Newsdesk mit der Aufschrift „KNTY 4 News“ zu sehen.

Beyoncé ist nicht die einzige, die zur Renaissance (ha-ha!) der Begriffe „Cunt“ und „cunty“ beiträgt und uns regelmäßig daran erinnert, was es bedeutet, „Cunt zu serven.“ Im popkulturellen Diskurs und vor allem in der Stan-Culture auf X (ehemals Twitter) oder TikTok ist der Begriff omnipräsent. Übrigens auch im Deutschen, wo Rapperin Shirin David den Ausspruch „fotzig feminin“ immer wieder verwendet.

„Mother is serving cunt“ – ein Satz, der unter so ziemlich jedem Post von Stars wie Lady Gaga, Madonna & Co. zu lesen ist. „She lived, served cunt, then she died“, lautet zum Beispiel der Text zu einem beliebten Meme, das die gute Fee aus Shrek zeigt. Aber: Nicht nur Frauen (und Feen) können „Cunt serven“, auch Jacob Elordi hat in „Saltburn“ vermeintlich Cunt geserved, sind sich viele Social-Media-User:innen einig. Aber was bedeutet das Ganze nun eigentlich?

Dass „Cunt“ die englische Übersetzung eines Wortes ist, das bisher meist verwendet wurde, um abfällig über Frauen und/oder unsere Geschlechtsteile zu sprechen, ist manchen sicher bekannt. „She’s a Cunt“ war bislang also eher eine Beleidigung – bis jetzt. 2023 war das Jahr, in dem „Cunt“ plötzlich zu einem Internet-Begriff wurde, der mit Empowerment zu tun hat, ein Online-Gütesiegel, nach dem es sich zu streben lohnt.

Das Reclaimen von abwertenden Begriffen durch diejenigen, die eigentlich davon beleidigt werden sollen, ist ein Klassiker: Wenn wir uns selbst als Cunts bezeichnen, was wollt ihr uns dann noch anhaben? Übrigens forderte schon Eve Ensler in den „Vagina-Monologen“, dass das Wort „Cunt“ als Symbol für Macht und Schönheit reclaimed werden muss.

Die Ballroom-Szene hat „Cunt“ erfunden

Genauso wie die Ausdrücke „slay“ oder „it’s giving“ hat die positive Verwendung von Cunt und Cunty ihren Ursprung vor allem in der LGBTQIA+-Community und Ballroom-Szene, wo der Begriff vor allem von Schwarzen Transfrauen verwendet wurde, um Weiblichkeit auszudrücken. Und durch Artists wie RuPaul (oder eben Beyoncé) halten Teile dieser Kultur immer wieder Einzug in den heutigen Mainstream. Diesen Ursprung sollten wir bei all der inflationären Verwendung in Memes und lustigen TikToks nicht vergessen. Denn „Cunt“ ist mehr als bloß ein lustiges Trend-Wort.

Gegenüber dem „Rolling Stone“ erklärt Jules Gill-Peterson, Professorin für Transgender-Geschichte an der Johns Hopkins Universität, dass die steigende Popularität von Begriffen, die in der Ballroom-Kultur verwurzelt sind, bemerkenswert sei – vor allem, weil wir in Zeiten leben, in denen die Rechte von Transmenschen immer wieder unter Beschuss stehen. Für sie bedeutet „Cunt“ im ursprünglichen Sinne „eine erstrebenswerte, energetische, sexuelle und nicht zu leugnende Art von Selbstbewusstsein – und Anerkennung von deinen Peers“. Sagt man einer Person, sie würde „Cunt serven“, bedeutet das nicht nur, dass sie toll aussehe, sondern dass sie trotz vieler Hindernisse im Leben eine positive Attitude habe, eine einnehmende Präsenz.

Cunt bedeutet „eine erstrebenswerte, energetische, sexuelle und nicht zu leugnende Art von Selbstbewusstsein“

Und was bedeutet der Begriff für Cunty-Schöpfer und Ballroom-Legende Kevin Aviance? „In ‘Cunty’ geht es um eine Salbung. Es geht um den Ausdruck von Gefühlen. Wenn ich sage ‘Oh, she’s cunty’, dann bedeutet das, dass ich sowas wie sie noch nie zuvor gesehen habe.“

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