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verkleidete Menschen bei Faschingsumzug machen ein Selfie

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Die Faschingszeit steht an!

Die Faschingszeit steht an. Von Rio de Janeiro bis nach Österreich will sich die ganze katholische Welt verkleiden und feiern.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Ich fand es immer lustig, dass man sich vor dem Osterfasten mit dem Fasching vom Fleisch verabschiedet. Man muss nur 40 Tage fasten nicht ein ganzes Leben lang nur Karotten und Kraut essen.

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An vielen Orten weltweit ist der Karneval eine Ausstellung nackter Haut. Und nackte Haut, wie wir wissen, kann alles verkaufen. Ich habe mal in Griechenland am Eingang einer Fleischerei ein Poster mit einer nackten Frau mit einem Fleischermesser in der Hand gesehen, die Steaks schneidet. Karneval! Das Wort Karneval kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Lebewohl, Fleisch!“ Vielleicht sehen in der Faschingszeit die Menschen so viel nackte Haut, dass sie danach während der Fastenzeit keine Lust auf ihre Partner mehr haben.

Letztes Jahr war ich zur Faschingszeit in Spanien. Eine ganze Stadt hatte sich verkleidet und war betrunken. Eine Familie, gekleidet wie Bienen, reichte sich eine Flasche Vodka in der Runde herum. Die Oma, die normalerweise im Alltag strenger als ein Kardinal ist, flatterte mit ihren Bienenflügeln und summte etwas auf Spanisch. Ich kann die Sprache nicht, aber dank lautem Gelächter von allen um sie herum, verstand ich, dass sie ein dreckiges Lied singt.

Brasilen und in Spanien sind für diese Lockerheit bekannt. Aber in meinem Wiener Bezirk, wo, wenn jemand nach 22 Uhr versehentlich zu laut hustet, sich immer jemanden findet, der danach „Ruhe!“ schreit? Selbst hier herrscht Heiterkeit. Ein Nachbar von mir trug neulich eine sorgfältig verpackte Kiste. Er rutschte plötzlich aus und ein Krokodilkopf sprang aus seinem Packet heraus. Ich lächelte ihn an. Jetzt weiß ich, wenn ich ein Krokodil auf der Straße treffe, wer unter dem Krokodilkopf steckt. Die Anonymität ist etwas Großartiges! Man kann wenigstens für einen Tag das sein, was man im tiefen Inneren versteckt hat. In jedem grantigen Nachbar, der laut nach Ruhe schreit, lebt ein versteckter Boheme, der laut schreien will, dass er das Leben liebt.

Liebt das Leben, liebe Hörerinnen und Hörer, verkleidet euch und spielt laut nachts Trompete! Am nächsten Tag könnt ihr wieder ruhig sein.

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