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Still aus dem Video zu "Days of Girlhood" von Dylan Mulvaney

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verena bogner

Wer hat Angst vor Dylan Mulvaney?

Die trans Frau Dylan Mulvaney ist TikTok-Ikone, Zielscheibe der Rechten in den USA – und jetzt auch Sängerin. Und um ihren ersten Song ist eine absurde Debatte entfacht.

Eine Kolumne von Verena Bogner

Monday, can’t get out of bed
Tuesday morning pick up meds
Wednesday retail therapy
„Cash or credit?"
I say yes

Das ist eine Textzeile aus dem Song “Days of Girlhood” von der US-amerikanischen TikTokerin Dylan Mulvaney. Sie hat auf der Plattform zehn Millionen Follower:innen und berichtet dort über ihren Alltag als trans Frau und das Leben in der Entertainmentbranche. Sie ist aber mehr als eine TikTokerin, die sich jetzt auch als Popstar versuchen will: 2022 hat sie mit US-Präsident Biden im Weißen Haus über die Rechte von trans Personen gesprochen und am feministischen Kampftag war sie zum Beispiel auf Lady Gagas Instagram zu sehen. Man kann also guten Gewissens sagen, dass sie wohl eine der bekanntesten trans Frauen im Internet ist.

Hassfigur der Rechten

Und das macht sie aktuell auch zu einer der größten Hassfiguren der Rechten in den USA. Als die Biermarke Bud Light letztes Jahr mit ihr warb, riefen Konservative und Rechtsextreme zum Boykott der Marke auf und attackierten Dylan Mulvaney heftig. Kid Rock nahm damals sogar ein Video auf, in dem er auf Bud-Light-Dosen schoss, mehrere Budweiser-Brauereien bekamen Bombendrohungen. Dylan äußerte sich zu den Angriffen gegen ihre Person und sagte, sie fühle sich “entmenschlicht”, wisse aber, dass sie im Gegensatz zu anderen trans Personen immer noch sehr privilegiert sei.

Gender-Stereotype und patriarchatskonforme Femininität

Mit allem, was Dylan Mulvaney macht, setzt sie sich der Gefahr von überbordender Kritik aus, die von dem Ziel angetrieben wird, Menschen wie sie aus der Öffentlichkeit zu verdrängen – und auch ihr erster eigener Song ist davon betroffen. Dieser wird auf verschiedenen Ebenen zerrissen: Zum einen, weil er laut Kritiker:innen oberflächliche und schädliche Klischees darüber verbreitet, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Erst in jüngster Vergangenheit haben uns doch Trends wie “Girl Math” daran erinnert, wie öde und überholt Stereotype darüber sind, dass Frauen gerne shoppen und nicht mit Geld umgehen können, heißt es. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet ist es aber auch kein Wunder, dass viele sich aktuell so gerne an Girlie-hafter Ästhetik und solchen Trends bedienen – so auch in Dylans Fall. Immerhin spiegeln sie eine Form von Femininität wider, die im Patriarchat belohnt wird, argumentieren andere.

Wer darf definieren, was "Girlhood“ ausmacht?

“Days of Girlhood” ruft aber natürlich auch die TERFs auf den Plan, also die “Trans-Exclusionary Radical Feminists”, die trans Frauen nicht als “echte Frauen” ansehen und sich dabei auf das “biologisch festgelegte Geschlecht” einer Person berufen. Sie finden es eine Frechheit, dass Dylan Mulvaney sich “anmaßt”, darüber zu singen, was “Girlhood” ausmache. In Antwortvideos erklären sie zum Beispiel, dass man nur wisse, was es bedeute, eine Frau zu sein, wenn man Kinder geboren habe. Die Ironie an der Sache: Sie wollen jemandem verbieten, Frausein zu definieren, und schieben im selben Atemzug eine völlig unzureichende, verallgemeinerte und rückschrittliche Definition von “Girlhood” vor.

Fragt man Dylan, was sie mit dem Song eigentlich bezwecken wollte, lässt sich diese ganze Debatte schnell beenden: Sie hatte nie die Absicht, irgendjemandem etwas vorzuschreiben und zu diktieren, wie “Girlhood” auszusehen hat. In einem Interview sagt sie: “Dieser Song ist entstanden, weil ich die Beziehung zu meiner Femininität reclaimen wollte – und um ‘Trans Joy’ zu feiern.”

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