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Shirin David - Konzertplakat

Shirin David

Shirin David: Wie “fotzig” kann Feminismus sein?

Am Sonntag kommt Rapperin Shirin David in die Wiener Stadthalle. Und mit ihr die Debatte, ob Brazilian Butt Lift und Feminismus nebeneinander existieren können

Eine Kolumne von Verena Bogner

“Fotzig”: Dieses Wort ziert den glitzernden Funkel-BH, den Rapperin Shirin David neben vielen anderen Outfits auf ihrer ersten Live-Tour trägt, die sie am 19. November auch in die Wiener Stadthalle führt. Was sie damit meint? “Fotzig” ist die eingedeutschte Version von “cunty”, einem Begriff, der Hand in Hand mit der Phrase “serving cunt” geht und vor allem in Popkultur-Debatten verwendet wird, um jemanden als badass, groundbreaking und iconic zu beschreiben. Also: Shirin David ist gekommen, um Cunt zu servieren. Aber das ist längst nicht alles, was sie kann.

In ihrem Song “Lächel doch mal” bezeichnet sich Shirin David selbst als “fotzig feminin”. Der Song ist ein feministischer Banger, in dem David den sexistischen Typen den Kampf ansagt, die einen auffordern, zu lächeln, einen übergriffig berühren und dann zu allem Überfluss auch noch raten, sich doch nicht so anzustellen. Like, wer’s kennt. Und spätestens jetzt sollte allen klar sein: Shirin David serviert auch Feminismus.

Diese Tatsache wird vor allem aufgrund ihres Aussehens häufig infrage gestellt. Sie macht keinen Hehl aus ihren Beauty-OPs (darunter ein Brazilian Butt Lift), zeigt sich in ultra-knappen Outfits und mit blond gefärbten Haaren. Immerhin ist sie Deutschrap-Barbie, wie sie selbst oft betont – bürgerlich heißt sie sogar Barbara, also ist das nur konsequent. Shirin David reiht sich mit dieser Debatte neben US-Rapperinnen wie Cardi B oder Nicki Minaj ein, die sich diese Kritik ebenfalls gefallen lassen müssen. Kann jemand, der sich optisch so sehr ans Patriarchat anpasst und sich selbst als “fotzig” bezeichnet, ein Begriff, der als Substantiv bisher abwertend verwendet wurde, feministisch sein?

Es ist offenbar eine der ewigen Fragen des Feminismus: Wie beeinflusst das Äußere einer Frau ihren Aktivismus? Kritiker:innen halten Shirin David vor, dass sie durch ihre Optik und ihr sexualisiertes Auftreten letzten Endes auch nur sexistische Narrative fortführt, die Frauen zu Objekten degradieren. Ja, in der langen Geschichte des Feminismus dominierte immer mal wieder das Verständnis, dass man sich als Frau von den äußerlichen Normen des Patriarchats lossagen und typisch feminine Qualitäten ablehnen müsse, um die feministische Agenda voranzubringen.

Aber heute schließen feminines Auftreten und Feminismus einander nicht länger aus. Heute muss eine Frau mit ihrem Aussehen nicht zwingend ein Statement gegen den Male Gaze setzen, um als Feministin ernstgenommen werden zu können. Und das ist auch gut so: Denn je vielfältiger die feministischen Vorbilder sind, die junge Frauen in ihren TikTok-Feeds sehen, desto eher fühlen sie sich vom Feminismus repräsentiert.

Von „Bei Gott ist sie sexy“ hin zu „Vallah, sie’s ‚ne Schlampe!“
Die deklarier’n ein’n Minirock zu maximaler Schande
Doch ’ne Frau mit Grips im Kopf wird abgetan zu ’ner Emanze

- Shirin David in “Babsi Bars”

Gegenüber dem “Spiegel” erklärte Shirin David, dass sie “ultrafemininen und inklusiven Feminismus” feiere. Glitzer, pinke Accessoires, feminine Traits und figurbetonte Looks: Hyperfemininität liegt im Trend. Hier geht es nicht darum, Männern zu gefallen, sondern darum, die Dinge zu feiern und zu reclaimen, die lange als “zu girly” abgestempelt und belächelt wurden.

In diesem Feminismus ist es nicht länger cool, damit anzugeben, anders, smarter oder aktivistischer als andere Frauen zu sein und feminine Qualitäten abzuwerten, weil man sich nur so Gehör in einer von Männern dominierten Welt verschaffen kann. Hier geht es darum, sich Wörter wie “fotzig” mit Kristallen auf die operierten Brüste zu schreiben und in diesem Look darüber zu rappen, wie es ist, als Frau sexuell belästigt zu werden. Lieben wir.

Stelle keine Frau in den Schatten, damit ich schеin’
Ugly Bitches machen Prеtty Bitches gerne klein
Aber Real Bad Bitches lieben Bad Bitches

- Shirin David in “Ich darf das”

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