FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Amen Dunes

Michael Schmelling

song zum sonntag

Der Song zum Sonntag: Amen Dunes - „Purple Land“

Und am Ende haben wir alle nichts gelernt: Amen Dunes schreibt Lebenslektionen und verwirft sie dann wieder, sehr gut.

Von Lisa Schneider

Irgendwie geht’s immer um Liebe, beim Einkaufen, beim Rasenmähen, in der Musik. Mal platt und mal plakativ, mal ganz seltsam und mal zwar nie neu, aber ums Eck gedacht. Amen Dunes ist so ein Mensch, der Liebeslieder schreibt, die auf den ersten Blick gar keine sind. Am Ende sind sie’s natürlich schon.

Seit dem 2018 veröffentlichten, fabelhaften Album „Freedom“ gab’s länger nichts von Amen Dunes zu hören, der mittlerweile von Los Angeles nach New York übersiedelt ist. Sein neues Label liegt aber weiterhin an der Ursprungs-Heimatküste, in Seattle (auch kein ganz kleiner Name: Sub Pop). „Purple Land“ ist die erste Single, die das neue Album „Death Jokes“ ankündigt. Immer ein bisschen makaber und nie ganz fassbar, und dann diese Texte. I-Tüpfel-Reiter:innen aufgepasst, es wird ein Riesenspaß.

Setting: Einem Kind wird die Welt erklärt. „Purple Land“ öffnet mit sanften, sachten Zeilen, ja, sogar mit Plattitüden. Die gehen sich aus. Stellt euch vor, ihr habt noch nie einen Sonnenuntergang gesehen, mit euch wurde noch nie Schluss gemacht oder anderweitig das Herz gebrochen. Demnach also erstgehörte Sätze wie „Das ist ein neuer Anfang“, „Es liegt nicht an dir“ oder „Die Zeit heilt alle Wunden“ - mindblowing. Amen Dunes ist ein eleganter Schreiber, und deshalb lesen sich sogar die erwähnten, reduzierten, anfänglichen Versuche, einem Kind die Welt zu erklären, wie Gedankenanstoßzaubereien: „If you ain’t careful you’re gonna forget it / Everything’s fine in your mind“.

Und dann wechselt die Perspektive, gesungen wird nicht mehr zum Kind, sondern zum Erwachsenen. Der trudelt und strudelt und überlegt, ob jetzt Haus am Land oder überhaupt auswandern? „Somewhere in the middle is where the lessons are learned“ singt Amen Dunes, genau das ist es, dieses lila Lied. Irgendwo zwischen rot und blau, lauwarm, also eh da, wo’s am angenehmsten ist. Mit dieser neuen Single hat Amen Dunes eine Meta-Zusammenfassung seiner Musik überhaupt geschrieben, weil die kann folgendes: Lyrikschwer sein und gleichzeitig auch wieder gar nicht.

  • Alle Songs zum Sonntag auf FM4
  • Auch die geschätzten Wissenschafts- und Popjournalist:innen Thomas Kramar und Heide Rampetzreiter machen sich in der Presse am Sonntag zum jeweils selben Song ihre Gedanken.

Man möchte meinen, spült’s einem dieses Lied in die Playlist, man müsse sich konzentrieren auf die Story, um die’s da geht. Und natürlich ist Amen Dunes in schön seltsamer Americana-Tradition immer ein großer Geschichtenerzähler gewesen. Dabei kann man das Lied auch ohne Worte hören, und das hat viel mit dem Begriff „comforting“ zu tun, der im Deutschen gar keine richtig gute Entsprechung hat. So, wie sich Menschen immer wieder Serien wie „Friends“ oder „Gilmore Girls“ ansehen, so, wie sie sich immer Pistazien und nie andere Nussmischungen kaufen, so, wie sie sich vor dem Schlafengehen Zirbenraumspray übers Bett sprühen. Das hat viel mit tiefer Beruhigung, mit einem Zuhause-, also mit einem Kuscheldeckengefühl zu tun.

Und dann ist da Rhea Anne, die letzte, diesmal sogar betitelte Figur im Song „Purple Land“, ein guter Freigeist und die kleine Erlösung am Ende. Amen Dunes ist ja nämlich nicht blöd. Natürlich kann er weder einem (seinem) Kind noch irgendeinem anderen Erwachsenen die Welt erklären. „Life goes by / But I don’t mind“ ist deshalb die überhaupt beste Zeile in diesem Lied, da steckt nämlich kein Aufgeben drin, sondern ein Annehmen. Altern, ja, eh. Nie wirklich etwas wissen, ja, eh. Trotzdem ziemlich viele Sachen auf diesem seltsamen Planeten ziemlich super finden. Ja, eh. Da sind wir wieder am Anfang, bei der Immer-und-überall-Liebe.

Aktuell: