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Wie funktioniert das mit dem Quereinstieg in Schule & Kindergarten?

Weiterhin herrscht Fachkräftemangel in Österreichs Schulen und Kindergärten. Abhilfe schaffen sollen sogenannte Quereinsteiger:innen - also Menschen, die eigentlich gar nicht für einen pädagogischen Beruf qualifiziert sind.

Von Livia Praun

Eine Mittelschule im 10. Bezirk in Wien. Lorenzo Ramani öffnet die Türe und schickt seine Schüler, die vor der Schule in der Kälte stehen, ins Gebäude. Beim Vorbeigehen halten sie ihm die Faust entgegen. Er lächelt und schlägt ein.
„Eigentlich komme ich aus der Soziologie“, erklärt Lorenzo Ramani. Mittlerweile ist er aber schon fast zwei Jahre an dieser Schule als vollwertige Lehrkraft tätig und unterrichtet verschiedene Fächer, etwa Englisch und Biologie. „Es stimmt schon, dass man zu einem gewissen Grad ins kalte Wasser geschmissen wird“, sagt er, „aber ich finde es wundervoll.“

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Teach For Austria

Teach For Austria ist eine Bildungsinitiative, die 2011 in Österreich gegründet wurde. Seitdem wurden über 573 Quereinsteiger:innen an Bildungseinrichtungen geschickt.

Er hat über Teach For Austria den Quereinstieg gemacht. Über diese Organisation bekommen ausgewählte Hochschulabsolvent:innen die Möglichkeit, nach einer 12-wöchigen Sommerakademie an einer Schule zu unterrichten. Sie werden in Wien, Oberösterreich und Niederösterreich vor allem an Schulen mit unterprivilegierten Schüler:innen eingesetzt. Heute gelten Quereinsteiger:innen wie die sogenannten Fellows von Teach For Austria als ein Mittel, um den Lehrermangel zu bekämpfen, ursprünglich ging es in diesem Programm aber darum, Bildungsgerechtigkeit zu fördern. Seit Kurzem kann man über Teach For Austria auch quer in den Kindergarten einsteigen.

Chancen für alle

So auch Veronika Cook. Sie arbeitet ein paar U-Bahn-Stationen von Lorenzos Mittelschule entfernt in einem inklusiven Kindergarten. Sie hat ihren Abschluss in Soziale Arbeit gemacht und arbeitet jetzt vor allem mit Vorschulkindern zusammen, damit sie den Übergang in die Schule gut schaffen. „Ich finde es extrem wichtig, dass alle Kinder die Möglichkeit bekommen, einen erfolgreichen Bildungsweg zu gehen“, erklärt Veronika. „Und ich finde, im Kindergarten wird genau dafür der Grundstein gelegt.“

Bild von Veronika Cook

Veronika Cook Privat

Veronika Cook

Für Lorenzo ist neben dem Anliegen der Bildungsgerechtigkeit auch seine persönliche Lebenserfahrung ausschlaggebend für den Quereinstieg gewesen. Seine Eltern kommen aus Kroatien, er ist im Tiroler Unterland aufgewachsen. „Dementsprechend wusste ich relativ früh, dass irgendwas im Bildungssystem ein bisschen komisch war, aber ich konnte es nicht benennen.“ Was er damit meint: In Österreich hängt der schulische Erfolg eines Kindes im internationalen Vergleich überdurchschnittlich stark von der sozialen Herkunft ab. „Ich glaube, dass ich vielleicht für einige Kids ein Licht im Dunkeln sein kann“, meint Lorenzo. „Um einfach aufzuzeigen: Hey, ich war da, wo ihr gerade seid. Ich weiß, was es heißt, irgendwie anders zu sein.“

bild von lehrer lorenzo ramani

Livia Praun

Lorenzo Ramani

Pädagog:innen ohne Ausbildung?

Mit dem Anstieg an Quereinsteiger:innen in pädagogischen Berufen ist auch recht schnell die Frage aufgetaucht: Wie kann das gut gehen?

Im Kindergarten, in dem Veronika tätig ist, findet die Kindergartenpädagogin Nicole nur positive Worte über die Quereinsteigerin: „Es ist einfach eine zusätzliche Fachkraft, die mit den Kindern den Alltag lebt, die sich für die Kinder spezielle Angebote überlegt und die einfach Zeit hat, auch Einzelförderung zu machen.“

Vor allem im Schulkontext wurden die Erleichterungen für den Quereinstieg kritisiert und eine Abwertung des Lehrerberufs befürchtet. Die Lehrerin Karin arbeitet eng mit Lorenzo zusammen. Sie ist seit 21 Jahren Lehrerin an der Mittelschule und erachtet seine Ausbildung nicht als ein Hindernis, sondern als eine Bereicherung. Vor allem wegen seinen Erfahrungen in der Arbeitswelt, und „weil er eine ganz andere Sicht auf die Kinder hat“.

Herausforderungen mit dem Quereinstieg

Karin kritisiert aber, dass an ihrer Schule viele der Lehrkräfte von Teach For Austria nur für zwei Jahre bleiben - und dann aufhören. Wirklich langfristig etwas zu verändern, das sei so nicht möglich, meint sie. Zwei Jahre - das ist die Zeit, die bei Teach For Austria für den Einsatz vorgesehen ist.

Lorenzo und Veronika haben den Einstieg geschafft und haben bislang nur Positives zu berichten. Beide betonen das gute Verhältnis zwischen den Quereinsteiger:innen und den pädagogischen Fachkräften. „Ich liebe mein Team, ich liebe die Schule, und auch meine Kids“, schwärmt etwa Lorenzo. Nach den zwei Jahren bei Teach For Austria entscheidet sich übrigens jede:r dritte Quereinsteiger:in dazu, im Lehrberuf zu bleiben. Und so auch Lorenzo Ramani.

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