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Die tiefsten Täler der 80er und 90er Jahre

Julia Jost ist Theaterregisseurin und Autorin. In ihrem ersten Roman tun sich Abgründe einer Kindheit in Kärnten auf. Es ist eine kunstvoll arrangierte, gnadenlose Erzählung, in der die Geschichte widerhallt.

Von Maria Motter

Die Kindheit in Kärnten verbracht zu haben, ist eine solide Basis, um sich in die österreichische Literaturgeschichte einzuschreiben. Julia Jost ist gerade dabei: Sie ist Theaterregisseurin und ihr erster Roman hat den langen Titel „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“. Erschienen ist das Buch im Suhrkamp Verlag; für einen ersten Auszug daraus gewann Julia Jost beim Bachmannwettbewerb 2019 den Kelag-Preis.

Autorin Julia Jost

Rafaela Pröll

Autorin und Theaterregisseurin Julia Jost

Eine Kärntner Familiengeschichte

Es gibt einen zentralen Gasthof in dieser Geschichte und es tummeln sich sehr viele Figuren mit zahlreichen Beschreibungen in Julia Josts Debütroman. Doch so richtig gesellig wird es nicht. Julia Jost verarbeitet die 80er und 90er Jahre in Kärnten anhand einer Familiengeschichte, die sie aus der Sicht eines Mädchens in einem wild zwischen Naivität und Abgeklärtheit schwankenden Ton erzählt.

Buch Julia Jost „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“

Suhrkamp Verlag

„Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ (231 Seiten) ist im Suhrkamp Verlag erschienen.

Eine jagende Mutter, Ewiggestrige und der Pfarrer sind da wahre Instanzen. Eine Kinderschar taumelt rund um einen Brunnen direkt in einen Tatort hinein; ein diffuses Gefühl von Scham, Schuld und Verdrängung bleibt von diesem Schock zurück. Für das Kindheitstrauma hat aber niemand Zeit. Der Schießstand ist ein Rückzugsort - auch für die Kinder. Ablenkung bringt nur ein bosnisches Mädchen, das mit seinen Eltern vor dem Krieg in ihrer Heimat fliehen konnte, aber die temporäre Bleibe in Kärnten auch verlassen wird müssen.

Kunstvolles Arrangement

Der Tod eines Buben ist der erste Schock in diesem Buch, das ein Gesellschaftspanorama zeichnet. Jeder Satz ist bewusst gesetzt. Julia Jost geht es um Literatur, sie achtet auf den Rhythmus und zum besseren Verständis einer erweiterten deutschsprachigen Leser:innenschaft sind Dialektwörter kursiv gesetzt. Alles ist kunstvoll arrangiert, aber man kann sich leicht verlieren in all den aus Worten gebauten Bildern. Und wer mit Kärnten nicht sehr vertraut ist, verpasst wohl viele Anspielungen. „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ ist geprägt von bitterbösem Witz, man muss sich dafür allerdings gehörig Zeit nehmen.

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