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1989 Taylors Version Cover

2023 Taylor Swift

Taylor‘s Version: Warum haben Labels plötzlich Angst vor Re-Recordings?

Weil Taylor Swift mit ihren Re-Recordings alle Rekorde bricht, kommen Labels ins Schwitzen – und wollen Artists vertraglich davon abhalten.

Eine Kolumne von Verena Bogner

Am 27. Oktober war es soweit: Es war ein weiterer großer Tag für alle Swifties dieser Welt gekommen. Es war nämlich der Tag, an dem die „Taylor‘s Version“ von „1989“ erschienen ist – also das Re-Recording des Albums, das Taylor Swift so einige Charthits verschafft hat, da wären zum Beispiel „Blank Space“ oder „Shake It Off“. So wie alles, was Taylor gerade macht, schlug auch das Album erwartungsgemäß ein – und das, obwohl die Songs sich nur in Feinheiten von den Originalen unterscheiden. Warum also der ganze Trubel, wenn man auch einfach das originale „Bad Blood“ streamen kann?

Alles fing 2019 an, als ein Mann namens Scooter Braun das Label Big Machine Records kaufte, bei dem Taylor ihre ersten sechs Alben veröffentlicht hatte. Taylor Swift versuchte, die Master-Rechte dieser Alben zu erwerben, aber laut ihren Angaben machte ihr Big Machine ausschließlich Angebote, die zu ihren Ungunsten ausfielen – woraufhin Braun die Masters kaufte. Ab sofort konnte er zum Beispiel bestimmen, ob Songs für Filme oder Serien verwendet werden dürfen. Mittlerweile hat er die Masters für mehrere Millionen US-Dollar weiterverkauft – unter der Bedingung, dass er weiterhin davon profitiert.

Kein Wunder also, dass Taylor und Scooter sich nicht besonders mochten, sie warf ihm „manipulative bullying“ vor, und auch die Tatsache, dass er mit Taylors Immer-wieder-Feind Kanye zusammengearbeitet hatte, dürfte der Harmonie zwischen den beiden nicht dienlich gewesen sein. Also beschloss sie, diese sechs Alben neu aufzunehmen, um die Rechte an ihrer Musik wiederzuerlangen.

Das ist keine grundsätzlich neue Vorgehensweise, aber bis vor Kurzem auf jeden Fall eine eher nischige Angelegenheit. Auch schon Artists wie Frank Sinatra, die Sängerin Jojo oder Def Leppard haben Musik aus ähnlichen Gründen neu aufgenommen. Was hier neu ist, ist die Dimension der Auswirkungen, die Taylors Re-Recordings auf das Label haben, bei dem die Original-Alben erschienen sind. Denn sie werden durch die Neuaufnahmen, die treuen Fans, die die neuen Versionen streamen, und Radios, die ebenso auf die neuen Versionen zurückgreifen, wertlos.

Das ist auch der Grund, warum dieser Fall standardmäßig in Label-Verträgen geregelt ist und Künstler:innen bis jetzt meist auf eine Dauer von zwei Jahren nach Vertragsende oder fünf bis sieben Jahre nach Erscheinen ein Re-Recording verboten hat. Nun scheinen sich große Labels wie Universal oder Warner jedoch vor dem „Taylor-Effekt“ zu fürchten, wie mehrere namhafte Musikanwält:innen gegenüber „Billboard“ erzählen. In neuen Verträgen sollen die Labels teilweise Sperren von zehn, 15 oder sogar 30 Jahren fordern.

Der Anwalt, der zum Beispiel für Cigarettes After Sex arbeitet, wird in dem Bericht zitiert: „Die Majors versuchen, ihre Re-Recording-Einschränkungen auszuweiten. Aber mit solch extremen Veränderungen kommen sie wohl erstmal nicht durch.“ Manche der zitierten Anwält:innen verstehen die Sorgen der Labels sogar, denn immerhin haben sie Geld und Ressourcen in den Aufbau der Artist-Brand gesteckt, die durch Re-Recordings zu einem anderen Label abwandert. Und sie halten auch fest, dass die meisten Artists ohnehin nie in so eine Situation kommen, in der sie ihre Musik neu aufnehmen wollen.

Taylor Swift hat jetzt jedenfalls nach „Fearless“, „Red“, „Speak Now“ und „1989“ noch die beiden Alben „Taylor Swift“ und „Reputation“ vor sich – und auch die werden durch die Decke gehen. Swift wurde übrigens kürzlich zur Milliardärin – und laut „Bloomberg“ macht ihr Musikkatalog mit etwa 400 Millionen Dollar den Großteil dieses Vermögens aus. Taylor Swift hat ihre Re-Recordings zu ihrem ganz persönlichen, feministisch aufgeladenen Empowerment-Rachefeldzug stilisiert – und es klappt. Look what you made her do.

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